Nach Datenpanne in JVA EuskirchenErlenhof bei Razzia nach USB-Sticks durchsucht

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Besuch von der Bonner Staatsanwaltschaft erhielten die Häftlinge des Euskirchener Erlenhofs. Im Fokus der Razzia stand der Datenträger, den ein JVA-Bediensteter verloren hat.

Besuch von der Bonner Staatsanwaltschaft erhielten die Häftlinge des Euskirchener Erlenhofs. Im Fokus der Razzia stand der Datenträger, den ein JVA-Bediensteter verloren hat.

Euskirchen – Am 19. Juni hat ein Bediensteter der Justizvollzugsanstalt (JVA) Euskirchen einen USB-Stick mit vertraulichen Daten über Kollegen, den er mit nach Hause nehmen wollte, verloren. Gefunden hat ihn ausgerechnet ein Häftling. Von dem Datenträger mit hochsensiblem Inhalt fehlt allerdings auch sieben Wochen danach noch jede Spur. Daher hat die Staatsanwaltschaft Bonn nun nach Angaben von Sprecher Dr. Sebastian Buß „umfangreiche Durchsuchungen in der JVA durchgeführt“.

Die Bonner Ermittler haben den Fall vor einem Monat von den Kölner Kollegen der Zentral- und Ansprechstelle „Cybercrime NRW“ übernommen und sind nun nach Euskirchen in den Erlenhof ausgerückt. „Wir haben zahlreiche Datenträger von Häftlingen, die teilweise beschädigt sind, sichergestellt“, berichtete Buß dieser Zeitung am Montag: „Das Ziel der Aktion besteht darin, den bislang noch nicht wieder aufgetauchten Original-USB-Stick zu finden.“ Ob er darunter ist, stehe noch nicht fest. Die Datenträger müssten noch ausgewertet werden. Die Auswertung der konfiszierten Datenträger sei sehr aufwendig, so Buß weiter. Seine Behörde ermittele wegen des Ausspähens von Daten gegen einen JVA-Bediensteten und mehrere Inhaftierte. Entscheidend sei für die Staatsanwaltschaft die Frage, ob der Datenträger mit Informationen über JVA-Mitarbeiter unter den Häftlingen die Runde gemacht habe und/oder kopiert worden sei.

Beurteilungen von der Leiterin

Der Inhalt des brisanten USB-Sticks stammt von JVA-Leiterin Renate Gaddum höchstselbst. Darauf befinden sich nach ihren Angaben „Beurteilungen, die ich über rund 80 Mitarbeiter verfasst habe“. Von acht Kollegen befänden sich Wohnadressen und Telefonnummern auf dem Datenträger, die im Umfeld einer Justizvollzugsanstalt als „empfindlich“ eingestuft würden.

Dieser Umstand löste prompt Kritik des NRW-Vorsitzenden des Bundes der Strafvollzugsbediensteten, Peter Brock, aus: „Dass sich Mitarbeiter-Daten auf einem USB-Stick befinden, geht gar nicht.“ Den Mitarbeiter, der den Datenträger verloren habe, kenne er persönlich. Der Mann, der kurz vor der Pension stehe, tue ihm leid. Er sei eigentlich sehr korrekt. Ein solcher Fall dürfe sich nicht wiederholen, forderte ein Sprecher von Helga Block, der der NRW-Landesbeauftragen für Datenschutz. Personendaten auf einen Stick zu ziehen, sei höchst fragwürdig: „Je sensibler die Daten, desto höher muss der Schutz sein.“

Der Sprecher sagte, man habe beim Justizministerium angefragt, wie der Umgang in den NRW-Gefängnissen mit sensiblen Daten geregelt sei und ob es entsprechende Dienstvorschriften gebe. Ein Sprecher des Düsseldorfer Justizministeriums erklärte auf Anfrage, dass es eine landeseinheitliche Regelung in dieser Frage gebe. Demnach dürften derartige dienstliche Informationen ausschließlich von Staatsanwälten und Richtern in verschlüsselter Form zur weiteren Bearbeitung mit nach Hause genommen werden.

Inzwischen hat auch die Euskirchener JVA-Chefin alle Gefängnismitarbeiter darauf hingewiesen, dass es verboten sei, sensible Informationen auf einen Stick zu ziehen. Als zweiten Schritt kündigte Gaddum eine neue Hausverfügung mit dem Ziel eines verbesserten Datenschutzes an. Gaddum bestätigte dieser Zeitung Anfang Juli, dass ein Mitarbeiter den USB-Stick am 19. Juni auf dem Parkplatz der JVA verloren habe: „Der Mitarbeiter hat über Jahre sehr zuverlässig und korrekt gearbeitet.“ Nachdem ihm der Verlust aufgefallen sei und er den Stick nicht gefunden habe, habe er dies umgehend gemeldet und Selbstanzeige erstattet, so die Regierungsdirektorin. Die JVA-Leiterin räumte auch ein, dass ein Häftling den Datenträger gefunden habe: „Doch er sagt, dass er ihn danach verloren habe.“

Das laufende dienstrechtliche Verfahren gegen den JVA-Mitarbeiter sei ausgesetzt, bis das Ermittlungsergebnis der Staatsanwaltschaft vorliege. Nach Angaben von Gaddum ist der Kollege „derzeit nicht im Dienst“. Das habe aber nichts mit den aktuellen Ermittlungen zu tun. Mehr wollte die Gefängnisleiterin dazu aus datenschutzrechtlichen Gründen nicht sagen. Laut Gaddum gibt es zurzeit keine Hinweise darauf, dass die auf dem USB-Stick gespeicherten Daten missbraucht worden sind. Aus dem betroffenen Mitarbeiterkreis habe niemand von negativen Folgen seit der Datenpanne berichtet. (mit dpa)

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