IHK-KonjunkturumfrageDie Stimmung in der Wirtschaft bleibt im Kreis Euskirchen schlecht

Lesezeit 7 Minuten
Schweißer der Verkehrs Industrie Systeme GmbH (VIS) arbeiten an einem Eisenbahnwaggon der Schweizer Bundesbahn (SBB).

Die Lage in der Industrie im Kreis ist besonders schlecht, so die IHK Aachen.

Die aktuelle IHK-Konjunkturumfrage liegt vor. Laut dieser zeigen sich die Chefs im Kreis Euskirchen besonders skeptisch.

Es ist kein gutes Bild, das die aktuelle Konjunkturumfrage der Industrie- und Handelskammer Aachen (IHK) von der Wirtschaft im Kreis Euskirchen zeichnet. Bei den Betrieben im Kreis Euskirchen haben sich demnach die Geschäfte überwiegend verschlechtert.

Im Vergleich mit den anderen Regionen des Kammerbezirks sehen die teilnehmenden Betriebsführungen im Kreis Euskirchen sowohl die aktuelle Lage als auch die künftige Entwicklung besonders skeptisch. In den anderen Regionen wird die Lage als „weiterhin überwiegend positiv“ (Stadt Aachen), „zuletzt gut“ (übrige Städteregion Aachen), „leicht verbessert“ (Kreis Düren) und positiv bleibend (Kreis Heinsberg) gesehen.

Im Kreis Euskirchen keine positive Sicht 

Diese leicht positive Sicht ist im Kreis Euskirchen nicht zu erkennen. Allerdings könnten nicht alle Wirtschaftsbereiche belastbar dargestellt werden, teilt die IHK auf Nachfrage mit. So wird in einer Tabelle angeben, dass 100 Prozent der Befragten aus dem Einzelhandel im Kreis Euskirchen die Lage als schlecht beurteilen und niemand mit einer Steigerung der Mitarbeiterzahl rechnet.

Das klingt schlimm, verliert aber völlig an Bedeutung, weil nur ein Einzelhändler aus dem Kreis den Fragebogen zurückgesandt hat. Auch aus dem Baugewerbe seien lediglich drei Antworten eingegangen. Für diese beiden Bereiche gilt also das, was die IHK wie folgt beschreibt: „Aufgrund der geringen Rückläufe ist eine detaillierte Auswertung der einzelnen Branchen innerhalb einzelner Teilregionen jedoch nicht möglich.“

36 Prozent melden schlechte Geschäftslage

In den anderen Bereichen seien jedoch ausreichend Rückmeldungen eingegangen, um ein Bild der Lage zeichnen zu können (siehe auch „Die Umfrage“) – und das sieht für den Kreis Euskirchen nicht gut aus: 18 Prozent der Befragten im Kreis Euskirchen melden eine gute Geschäftslage, 36 Prozent jedoch eine schlechte. Stellt man diese Zahlen gegenüber, ergibt sich ein Saldo von -18. Im gesamten Kammerbezirk liegt der Saldo aber bei +16.

Ihre Ertragslage in den vergangenen sechs Monaten beschreiben sechs Prozent als gut, 48 als schlecht, was einen Saldo von -42 ergibt. Kammerweit liegt er mit -12 weitaus besser. 22 Prozent der Betriebe erwarten eine Verbesserung der Geschäfte, 34 Prozent eine Verschlechterung. Dieser Saldo von -12 im Kreis steht dem von -3 im Kammerbezirk gegenüber.

Pessimistische Einschätzungen

16 Prozent im Kreis neigen zu Investitionen, 24 jedoch nicht: Saldo Kreis: -8, Saldo kammerweit: +6. Zehn Prozent der Betriebe im Kreis will die Zahl ihrer Mitarbeiter erhöhen, 31 Prozent zeigen sich zumindest zurückhaltend. Diesem Saldo von -21 steht der Kammerwert von +12 gegenüber. „Von mehrheitlich positiven Geschäften berichtet kein Wirtschaftssektor“, so die IHK über die Resultate im Kreis Euskirchen.

Diese pessimistischen Einschätzungen und trüben Erwartungen korrespondieren mit den Umfrageergebnissen, die die Handwerkskammer Aachen Ende April veröffentlicht hat. Auch da blickten die Betriebe im Kreis vergleichsweise skeptisch in die kommenden Monate.

Folgen der Flutkatastrophe seien weiterhin spürbar

„Ein Grund dafür“, so hieß es seitens der Handwerkskammer, „dürften die noch immer spürbaren Folgen der Flutkatastrophe von 2021 sein, die auf der einen Seite zwar für viele zusätzliche Aufträge sorgte, aber auch viele Handwerksbetriebe bis heute in ihrer Existenz bedroht.“

Zudem neigen die Firmenleitungen im Kreis Euskirchen, was die Erwartungen angeht, traditionell dazu, den Ball flach zu halten – womöglich auch eine Art Erwartungsmanagement. Diese Zurückhaltung kennt Nils Jagnow nur zu gut. „Ich mache das jetzt seit 16 Jahren“, sagt der IHK-Referatsleiter: „Da hatten wir nur zwei oder drei Mal den Fall, dass Euskirchen auf dem Niveau der anderen Gebietskörperschaften lag.“

Hintergründe bleiben ein Rätsel

Warum das so ist, bleibe weiterhin ein Rätsel. Vielleicht eine Mentalitätsfrage, so Jagnow. Oftmals sei die Lage dann aber besser gewesen, als zunächst erwartet. Landrat Markus Ramers wollte sich am Mittwoch noch nicht zu der Umfrage äußern. „Sie liegt uns noch nicht vor“, so Ramers: Bei seinen Betriebsbesuchen nehme er aber auch eine gewisse Skepsis wahr, „weil man nicht weiß, wie sich etwa Materialengpässe und Energiekosten entwickeln“.

Um aber die Unterschiede zu den anderen Regionen im Kammerbezirk ergründen zu können, müsse man tiefer in den Bericht hineinschauen. Rund 350 Unternehmen mit insgesamt etwa 30.000 Beschäftigten hatten sich kammerweit an der Umfrage beteiligt.

Negative Rückmeldungen leicht gestiegen

„Die Stimmungslage der Wirtschaft ist vergleichbar mit dem Verlauf unseres Wetters. Wir haben den Winter überstanden, von einem Frühlingserwachen ist aber noch nichts zu spüren“, beschreibt Michael F. Bayer, Hauptgeschäftsführer der IHK Aachen, das aktuelle Konjunkturklima in der Region.

Doch während für den Kreis Euskirchen wenig Erbauliches aus der Frühjahrsumfrage hervorgeht, befindet sich die Geschäftslage der Unternehmen im gesamten Kammerbezirk „auf einem überwiegend guten Niveau“. Jedoch seien die negativen Rückmeldungen der Befragten im Vergleich zum Jahresbeginn leicht gestiegen, so der IHK-Bericht.

Keine deutlichen Veränderungen erwartet

Ein Drittel sei mit ihrer aktuellen Situation zufrieden, knapp jeder Fünfte meldet schlechte Geschäfte: „Das liegt insbesondere an der nahezu unverändert hohen Inflation, die vor allem die Industrie und den Handel belastet.“ Gleichzeitig rechneten die Unternehmerinnen und Unternehmer mit keinen gravierenden Veränderungen in den kommenden Monaten – weder positiv noch negativ.

Zwar habe sich die Sorge vor steigenden Energie- und Rohstoffpreisen jetzt etwas verringert, allerdings sähen immer noch zwei Drittel aller Befragten diese Faktoren als größtes Risiko für die wirtschaftliche Entwicklung. Fast ebenso viele Befragte machten sich Sorgen wegen des anhaltenden Arbeitskräftemangels.

Trotz zurückhaltender Erwartungen und verschlechterten Ertragslage bleibe die Investitionsneigung der Unternehmen unverändert. 24 Prozent wollen ihre Ausgaben erhöhen, 18 Prozent senken. Ähnliches gilt für den Mitarbeiterbedarf, der laut IHK weiterhin auf einem hohen Niveau bleibt. 28 Prozent der Befragten gehen von einem Anstieg der Mitarbeiterzahlen aus, 16 Prozent rechnen mit einem Rückgang. 


Lediglich die Dienstleister sind zuversichtlich

Bei den Betrieben im Kreis Euskirchen haben sich die Geschäfte überwiegend verschlechtert. 18 Prozent der Befragten melden eine gute Lage, 36 Prozent eine schlechte. „Von mehrheitlich positiven Geschäften berichtet kein Wirtschaftssektor“, so die IHK. In der Industrie (Saldo: -30) sei die Lage besonders schlecht.

Die Aussichten bleiben trüb: 22 Prozent der Betriebe erwarten laut IHK eine Verbesserung der Geschäfte, 34 Prozent eine Verschlechterung. Zuversichtlich sind nur die Dienstleister. Hier der Blick in die Bereiche im Vergleich zum gesamten Kammerbezirk. Im Einzelhandel und Baugewerbe waren die Antworten so gering, dass kein repräsentatives Bild möglich ist.

Industrie

Aktuelle Lage: Nur 16 Prozent der Betriebe im Kreis sehen die aktuelle Lage positiv, 46 Prozent negativ. Das ergibt einen Saldo von -30. Kammerweit liegt der Wert bei +14.

Ertragslage der vergangenen sechs Monate: 6 Prozent sind zufrieden, 45 Prozent nicht. Diesem Saldo von -39 steht kammerweit ein Wert von -4 gegenüber.

Geschäftserwartungen: 41 Prozent der teilnehmenden Betriebe gehen pessimistisch in die kommenden Monate, nur 8 Prozent optimistisch – damit liegt das Saldo im Kreis bei: - 33, kammerweit aber weitaus besser bei -2.

Investitionsplanungen: 8 Prozent der Betriebe senden hier positive Signale, 29 negative. Dieser Saldo von - 21 liegt weit unterhalb des Kammerwerts von +10.

Beschäftigte: 5 Prozent gehen von einem Anstieg der Mitarbeiterzahl aus, 28 Prozent von einem Rückgang. Saldo Kreis: -23; Saldo Kammer: +13.

Dienstleistungen

Aktuelle Lage: 19 Prozent sehen die aktuelle Lage positiv, 26 negativ; Saldo -7, kammerweit liegt er bei +27.

Ertragslage der vergangenen sechs Monate: 12 Prozent positiv, 42 negativ; Saldo Kreis: -30, kammerweit liegt er bei -3.

Geschäftserwartungen: 37 Prozent positiv, 12 negativ; Saldo Kreis: +25, kammerweit: +11.

Investitionsplanungen: 19 Prozent wollen ihre Ausgaben erhöhen, 35 Prozent senken. Damit liegt das Saldo im Kreis bei -16, im Kammerbezirk bei +2.

Beschäftigte: Sieben Prozent planen die Beschäftigtenzahl im Betrieb zu erhöhen, 35 diese zu senken. Das ergibt einen Kreissaldo von -28, kammerweit liegt er bei +21. (sch)


Die Umfrage

36,1 Prozent der befragten Betriebe im Kreis haben laut IHK an der Konjunkturumfrage teilgenommen. Damit liegt die Quote knapp über der des gesamten Kammerbezirks (35 Prozent). Rund 16 Prozent der IHK-Mitglieder befinden sich laut der Kammer im Kreis Euskirchen, ihr Anteil an der Bruttowertschöpfung liege bei 13 Prozent.

Daraus ergebe sich, dass rund 140 Unternehmen aus dem Kreis befragt wurden, 43 hätten dieses Mal geantwortet. Die Umfrage entspreche den statistischen Ansprüchen an Repräsentativität. Die Kriterien hätten die Kammern in einem bundesweit abgestimmten Verfahren festgelegt und überprüfen lassen. (sch)

KStA abonnieren