Wirsing mit WeißweinNettersheimer Gastronom gibt Tipps zur regionalen Winterküche

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Andreas "Recky" Reck in seiner neuen Küche

Andreas „Recky“ Reck in seiner Küche 

Nettersheim – Saisonale und regionale Ernährung liegt im Trend. In den erntereichen Monaten kann man das auch gut nachvollziehen, die Auswahl ist schier unendlich. Aber im Winter? Vier Monate Kohl essen, klingt irgendwie weniger verlockend.

„Da gibt es eigentlich eine ganze Menge mehr als man glaubt“, sagt Andreas „Recky“ Reck. Der 54-Jährige kennt sich in dem Thema aus, schließlich gibt es in seinem Restaurant „Freistaat Eifel“ nur regionale und saisonale Küche. „Ich hatte immer die Idee: Wenn ich mal ein Restaurant aufmache, will ich mit regionalen Erzeugern zusammenarbeiten und das nutzen, was das Land hergibt.“

Am Standort seines Restaurants in Nettersheim sei das aber gar nicht immer so leicht. „In der Eifel wächst nichts.“ Die regionale Küche sei hier deshalb sehr fleischlastig – vor allem im Winter. Doch in Richtung Bonn, wo es etwas flacher werde, gebe es einige Gemüsebauern, die auch in den kalten Monaten anbauten. Spinat, Endivie, Sellerie, Mangold, Porree, Rote Bete, Wirsing, Steckrübe und natürlich Kohl in all seinen Facetten – all das biete die regionale Küche im Winter in der Eifel. Dazu komme Eingelegtes. „Alles zusammengenommen ist die Auswahl gar nicht so schlecht“, resümiert Reck.

Nettersheimer empfiehlt: Kohl anders zubereiten

Entscheidend sei die Zubereitung. „Der Klassiker ist Wirsing“, so der Küchenchef. Bei den meisten komme dieser nur als Rahmwirsing auf den Teller. Dabei könne man ihn deutlich vielseitiger einsetzen. Sehr lecker sei es, den Wirsing in Achtel zu schneiden und dann mit Brühe oder etwas Weißwein im Ofen zu backen. „Dadurch konzentriert sich der Geschmack. Das Kohlige verschwindet“, erklärt Recky Reck.

Nachhaltig ernähren in der Region

Inflation, Klimakrise, Krieg und Pandemie führen dazu, dass das Thema nachhaltiger und regionaler Lebensmittelanbau stärker in den Fokus rückt. Wir zeigen in dieser Serie unterschiedliche Ansätze nachhaltiger Ernährung vor der Haustür. Von Selbstversorgern, über umweltbewusste Metzgerei bis hin zu saisonalen und regionalen Rezepten.

Auch Rosenkohl werde oft unterschätzt. Statt ihn einfach nur zu kochen, könne man ihn halbieren und in der Pfanne mit Zwiebeln, Knoblauch und Zitrone gar ziehen. „Dann schmeckt dieser Kohl nicht mehr so nach Kohl.“

Auch Grünkohl könne man variieren. „Eines meiner Lieblingsrezepte mit Grünkohl ist eine Abwandlung von einem toskanischen Eintopf“, berichtet Reck. Statt mit Mettwurst wird der Grünkohl mit Tomaten und Knoblauch serviert. Gerade Kohl eigne sich gut zum Experimentieren. „Der ist wesentlich vielseitiger als man denkt“, so Reck.

Lieber Hofläden statt Supermarkt

Er rät dazu, sich einfach mal in den Hofläden der Region umzusehen und mit der Ausbeute Neues auszuprobieren. Das gelte im Übrigen auch für Fleisch. „Ich experimentiere gerne mit den preiswerteren Fleischstücken wie Schweinebauch.“ Wer Spaß am Kochen habe, sollte sich seiner Ansicht nach auch mal abseits von Filet und Steak umsehen. Günstiger sei das allemal.

Überhaupt gehe er davon aus, dass die regionale und saisonale Küche in den aktuellen Zeiten auch preisliche Vorteile mit sich bringe. Die Transportkosten fielen schließlich weg. „Wenn du eine Suppe machst, kannst du eine ganze Familie mit einer Steckrübe und ein paar Kartoffeln ernähren. Und das kostet quasi nichts“, sagt Reck.

Nicht alle Zutaten lassen sich in der Eifel beschaffen

Er selbst kocht in seinem Restaurant inzwischen fast komplett regional und saisonal. Manches sei gar nicht so leicht zu ersetzen gewesen. Olivenöl zum Beispiel. Irgendwann habe er in der Südeifel eine Ölmühle entdeckt, die kaltgepresstes Rapsöl herstelle, das auch schmecke. Von einer Obstkelterei bezieht er Apfelessig.

Freistaat Eifel öffnet nach Flut wieder

Mehr als ein Jahr nach der Flut öffnet Recky Reck am Freitag, 28. Oktober, sein frisch renoviertes Restaurant „Freistaat Eifel“ wieder. „Ein bisschen Schiss habe ich schon“, so Reck. Immerhin koche er in einer ganz neuen Küche und habe auch neues Personal.

Öffnen wird das Restaurant zunächst nur freitags bis sonntags, damit habe er während der Corona-Pandemie gute Erfahrungen gemacht, so Reck. Zusätzlich will er im Restaurant bald auch einen kleinen Laden mit regionalen Produkten einrichten.

Es habe einige Zeit gedauert, bis er all seine Produzenten beisammen hatte. „Das war wie Detektivarbeit“, erzählt der Küchenchef und lacht. Zwei wichtige Zutaten könne man allerdings einfach nicht mit regionalen Produkten ersetzen: „Pfeffer und Zitronen“. Außerdem brauche er immer Salat, im tiefsten Winter gebe es den nicht mehr regional. Da greife er dann doch auf Importware zurück.

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Für seine Küche fahre er meist einen Tag in der Woche durch die Region, um seine Einkäufe zu erledigen. Denn der Nachteil beim Direktbezug von Bauernhöfen und kleinen Produzenten: Sie liefern nicht. Doch Reck will es genau so. Sein persönliches Lieblingswintergericht aus der Region? „So Eintöpfe sind schon geil, da ist es eigentlich egal was.“

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