Kühe vor dem Fenster brachten den Mechernicher Franz Troschke vor rund 40 Jahren in die Kommunalpolitik.
AbschiedNach 26 Jahren verlässt Franz Troschke den Euskirchener Kreistag

Nach vier Jahrzehnten in der Kommunalpolitik zieht sich Franz Troschke zurück.
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Als er in den 1980er-Jahren nach Mechernich kam, konnte Franz Troschke noch nicht ahnen, dass ihm Jahrzehnte in der Lokalpolitik bevorstehen würden. Was er hingegen sehr deutlich sah und auch hörte, waren die Kühe mitten in der Kernstadt – da, wo heute Schulen, Geschäfte, Wohnhäuser und Praxen stehen. „Da vorne haben die geweidet“, erzählt er, während er mit der linken Hand aus dem Fenster seiner Anwaltskanzlei zeigt.
Nichts gegen Kühe, schon gar nichts gegen die Landwirtschaft, aber dafür hat das Mechernicher Stadtgebiet wahrlich geeignetere Flächen im Angebot.
Das UWV-Urgestein Heinz Schmitz holte Franz Troschke in die Politik
Troschke schloss sich damals dem Förderkreis Kernstadtsanierung an, fiel dabei Heinz Schmitz auf – und das UWV-Urgestein holte den jungen Mann auf die kommunalpolitische Bühne, die Troschke, inzwischen 74-jährig, nun nach rund 40 Jahren wieder verlässt. Bei der jüngsten Kommunalwahl trat er nicht mehr an.
„Davor war ich in keiner Partei“, erzählt er. Genau genommen ist er es bis heute nicht. Denn die Unabhängige Wählervereinigung, die seit rund 60 Jahren in Stadt- und Gemeinderäten, schon in den Altkreisen Schleiden und Euskirchen, mitmischt, will bewusst keine Partei im herkömmlichen Sinne sein – der Unabhängigkeit wegen, wie Troschke erläutert: „Wir haben keine Landes- oder Bundesspitze, die uns, wie bei den Parteien, in die kommunalpolitischen Angelegenheiten hineinreden könnte.“ Von ideologischen Vorgaben ganz zu schweigen. „Unser Ziel ist es, den gesunden Menschenverstand in der Politik zu stärken“, sagt Troschke.
Ich saß sogar im Beigeordnetenbüro und hatte eine eigene Sekretärin.
Bevor der gebürtige Aachener in den Kreistag zog, hatte er die politischen Abläufe im Stadtrat von Mechernich von der Pike auf erlernt. Erfahrungen in der Stadtverwaltung hatte er schon vorher gesammelt. „Als ich Anfang der 80er-Jahre das erste Staatsexamen absolviert hatte, erzählte mir meine Schwester, die durch Heirat nach Mechernich gekommen war, dass eine Referendarstelle im Rathaus frei sei.“
Dem damaligen Stadtdirektor Helmut Rosen war Troschke sehr willkommen. „Die Stelle des Beigeordneten war vakant, der Verwaltung fehlte ein Jurist“, erinnert sich Troschke. So war der Referendar für sechs Monate faktisch der zweite Mann im Rathaus: „Ich saß sogar im Beigeordnetenbüro und hatte eine eigene Sekretärin.“
Im Mechernicher Rathaus übernahm er die Aufgaben eines Beigeordneten
Einen Steinwurf entfernt wiederum wurde ein ansässiger Rechtsanwalt auf den „Neuen“ im Rathaus aufmerksam. Es war die Kanzlei, die Troschke später übernommen hat und in der er heute noch praktiziert.
Als er 1999 in den Kreistag einzog, wurde er sogleich Chef der Fraktion. Fünf Jahre zuvor war die UWV an der damals noch auf kommunaler Ebene gültigen Fünf-Prozent-Hürde gescheitert. Das hätten nicht nur die UWV-Mitglieder bedauert, erinnert sich Troschke.
Auch der damalige Oberkreisdirektor und spätere Landesinnenminister Dr. Ingo Wolf (FDP) hätte die UWV gerne im Kreistag gesehen. Politisch sei man nicht so weit auseinander gewesen, persönlich auch nicht. „Wir haben zusammen in Köln studiert“, erzählt Troschke. Zur praktischen Ausbildung in Aachen hätten Wolf und er eine Fahrgemeinschaft gebildet. Dass Troschkes UWV und die FDP viele Jahre später mal mit der CDU eine Koalition im Kreistag bilden sollten, war damals nicht absehbar. Doch 2020 war es so weit.
Ramers oder Winckler? 2020 war die UWV im Kreis Euskirchen gespalten
„Obwohl wir nur eine Stimme Mehrheit hatten, haben wir keine Abstimmung verloren“, blickt Troschke auf die vergangenen fünf Jahre zurück. Das sei nicht selbstverständlich, denn nicht nur die UWV als solche pflege ihre Unabhängigkeit, auch die Mitglieder hätten ihren eigenen Kopf.
Das zeigte sich eindrucksvoll vor fünf Jahren, als Fraktion und UWV-Vorstand ihre Unterstützung des CDU-Landratskandidaten Johannes Winckler bekanntgaben, einige Ortsverbände im Süden des Kreises aber für den SPD-Bewerber Markus Ramers in die Bresche sprangen. Dies hätte woanders womöglich zur Spaltung geführt, nicht so in der UWV. „Das ist dann halt so“, reagierte Troschke damals.
So gelassen hätte er als Fraktionschef auch zur Kenntnis genommen, wenn ein oder mehrere Fraktionsmitglieder eine Abstimmung der Listengemeinschaft in der vergangenen Legislatur torpediert hätten, versichert der scheidende Fraktionschef. Zum Schwur ist es freilich nicht gekommen.
Vertrauensvolle Zusammenarbeit in der Koalition mit CDU und FDP
Dies lag seiner Meinung nach an der vertrauensvollen Zusammenarbeit mit CDU und FDP, aber vor allem an inhaltlichen Überschneidungen, etwa bei der Haushaltsführung: „Wir haben ein Förderregister durchgesetzt“, spricht Troschke über ein altes UWV-Anliegen.
Dass der Kreis aus seiner Sicht in der Vergangenheit den Verlockungen des Geldes von Bund und Land zu oft erlegen war, ohne ausreichend zu bedenken, dass die Förderungen irgendwann auslaufen und die (Personal-)Kosten dann vollständig dem Kreishaushalt und damit letztlich den Kommunen über die Kreisumlage aufgehalst wurden, sei ihm und seinen Mitstreitern immer ein Dorn im Auge gewesen.
Und dass viele dadurch entstandenen Posten vermeintlich modern mit der Bezeichnung „Manager“ versehen worden seien, setze dem Ganzen noch die Krone auf. Es sei ja sinnvoll, dass sich jemand um die touristischen Vorzüge des Kreises kümmere, so der Mechernicher: „Aber hilft es ihm, wenn man ihn Wanderweg-Manager nennt?“
Das Erstarken der AfD hat es der UWV bei den Wahlen schwerer gemacht
Die immer öfter auftretende Dürre in der Zülpicher Börde, unter der besonders die Landwirtschaft leide, könnte künftig womöglich durch Wasser aus der Hochwald-Produktion gemildert werden, sagt Troschke. In Auftrag gegebene Studien machten jedenfalls Hoffnung. Auch dafür habe sich die UWV starkgemacht.
Und nicht zuletzt habe die Listengemeinschaft dem Katastrophenschutz auf die Sprünge geholfen, so der Mechernicher. Die Flut 2021 habe den Bedarf auf schmerzhafte Weise deutlich gemacht, die gestiegene Kriegsgefahr erfordere weitere Vorkehrungen.
So blickt der 74-Jährige zufrieden auf seine politische Laufbahn und dankt als Erstes seiner Frau. „Ohne sie wäre das nicht möglich gewesen“, sagt Franz Troschke. Als Fraktionsgeschäftsführerin habe sie ihm jahrelang den Rücken frei gehalten und ertragen, dass das Amt des Fraktionschefs im Kreistag mehr als ein Hobby sei: „Oft habe ich die Vorlagen mit nach Hause genommen.“
Aber auch dieser Einsatz konnte nicht verhindern, dass die UWV bei der jüngsten Wahl hat Federn lassen müssen. Künftig stellt sie nur noch zwei statt wie bisher drei Kreistagsmitglieder. Das Erstarken der AfD, so Troschke, sei eine Ursache dafür. Denn bei allen grundlegenden inhaltlichen Unterschieden konkurrierten UWV und AfD um die Stimmen jener Wähler, die mit den etablierten Parteien unzufrieden seien. „Ja, das hat uns geschadet“, stellt Troschke fest.
In einer solchen Situation könnte sein Erfahrungsschatz den Nachfolgern vielleicht dienlich sein. „Wenn ich um Rat gebeten werde, stehe ich zur Verfügung“, sagt der 74-Jährige. Aber aufdrängen, so fügt er nach 40 Jahren Politik hinzu, werde er sich sicher nicht.
Abschied aus der Politik – Die Serie
Sie haben teils Jahrzehnte die Geschicke des Kreises Euskirchen und die ihrer jeweiligen Stadt und Gemeinde mitbestimmt. Eine Reihe von langgedienten Volksvertretern und Bürgermeistern zieht sich nun aus der Lokalpolitik zurück.
In Gesprächen mit der Redaktion ziehen sie Bilanz und plaudern auch ein bisschen aus dem „Maschinenraum“ der Politik.

