Tuner möchten auch Szenefremden zeigen, dass ihr Hobby etwas anderes ist als illegale Straßenrennen. Das nächste Treffen ist schon terminiert.
Austausch und AufklärungTuner betreiben in Satzvey Imagepflege im schönen Burg-Ambiente

Mittelalterliches Burg-Ambiente und Hightech-Tuning bildeten eine Symbiose auf der Burg Satzvey.
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Rittersleut in glänzender Rüstung oder mittelalterlich Gewandete gehören seit Jahrzehnten zum gewohnten Bild bei den Veranstaltungen der Burg Satzvey. Auch an diesem Wochenende konnten Besucher das schillernde Äußere Hunderter Protagonisten auf dem Gelände bestaunen – nur bestand das nicht aus Kettenhemd und Helm, sondern aus Motor, Felgen und Lackierung.
Zum zweiten Mal verwandelte das Team der „Finest Selection“ mit ihrem „Castle Meet“ das Ambiente der Burg mit rund 200 Fahrzeugen in ein Paradies für Tuningfans. Während Kampfgeschrei und Schwerterklirren die Geräuschkulisse etwa bei der Ritterspiele-Show bestimmen, war es nun das satte Dröhnen der Motoren.
An der Burg Satzvey hatten sich insgesamt rund 40.000 PS versammelt
„Ich bin schon als Kind immer gerne über die Mittelaltermärkte gelaufen“, berichtete Veranstaltungsinitiator Marco Müller: „Vor einigen Jahren habe ich dann auch angefangen, mich mehr und mehr für Autos zu interessieren. Jetzt kann ich hier beide Hobbys miteinander verbinden.“ Seinen Ursprung hat das Tuning-Treffen jedoch eher in einer aus der Not heraus geborenen Kooperation. „Man könnte sagen, das Ordnungsamt ist schuld“, berichtete Marc Schwarz vom Organisationsteam der Burg Satzvey lachend: „Ich erhielt damals einen Anruf, bei dem das Ordnungsamt mich fragte, ob diese Veranstaltung nicht etwas für uns wäre, da sie selbst organisatorische Probleme bei der Ausführung in Mechernich befürchteten.“
Die Veranstaltung war und ist etwas für die Burg. Wie sich bereits bei der Premiere im vergangenen Jahr herausstellte, bilden die auf den ersten Blick so gegensätzlich erscheinenden Konzepte zwischen Mittelalter und Hightech eine gut funktionierende Symbiose. Ob im Schatten der Burggemäuer oder auf den Grünflächen waren die Boliden aufgereiht. Insgesamt waren so rund 40.000 PS versammelt.

Bei seinem Volvo Amazon legt Jannis Kona größeren Wert auf die Optik als auf viele Pferdestärken.
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Ein Tuning der ungewöhnlichen Art hat dieser Kadett Caravan hinter sich: Das Heck ist nun ein Anhänger samt Carrerabahn.
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„Leider hat die Tuning-Szene häufig keinen sehr guten Ruf und wird nur mit illegalen Straßenrennen in Verbindung gebracht“, erklärte Marco Müller. Daher wolle man das Hobby auch an Orten präsentieren, die von Besuchern abseits der Szene frequentiert werden, und zeigen, dass es auch anders geht: „Dass unsere Treffen friedlich und gesittet ablaufen und wir uns einfach über unser Hobby austauschen möchten, ohne deswegen nachts durch die Städte zu rasen.“
Tuningfans wie Jannis Kona zeigten passend dazu, dass die Leistung der Fahrzeuge längst nicht die einzige Faszination darstellt. „Als ich den Wagen gekauft habe, hatte er nur 68 PS. Das habe ich mittlerweile auf satte 74 PS aufgemotzt“, berichtete der Euskirchener lachend. Zwar beweist der Innenraum des rund 30 Millimeter tiefergelegten Volvo Amazon mit Sportsitzen eines Porsche 924 und Felgen eines Ford Mustang, dass bereits viele Schrauberstunden investiert wurden. Große Teile der Technik des Oldtimers sind jedoch erhalten. „Alte Autos haben mich schon immer fasziniert“, so Kona: „Bisher habe ich noch nie länger als zwei TÜV-Durchläufe an einem Wagen gehangen, aber mit dem Volvo bin ich heute noch gern unterwegs.“
Auch ein Trabbi kann ein Tuning-Auto sein
Der Austausch mit Gleichgesinnten ist es auch, was Max Heidmann mit seinem Trabant Jahr für Jahr zu zahlreichen Tuning-Treffen führt. „Mir geht es nicht darum, mit dem Wagen Rennen zu gewinnen. Ich genieße solche Tage, indem ich mir die anderen Autos anschaue – obwohl ich dabei nur selten Inspirationen sammeln kann, die auch bei meinem Trabbi funktionieren würden.“ Mit seinen 26 PS stach der jedenfalls unter den kraftstrotzenden Fahrzeugen deutlich hervor: „So etwas sieht man in der Szene einfach nicht oft und man fällt sofort auf.“ Rund 5000 Euro und unzählige Arbeitsstunden hat Heidmann in sein Auto gesteckt – und jeder Ausflug zeige, dass jeder Cent gut angelegt sei.
Nicht nur die Optik, sondern auch die inneren Werte der Autos sorgten bei den Besuchern für Gesprächsstoff. Zahlreiche Aussteller erlaubten auch den Blick unter die Motorhaube. „Einige Fahrzeuge sind auch auf Rennstrecken unterwegs. Da wirft man natürlich gerne mal einen genaueren Blick drauf“, erklärte Marco Müller.
Das nächste Treffen findet auf dem Krewelshof statt
Einblicke, wie Rennboliden sich auf der Strecke verhalten, konnten die Tuningfans auch virtuell erhalten – im Rennsimulator. Marcel Kappelt vermietet die und hat schon einige Aha-Effekte beobachtet: „In unserem Simulator kann sich heute jeder realitätsnah auf die Rennstrecke wagen. Viele überschätzen ihre Fähigkeiten und hier sehen sie dann, wie schnell das zu schweren Unfällen führen kann.“ Der Rennsimulator versetzte die Fahrer nicht nur mit Hilfe dreier großer Bildschirme direkt auf die bekannten Strecken, sondern ahmte auch die Bewegungen des Fahrzeuges durch haptische Hydrauliktechnologie nach.
„Wir wollen den Besuchern den Motorsport näherbringen, zeigen dabei aber auch die Risiken, die es mit sich bringt, wenn man sich einfach so auf eine Raserei einlässt.“ Wie Veranstalter Marco Müller betonte, sei dies ein weiterer Aspekt, mit dem man das Tuning-Hobby szenefremden Gästen präsentieren und den Klischees entgegenwirken wolle: „Man hört hier sicher auch mal einen Motor aufheulen, aber die gesamte Stimmung ist einfach nur entspannt.“
Autofreunde können sich davon erneut einen Eindruck verschaffen: Am 24. August legt der Tuning-Treff den nächsten Stopp am Krewelshof Eifel in Obergartzem ein. „Wir alle lieben Autos, ohne sie für illegale Rennen zu nutzen. Das ist uns ganz wichtig und gerne darf sich jeder davon vor Ort überzeugen“, so Müller.