Getränke, Konserven, Kleidung„Eifel für Eifel“-Gruppe regelt unbürokratisch Hilfen

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Eine Palette Wasserkisten geht nach Flamersheim, die andere nach Dernau, mittendrin Jörg Weitz – wie (fast) immer mit dem Handy am Ohr.

Nettersheim-Engelgau – In der Alten Schule in Engelgau geht es drunter und drüber – zumindest auf den ersten Blick. Doch das vermeintliche Chaos ist wohlorganisiert. Im Innenraum stapeln sich die Hilfslieferungen, auf dem Hof warten Lebensmittel und Mineralwasser darauf, ihre Empfänger zu erreichen. Helfer packen einen Anhänger mit Konserven und Getränken, der nach Dernau gefahren wird. Die Hilfsorganisation „Eifel für Eifel“ liefert ihre Hilfsgüter in die ganze Eifel, dorthin, wo Hilfe benötigt wird.

Jörg Weitz ist der Initiator der Gruppe, die eigentlich für gegenseitige Hilfen in der Corona-Zeit gegründet wurde. Wie gut, dass dieses Netzwerk nun für die aktuelle Notlage genutzt werden kann. Das Handy scheint an Weitz’ Ohr festgewachsen zu sein. Viele Menschen brauchen Hilfe, und noch mehr wollen helfen. „Eifel für Eifel“ bringt die beiden Gruppen zusammen, sammelt Hilfsgüter, fährt sie zu den Bedürftigen.

Komplette Logistik läuft über Weitz

In der Regel läuft die komplette Logistik über Weitz. Auch jetzt klingelt wieder das Telefon. Ein 40-Tonner mit 26000 Dosen Energydrink startet in Österreich und will seine Ladung in das Sammelzentrum nach Bad Neuenahr bringen. Geht das direkt oder soll er erst nach Engelgau? Weitz regelt mit frisch erworbener Routine die Angelegenheit. „Es ist das kontrollierte Chaos“, sagt er.

Die Spenden kommen von überall her, berichtet Weitz. So haben plötzlich zwei Sattelzüge vor der Tür gestanden, die eine Initiative von Gewerbetreibenden aus Rodgau losgeschickt hat. Wenig später kamen 40 Tonnen Hilfsgüter von der Feuerwehr aus Wirges. „Da steht auf einmal ein Sattelzug vom Niederrhein vor der Tür. Du denkst, das geht nie weg, und am Abend ist alles verteilt“, so Weitz. Die Hilfsbereitschaft und der Einsatz der Helfer seien sagenhaft.

Kontakt

Die Gruppe „Eifel für Eifel“ ist auf Facebook aktiv und dort erreichbar. Hier können auch Hilfsangebote veröffentlicht werden. Die Gruppe hat unter der Nummer 01575/0747260 eine Hotline eingerichtet, wo sich Menschen melden können, die Hilfsgüter benötigen. „Bitte auf diese Nummer nur Hilfesuche und keine Hilfsangebote, die können dort nicht verarbeitet werden“, so Jörg Weitz. (sev)

„Eifel für Eifel“, im ersten Corona-Lockdown gegründet, hat sich über Facebook zu einem bundesweiten Netzwerk mit 27000 Mitgliedern entwickelt. Die Helfer bringen die Dinge dorthin, wo sie gebraucht werden. „Wir haben die Power, überall hinzukommen“, sagt Weitz und berichtet von dem kleinen Eifeldorf, das seit Tagen keinen Helfer gesehen habe, in dem die Menschen nichts mehr gehabt hätten.

„Als wir durch den Wald dorthin fuhren, haben wir eine völlig verzweifelte Frau getroffen, die aus Dankbarkeit in die Knie gegangen ist, weil endlich Hilfe kam“, erzählt er. Viel haben die Aktiven gesehen, was ihnen nahegeht. „Wir funktionieren, weil wir funktionieren müssen, wir sind ja nur passiv betroffen“, so Weitz. Die Dinge, die die Fahrer sehen, seien unfassbar. „Es ist krass, auf der einen Seite diese Hilfsbereitschaft, auf der anderen Seite das Leid derer, die nichts mehr haben. Das ist belastend für alle Helfer“, berichtet er.

Logistik hat sich etabliert

Inzwischen hat sich die Logistik etabliert. In Engelgau ist das Hauptquartier, dazu gibt es drei Stützpunkte. Rund 250 Aktive sortieren, räumen oder fahren die Hilfsgüter in alle Ecken der Eifel. In Engelgau werden vor allem Lebensmittel und Dinge des täglichen Bedarfs bereitgehalten, in Zingsheim steht Kleidung sortiert bereit. „Wasser, Tierfutter, Gaskocher – wir haben alles“, so Weitz. Und was nicht vorrätig sei, werde über das riesige Netzwerk organisiert.

Und das ist nötig, denn der Bedarf ändert sich laufend. „Als die Evakuierungen aufgehoben wurden, sind die Menschen in die Dörfer gekommen und mussten feststellen, dass sie kein Zuhause mehr haben“, erzählt er. So sei am Dienstag sprunghaft die Nachfrage nach Wohnungen gestiegen. Wenn die Menschen eine Bleibe haben, werde Kleidung benötigt. „Die Leute haben nichts mehr, keine EC-Karte und meist auch keinen funktionierenden Bankautomaten“, schildert er die Probleme. Oft seien auch die kompletten Ausweisdokumente verloren. „Da ist die Identität ausgelöscht“, sagt Weitz.

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„Wir beliefern Sammelstellen, ganze Straßenzüge, Familien, jeden“, verspricht Weitz. In Nettersheim sei die Gruppe bereits gut mit der Gemeinde vernetzt, auch die Vernetzung mit anderen Sammelstellen quer durch die Eifel sei gewünscht. „Unsere Lager sollen ein reiner Durchschlag sein“, beschreibt er das Konzept.

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