KlimakonzeptDas Abfallzentrum in Mechernich-Strempt soll grün werden

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Ein Mann und eine Frau hocken vor einer Wand, vor der mehrere Pflanzen angepflanzt wurden.

Hoffen, dass die Fassadenbegrünung schnell wächst: Achim Blindert und Saskia Gall-Röhrig.

Zahlreiche Projekte plant der Kreis Euskirchen im Klimawandelanpassungskonzept. Doch die Bürokratie macht Probleme.

Komplett zuwachsen bis unters Dach sollen die Gebäude des Abfallwirtschaftszentrums (AWZ). So will es der Kreis. Dort ist Saskia Gall-Röhrig als Klimaanpassungsmanagerin für die Umsetzung des Klimawandelanpassungskonzeptes zuständig, das 2021 beschlossen wurde.

Das neue Pflanzprojekt am AWZ ist eine der in dem Konzept vorgeschlagenen Maßnahmen und fällt unter das Stichwort Fassadenbegrünung. Sie soll unter anderem die Temperatur am, aber auch im Gebäude senken, die Staubbelastung minimieren und Biodiversität fördern. „Die ganzen Effekte können wir da einmal austesten“, sagt Achim Blindert, Allgemeiner Vertreter des Landrats.

Die Hallen am AWZ in Mechernich-Strempt werden begrünt

Gestartet wird mit der Werkstatthalle, doch auch Bauschutt- und Müllumschlaghalle sollen begrünt werden. Weitere Liegenschaften des Kreises sollen folgen. Das Ganze steht unter dem Motto „Den Kreis Euskirchen ergrünen lassen“, berichtet Gall-Röhrig. „Wir haben am AWZ begonnen, weil es da am einfachsten umsetzbar ist“, ergänzt Blindert. Außerdem habe das AWZ den Vorteil, dass viele Menschen dort vorbeikommen. So könnten viele Bürger auf das Thema aufmerksam gemacht werden.

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Auf einem Bildschirm ist zu sehen, wie die begrünte Fassade einmal aussehen soll.

So soll das AWZ bald aussehen: zugewachsen mit unterschiedlichen Kletterpflanzen.

Die Pflanzen sollen an einer Art Gerüst hochwachsen. Man habe extra verschiedene Pflanzen mit unterschiedlichen Blühzeiten ausgewählt, damit das Projekt auch für Insekten und Vögel einen Mehrwert biete, erklärt Gall-Röhrig. Die ersten Pflanzen sind nun gesetzt. „Wir hoffen, dass wir im nächsten Jahr schon einen guten Bewuchs haben“, so die 36-jährige Biologin.

Klimaanpassungskonzept im Kreis Euskirchen hat vier Schwerpunkte

Die Fassadenbegrünung sei ein Projekt zum Schwerpunkt Umwelt, berichtet sie. Insgesamt gebe es im Rahmen des Klimaanpassungskonzeptes vier Schwerpunkte: Mensch, Umwelt, Infrastruktur und Struktur. Beim Schwerpunkt Mensch gehe es vor allem darum, Informationen zu verbreiten, sagt Gall-Röhrig. Dazu zähle auch die Starkregenbroschüre, die der Kreis herausgebracht habe.

Zudem werde in diesem Jahr ein Förderprogramm an den Start gehen, über das Privatpersonen finanzielle Unterstützung für Teilentsiegelungen, Versickerungsmulden oder auch Dachbegrünung auf dem eigenen Grundstück erhalten können.

In diesem Jahr werden auch Klimaspaziergänge geplant

„Wir planen auch Klimaspaziergänge für dieses Jahr“, ergänzt Gall-Röhrig. Dabei werde den Teilnehmern gezeigt, wie ein klimafreundliches, naturnahes Grundstück aussehen könne. Mithilfe einer Thermokamera wolle man verdeutlichen, wie stark sich versiegelte Flächen im Gegensatz zu nicht versiegelten aufheizen.

An der Werkstatthalle sind bereits erste Pflanzen gesetzt.

Rundherum zuwachsen soll die Werkstatthalle. Aber auch die Fassaden weiterer Gebäude des AWZ sollen begrünt werden.

Im Schwerpunkt Infrastruktur sei das Wassermanagement ein großes Thema mit hoher Priorität, berichtet die Klimaanpassungsmanagerin. Denn: Den Landwirten in der Börde gehe das Wasser aus. Deshalb habe der Kreis schon 2020 mit dem Projekt „Water Reuse“ begonnen, führt Blindert aus. Konkret geht es dabei um folgendes: Bei der Molkerei Hochwald in Obergartzem fallen täglich etwa 2500 Kubikmeter Abwasser an, das beispielsweise für die Kühlung gebraucht wird. Dieses Abwasser soll den umliegenden Landwirten für die Bewässerung ihrer Felder zur Verfügung gestellt werden. Soweit die Idee, die bei allen Beteiligten gut ankam.

In Deutschland geht nichts ohne Bürokratie

Aber in Deutschland geht nichts ohne Bürokratie. Zunächst braucht es eine Machbarkeitsstudie. Doch die lässt auf sich warten. Bereits 2021 sei man mit diesem Projekt an die zuständigen Behörden herangetreten, berichtet Blindert. Jetzt, zwei Jahre später, warte man auf einen Förderbescheid für die Studie. Ohne den könne man nicht loslegen.

Die Erstellung der Machbarkeitsstudie wird ein Jahr dauern. Sollte sie ergeben, dass das Wasser von Hochwald für die Landwirtschaft genutzt werden kann, müsse   die Infrastruktur dafür gebaut werden, berichtet Gall-Röhrig. Bis dieses Projekt also umgesetzt ist, wird es wohl noch einige Zeit dauern. Glücklich sei sie darüber nicht, sagt die Biologin. Sie wünsche sich weniger Bürokratie und schnellere Verfahren.

Schnell umgesetzt habe man hingegen wichtige Bausteine aus dem Themenblock Struktur. So habe der Kreis aus dem ehemaligen interkommunalen Klimaschutzteam ein Klimateam gemacht, dass sich nun um alle Belange rund um den Klimawandel im Kreis kümmere, berichtet Gall-Röhrig. Das Team treffe sich etwa alle zwei Monate und bespreche Ideen, Projekte und Fragen. Zusätzlich gebe es eine interne Arbeitsgruppe zum Klimawandelanpassungskonzept im Kreis, eine regionale Arbeitsgruppe mit den direkten Nachbarn des Kreises und eine im Bereich des Rheinischen Reviers. Zudem begrüße der Kreis es sehr, dass schon mehrere Kommunen einen eigenen Klimaschutzmanager eingestellt oder entsprechende Stellen ausgeschrieben haben.


3,9 Millionen Euro Fördermittel

Das Klimawandelanpassungskonzept umfasst unter anderem unterschiedlich priorisierte Handlungsempfehlungen, mit denen der Kreis klimafreundlicher werden und besser auf die Folgen des Klimawandels vorbereitet sein soll. Insgesamt komme man gut voran, sagt Saskia Gall-Röhrig. Für den gesamten Bereich habe der Kreis bereits 3,9 Millionen Fördermittel akquiriert.

Tatsächlich habe ihr Team die einzelnen Projekte auch noch einmal neu bewertet. „Nach der Flutkatastrophe haben sich die Prioritäten des Konzeptes geändert“, sagt Gall-Röhrig. So waren eine Starkregenkarte und -broschüre nach dem Konzept nur mit mittlere Dringlichkeit versehen. Nach dem Juli 2021 änderte sich das. „Das ist ein Konzept, das lebt. Da muss man sehen, wo der Schuh drückt“, erklärt Gall-Röhrig.(jre)

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