ProtesteKreis Euskirchener Landwirte in Berlin – Ermittlungen nach Mahnfeuer in Arloff

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„Wenn Bauer in Not Hunger droht“ steht während einer Demonstration in Berlin auf einem Plakat, davor ist ein Spielzeugtraktor zu sehen.

An der Kundgebung in Berlin beteiligten sich auch einige Landwirte aus dem Kreis Euskirchen.

Nach den Protesten der vergangenen Woche startet die neue für die Landwirte und Bürger auch mit einigen Aktionen. 

Die Zahlen sind beeindruckend. Zur Kundgebung der Landwirte in Berlin kamen nach ersten Polizeiangaben 8500 Menschen mit rund 6000 Fahrzeugen. Der Bauernverband nannte keine genaue Teilnehmerzahl, ging aber von rund 30.000 Demonstranten aus. Darunter waren auch Landwirte aus dem Kreis Euskirchen. Auch der CDU-Bundestagsabgeordnete Detlef Seif war unterwegs.

Unterwegs waren die Bauern auch wieder im Kreis Euskirchen. So brannte in Wollenberg erneut ein Mahnfeuer. Und auch der Staatsschutz ermittelt weiter. Neben den Landwirten aus Weilerswist, die ein Mahnfeuer in der vergangenen Woche nicht angemeldet hatten, droht nun auch Arloffer Bauern ein Nachspiel wegen eines nicht angemeldeten Protests.

Das sagt der Chef der Euskirchener  Kreisbauernschaft über die Berlin-Demo

Etwa 25 Landwirte aus dem Kreis Euskirchen und dem Rhein-Erft-Kreis waren bei der großen Demo in Berlin mittendrin statt nur dabei. „Wir standen etwa 30 Meter von der Bühne entfernt. Es ging nicht mehr vor und nicht mehr zurück. Für Menschen mit Platzangst war das nichts“, sagte Helmut Dahmen, Vorsitzender der Kreisbauernschaft, im Gespräch mit dieser Zeitung. Aber nicht nur die Zahl an Kundgebungsteilnehmern beeindruckte den Landwirt aus Lorbach: „Berlin stand still. Es ist unvorstellbar, wie viele Fahrzeuge hier waren.“

Bereits am Sonntag machte sich die Delegation mit Bussen auf den Weg. Die Fahrt in die Hauptstadt habe problemlos funktioniert. Die Demonstration sei sehr friedlich abgelaufen. Bevor es zum Brandenburger Tor ging, trafen sich die Bauern-Vertreter aus dem Kreis Euskirchen und dem Rhein-Erft-Kreis mit dem CDU-Bundestagsabgeordneten Detlef Seif aus Weilerswist. Das sei ein guter Austausch gewesen, berichtet Dahmen: „Wir haben vereinbart, dass wir eine solche Runde im Frühjahr wiederholen. Dann aber im Kreis Euskirchen.“

Berlin stand still. Es ist unvorstellbar, wie viele Fahrzeuge hier waren.
Helmut Dahmen über die Demo in der Hauptstadt

Den von Bundesfinanzminister Christian Lindner angekündigten Bürokratieabbau, der den Landwirten die Arbeit erleichtern soll, werde man gerne annehmen. „Das wird uns aber in keinster Weise zufriedenstellen“, so Dahmen: „Wir werden die Gespräche und Verhandlungen diese Woche genau anschauen und dann gegebenenfalls wieder auf die Straße gehen.“

Leider habe die Ampelkoalition noch wenig Einsehen, wie wichtig es für die Landwirte sei, dass die Kürzungen zurückgenommen werden. „Gesprächsbereit sind wir, aber wir werden keine faulen Kompromisse eingehen“, so der Chef der Kreisbauernschaft: „Uns geht es um ein Umdenken. Und wir wollen wahr- und mitgenommen werden. Auch darum geht es uns.“

So war das Treffen mit den Landwirten aus Sicht von Detlef Seif

Im Vorfeld der Abschlusskundgebung der Landwirte in Berlin hatte der Bundestagsabgeordnete Detlef Seif Landwirte aus dem Kreis Euskirchen und dem Rhein-Erft-Kreis in den Bundestag zum Austausch eingeladen. Auch der Vorsitzende des Bundestagsausschusses für Ernährung und Landwirtschaft, Hermann Färber (CDU), und der Bundestagsabgeordnete Dieter Stier (CDU) waren dabei.

Er hat die Landwirte mit seiner Rede nicht abgeholt, sondern eher noch provoziert.
Detlef Seif über Finanzminister Christian Lindner

Wie viele seiner Kollegen aus der CDU/CSU-Bundestagsfraktion nahm der Weilerswister Christdemokrat an der Kundgebung teil. „Ich bin beeindruckt, was die Landwirte hier auf die Beine gestellt haben. Über Bundesfinanzminister Christian Lindner kann ich mich nur wundern. Er hat die Landwirte mit seiner Rede nicht abgeholt, sondern eher noch provoziert“, sagte Seif im Gespräch mit dieser Zeitung.

In Berlin hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Detlef Seif zahlreiche Vertreter aus der Landwirtschaft in den Bundestag eingeladen. Sie sitzen an einem Tisch zusammen.

In Berlin hatte der CDU-Bundestagsabgeordnete Detlef Seif zahlreiche Vertreter aus der Landwirtschaft in den Bundestag eingeladen.

Seif geht nach eigenem Bekunden davon aus, dass „die rücksichtslose Art und das kommunikative Totalversagen von Olaf Scholz, Robert Habeck und Christian Lindner die große Protestwelle in Gang gesetzt haben“. Und weiter: „Für mich ist klar: Die Ampel muss die angekündigten Maßnahmen komplett zurücknehmen.“

Dialog von Landwirten, Handwerkern und Bürgern in Wollenberg

Rund hundert Fahrzeuge hatten sich am späten Sonntagnachmittag auf den Weg gemacht, um beim Mahnfeuer bei Wollenberg auf die Belange der Landwirtschaft aufmerksam zu machen. Dabei mischten sich immer wieder Handwerker unter die Bauern und unterstützen sie mit ihrem Protest. Auch Privatfahrzeuge, die ihre Zugehörigkeit mit rot-weißem Flatterband an den Griffen der Wagentüren kenntlich gemacht hatten, waren mit dabei.

Auf einer Fläche oberhalb des Abzweigs nach Felser hatten die Landwirte das Feuer entzündet. Organisiert worden war es von Jochen Peters und Christoph Jentges aus Wollenberg sowie Rolf Berners aus Wahld. „Wir haben viel Solidarität erfahren“, sagte Jentges. Auf drei Demonstrationszügen sei er mitgefahren, und immer wieder habe er von den Autos, denen er dabei begegnet sei, Zuspruch erhalten. „Ich hätte es nicht für möglich gehalten“, sagte er.

In Wollenberg brennt ein Mahnfeuer der Landwirte.

In Wollenberg wurden die Proteste der Landwirte am Sonntag fortgesetzt. Auch dort brannte ein Mahnfeuer.

Um nun in Kontakt mit den Menschen zu kommen und einen Abschluss der Aktionswoche zu gestalten, hätten sie das Mahnfeuer organisiert. Stand Montagmittag waren mit Ausnahme des Mahnfeuers in Flamersheim für diese Woche noch keine weiteren Aktionen im Kreis Euskirchen angemeldet worden. Da die Anmeldungen auch recht kurzfristig möglich sind, kann sich die Lage noch ändern.

In Arloff war ein Mahnfeuer nicht angemeldet worden

In zwei Fällen waren Protestveranstaltungen der Landwirte nicht angemeldet, so dass Polizei und Staatsanwaltschaft nun ermitteln. Wie bereits berichtet, waren am Donnerstag gegen 7.15 Uhr fünf Traktoren und drei Lkw von Euskirchen nach Weilerswist und zurück gefahren.

Dabei hat es sich laut Polizei um eine Versammlung gehandelt – und die sei nicht angemeldet gewesen. Daher sei Anzeige erstattet worden. Im zweiten Fall geht es um ein Mahnfeuer, das am Freitagabend auf einem Feld bei Arloff nahe des Kreisels entzündet wurde. Auch diese Versammlung war nicht angemeldet und ist damit ein Fall für den Staatsschutz.

Nach Angaben des Bonner Polizeisprechers Frank Piontek werden diese Fälle von der Kriminalhauptstelle in Bonn, zu der der polizeiliche Staatsschutz gehört, behandelt, da es sich um mögliche Verstöße gegen das Versammlungsrecht und eventuell um politisch motivierte Straftaten handeln könne. Laut Piontek ist die Teilnahme an einer nicht angemeldeten Versammlung aber straffrei.

Die Polizei habe die beiden Fälle zur rechtlichen Prüfung, ob überhaupt eine Straftat vorliege, an die Staatsanwaltschaft Bonn weitergegeben. Deren Sprecher Martin Kriebisch konnte am gestrigen Montag noch keine Bewertung zu den Fällen abgeben. Dafür sei es zu früh, und das sei dann reine Spekulation, so Kriebisch.

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