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KonjunkturumfrageDas Handwerk im Kreis Euskirchen wartet mit überraschenden Zahlen auf

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Das Bild zeigt die Hand eines Bäckers, die einen Teigrohling formt.

Schwer was gebacken: Die Nahrungsmittelbetriebe vermelden eine gute Geschäftslage.

Ist das die Wende? Dem Handwerk im Kreis Euskirchen ging es lange Zeit nicht gut. Doch nun spürt es Aufwind.

Ist das nun die langersehnte Wende? Nach eher betrüblichen Konjunkturnachrichten aus dem Handwerk im Kreis Euskirchen in den vergangenen Jahren wartet die Handwerkskammer Aachen (HWK) nun mit weitaus positiveren Zahlen auf – für den gesamten Kammerbezirk, aber besonders für dessen südlichsten Bereich: „Der Kreis Euskirchen verzeichnet die besten Werte im gesamten Kammerbezirk“, stellt der Hauptgeschäftsführer der Kammer, Georg Stoffels, überraschend fest.

Noch im Frühjahr stand der Kreis Euskirchen am Tabellenende hinter den anderen Kammer-Gebietskörperschaften, was die Bewertung der Geschäftslage in den sechs vorausgegangenen Monaten anging. Nur 73 Prozent bewerteten damals die Geschäftsergebnisse als gut oder befriedigend. Gut sechs Monate später sind es 83 Prozent der Betriebe im Kreis Euskirchen, die Kreise Düren und Heinsberg (beide 80 Prozent) sowie die Städteregion Aachen (76 Prozent) müssen sich dahinter einsortieren.

Region: Kreis Euskirchen lässt alle hinter sich

Während die Industrie- und Handelskammer in der vergangenen Woche von eher trüben Aussichten bei ihren Betrieben – vor allem im Kreis Euskirchen – berichtete, sieht sich das Handwerk im Aufwind.

„65 Prozent melden eine stabile oder steigende Auftragslage“, setzt Stoffels die Beschreibung der neuesten Umfrageergebnisse in den Handwerksbetrieben im Kreis Euskirchen fort. Bei der HWK-Frühjahrsumfrage waren es noch 58 Prozent. Lediglich der Kreis Heinsberg schaffte nun im Herbst den gleichen Wert wie Euskirchen. Düren (62 Prozent) und Städteregion Aachen (61 Prozent) landen auf den hinteren Plätzen.

Der Kreis Euskirchen verzeichnet die besten Werte im gesamten Kammerbezirk.
Georg Stoffels, Handwerkskammer Aachen

Wie aber erklärt sich die Kammer den Durchmarsch des Kreises vom Schlusslicht an die Spitze? „Die Belebung im Wohnungsbau trägt maßgeblich zur positiven Stimmung bei“, so Stoffels. Diese Entwicklung soll sich laut Prognose auch im Winter fortsetzen.

Seit jeher spielt das Baugewerbe im Kreis Euskirchen – wie auch im Kreis Heinsberg – eine gewichtige Rolle und wirkt sich stark auf die wirtschaftliche Gesamtlage aus – im Guten wie im Schlechten. Wobei ein differenzierter Blick lohnt: „Wie bereits im Frühjahr prognostiziert, scheint die Talsohle im Wohnungs- und Büroneubau durchschritten zu sein, da die Zahl der erteilten Baugenehmigungen langsam wieder steigt und sich damit die Kräne auf den Baustellen wieder schneller drehen“, heißt es in der Mitteilung der Handwerkskammer.

Das Ausbaugewerbe braucht noch etwas Geduld

Vor allem bei Maurern, Betonbauern sowie Zimmerer füllten sich laut der aktuellen Konjunkturumfrage in den vergangenen Monaten die Auftragsbücher wieder stärker. So berichteten knapp 70 Prozent der befragten Zimmererbetriebe im Kammerbezirk von steigenden Umsätzen. „Entsprechend erhöhte speziell dieses Gewerk auch überproportional stark seine Investitionen in Zukunftsgüter.“

Als weiterhin sehr erfreulich lasse sich die Situation bei den Dachdeckern zusammenfassen, die inzwischen auch zu den beliebtesten Ausbildungsberufen junger Menschen gehören. Über alle Gewerkgruppen hinweg rangiere die Geschäftslage dieser Betriebe unter den Top 3.

„Dies“, so die Kammer in ihrem Bericht, „liegt am anhaltenden Boom der energetischen Sanierung von Dächern und der bereits beschriebenen Wiederbelebung des Wohnungsneubaus.“ Gleichzeitig registrierten die Dachdeckerbetriebe aber auch einen Auftragsrückgang beim Einbau von Dach-PV-Anlagen.

Die Kfz-Werkstätten haben gut zu tun

Unterdessen ist die Aufhellung im Wohnungsbau bei den Ausbaubetrieben noch nicht so deutlich angekommen – naturgemäß, wie die HWK feststellt: Wohnungen, die in den letzten Jahren nicht gebaut wurden, brauchen auch keine Elektrotechniker, Fliesen-, Platten- und Mosaikleger, Glaser, Installateure und Heizungsbauer, Maler und Lackierer, Raumausstatter, Stuckateure oder Tischler.

Dass der Verkauf von Neuwagen derzeit arg gebremst ist, sorgt laut Kammer im Gegenzug zu einer Aufhellung des Kfz-Gewerbes im Vergleich zum Frühjahr. Weil weniger Neuwagen angeschafft werden, müssen die alten Autos länger durchhalten. „Mit dem steigenden Alter der Fahrzeugflotten erhöht sich auch der Investitionsbedarf, was sich in besseren Gesamtumsätzen der Werkstätten niederschlägt“, heißt es in der Mitteilung.

Erneut gut war auch das Sommerhalbjahr für die Nahrungsmittelgewerke. Kein einziges Unternehmen bewertete seine Geschäftslage als „schlecht“ – ein Novum in der Umfrage. „Für das traditionell umsatzstarke Weihnachtsgeschäft rechnen die Bäcker, Konditoren und Fleischer mit einer anhaltend starken Nachfrage und aufgrund weiterhin steigender Verkaufspreise auch mit einem Umsatzplus“, stellt die Kammer fest.

Handwerkskammer appelliert an Bundesregierung

Aufgrund der zuletzt positiven wirtschaftlichen Entwicklung wollten die Unternehmen überdurchschnittlich stark ihre Zukunftsinvestitionen in Backöfen, Kühlanlagen oder Fahrzeuge erhöhen.

„Die Bundesregierung ist nun gefordert, ihren zahlreichen Ankündigungen Taten folgen zu lassen – damit aus der Aufbruchsstimmung tatsächlich positive Konjunkturimpulse entstehen“, betonte Stoffels.

In den 17.500 Handwerksunternehmen im Kammerbezirk Aachen arbeiten laut HWK rund 84.000 Menschen. Sie erwirtschaften einen Jahresumsatz von etwa 10,5 Milliarden Euro. 541 Betriebe haben an der aktuellen Konjunkturumfrage teilgenommen.


Kreis Euskirchen: Warum IHK und HWK zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen

Vergangene Woche meldete die Industrie- und Handelskammer Aachen (IHK) schlechte Ergebnisse bei ihrer Konjunkturumfrage, nun wartet die Handwerkskammer Aachen (HWK) mit recht guten Zahlen auf. Wie passt das zusammen?

„Wir sehen auch in unseren Statistiken, dass die Handwerksunternehmen, die industrienah arbeiten, Probleme haben“, erklärt der Pressesprecher der Handwerkskammer Aachen, Erik Staschöfsky. Diese Betriebe bildeten in der Handwerkskammer jedoch eine relativ kleine Gruppe, im Gegensatz zur IHK.

Bei der Handwerkskammer machten hingegen die Firmen aus dem wiederbelebtem Baugewerbe etwa 50 Prozent aus. Während ein Industriebetrieb, der etwa in die USA exportiert „nicht weiß, mit welchen Zolltarifen er bei Herrn Trump rechnen muss“, seien die regionalen Handwerksbetriebe vor Ort weitaus unabhängiger von solchen weltwirtschaftlichen Turbulenzen.

Die Unterschiede zwischen den Ergebnissen der beiden Konjunkturumfrage lägen im Wesentlichen an einer deutlich unterschiedlichen Branchenstruktur, die die Kammern vertreten, bestätigt IHK-Sprecherin Heike Horres: „Bei der IHK überwiegen bei der Befragung primär die Industriebetriebe und die Dienstleistungen.“

Auch der Handel habe einen nennenswerten Anteil, während das Baugewerbe nur einen kleinen Teil unserer Mitgliedsunternehmen ausmache, erklärt Heike Horres die unterschiedlichen Resultate.