Nach Corona und Flut setzen die Menschen in Bad Münstereifel und Nettersheim beim Kräutertag ein Zeichen für Natur und Nachhaltigkeit.
Gelungener NeustartTausende Besucher beim Kräutertag in Nettersheim und Bad Münstereifel
Schon aus der Ferne zog den Besuchern des Nettersheimer Klostergartens und der Altstadt Bad Münstereifels eine Mischung verschiedenster Kräuterdüfte in die Nase. Nach drei Jahren Zwangspause durch Corona und Flut, die beide Kommunen schwer getroffen hat, konnten sie am Sonntag den Neustart des Kräutermarktes feiern.
Besonders der Klostergarten erweckte bei frühsommerlichem Wetter den Eindruck, als hätten die zahlreichen in den Grünflächen verteilten Aussteller ihre Waren erst wenige Minuten vorher von der benachbarten Wiese gepflückt. Doch auch in Bad Münstereifel ließ die Farbenpracht der Kräuter und Leckereien die Innenstadt in frischem Glanz erstrahlen.
Kommunen rücken Nachhaltigkeit und Naturschutz in den Fokus
„Nach all den Rückschlägen der letzten Jahre sind wir sehr froh, heute wieder hier stehen zu können und nicht nur den Kräutertag, sondern auch die Freundschaft beider Orte zu leben“, betonte Nettersheims Bürgermeister Norbert Crump und rückte auch die Bedeutung der Veranstaltung mit Blick auf Themen wie Nachhaltigkeit und Naturschutz in den Vordergrund. „Gerade nach der Flut hoffe ich, dass das Bewusstsein der Menschen über ihre Verantwortung in der Natur- und Klimakrise gestärkt wurde“, stimmte seine Bad Münstereifeler Kollegin Sabine Preiser-Marian zu. Es gebe viel zu tun, der Kräutertag solle jedoch in erster Linie dazu dienen, das zu genießen, was die Natur zu bieten habe.
Diesen Aufruf schienen die zu Tausenden an den zahlreichen Ständen entlangschlendernden Besucher zu beherzigen. Aufmerksam geführte Gespräche über die Voraussetzungen zur Kultivierung verschiedenster Kräuter, aber auch über die Verarbeitung und den Genuss selbiger hielten die Händler den gesamten Tag über beschäftigt. Von grünen Bärlauchblättern, die mit Öl, Salz und Pinienkernen püriert ein geschmackvolles Pesto ergeben bis zum vielseitig einsetzbaren Liebstöckel, der zur Verfeinerung von Eintöpfen, Suppen und Gemüse verwendet werden kann, eröffneten sich zahllose Einsatzmöglichkeiten.
Wildkräuter sind viel mehr als Unkräuter
Auch Wildkräuter, häufig als „Unkräuter“ betitelt, spielten eine gewichtige Rolle. „So vieles, was leider immer noch fälschlicherweise als Unkraut bezeichnet wird, hat eine Menge sinnvoller Eigenschaften für den Menschen“, betonte Yvonne Hillbrandt. Allen voran nannte sie die Brennnessel. „Sie hat sechsmal so viel Vitamin C wie beispielsweise Spinat und fünfmal so viel Calcium wie Milch.“ Zudem diene sie als Raupen- und Schmetterlingsnahrung und halte, zu Jauche verarbeitet, sogar Blattläuse fern.
Der bei Gartenbesitzern wegen seiner schnellen Wucherung meist sehr unbeliebte Giersch könne zu Limo verarbeitet oder als Zutat einer Quiche einen wunderbaren Geschmack entfalten, sagte Hillbrandt, was sie auch direkt mit Häppchen für die Besucher unter Beweis stellte. Die Wildpflanzen sind zudem wichtiger Bestandteil der Insektenvielfalt, fügte Peter Ohlert vom Imkerverein Bad Münstereifel hinzu: „Steingärten mögen pflegeleicht sein, aber sie entziehen Bienen und anderen Insekten jegliche Lebensgrundlage.“
Dabei gebe es so viele pollen- und nektarreiche Pflanzen, die kaum bis gar keiner Aufmerksamkeit bedürften, der Insektenwelt und somit auf lange Sicht dem Menschen aber deutlich besser bekommen. „Eine gesunde Ernährung ist mir sehr wichtig, jetzt noch mehr als früher“, sagte Marktbesucherin Lena Klein: „Ich bin beeindruckt, dass es noch so viel mehr Möglichkeiten gibt, seine Lieblingsrezepte mit Zutaten aus dem Garten zu bereichern.“ Der Kräutertag hielt Rezept- und Bastelideen bereit, deren Umsetzung beim nächsten Kräutertag für Gesprächsstoff sorgen dürften.