Für krebskranke KinderZehnjähriger aus Gemünd lässt Haare dreieinhalb Jahre wachsen und spendet sie

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Nick Mertens steht mit seinem Vater in der Einfahrt und spielt Basketball.

Nick Mertens aus Gemünd hat sich die Haare wachsen lassen, um sie krebskranken Kindern zu spenden, hier mit Vater Andreas.

Dreieinhalb Jahre hat Nick Mertens keinen Friseursalon betreten und das aus gutem Grund. Er spendete seine Haare an die Uniklinik Bonn.

„Ich habe im Fernsehen eine Sendung gesehen, in der es um Kinder ging, die ihre Haare sehr lang wachsen lassen, um sie dann für Perücken für krebskranke Kinder zu spenden“, erzählt Nick Mertens aus Gemünd. Der Bericht ließ den Zehnjährigen danach nicht mehr los.

Auslöser war eine Dokumentation

„Im Sommer 2019 hat er sich dann entschieden, die Haare wachsen zu lassen“, erinnert sich Vater Andreas Mertens. Dreieinhalb Jahre hielt er durch, bis sie eine Länge von 41 Zentimeter erreicht hatten und er sich schweren Herzens von ihnen trennte.

Nick besucht die fünfte Klasse der Clara-Fey-Realschule Schleiden. Er fährt gerne Fahrrad und spielt Basketball und Gitarre. „Der Junge ist sehr sozial eingestellt und macht sich viele Gedanken“, sagt der Vater. Die Familie wird komplettiert durch Mutter Carolin, Sohn Milo (8) und Nesthäkchen Sina (5).

Soziales Engagement und Demonstrationen

So hatte Nick auch mit den Anstoß für eine Demonstration in Vogelsang im März 2022 gegeben, bei der sich rund 400 Teilnehmer mit der Ukraine solidarisierten und Putins Angriffskrieg verurteilten. „Er hat damals Bürgermeister Ingo Pfennings geschrieben, und wir haben vor der Demo fleißig Schilder gebastelt“, berichtet Vater Andreas. Bei der Veranstaltung hielt Nick auch eine kleine Rede.

Er steht mit seinen offenen langen Haaren zur Kamera gerichtet.

41 Zentimeter lang hat sich Nick Mertens die Haare wachsen lassen.

Auch über den Klimawandel mache sich Nick seine Gedanken: „Wenn ihn ein Thema interessiert, ist er Feuer und Flamme. Als er noch kleiner war, wollte er Astronaut werden und gleich hat er Alexander Gerst einen Brief geschrieben.“ Nachdem sich der Zehnjährige entschlossen hatte, seine Haare für einen guten Zweck zu spenden, suchte Mutter Carolin nach einer Stelle, wo man sie abgeben könnte: „Meine Frau fand dann einen Ansprechpartner bei der Uniklinik Bonn.“ Nun stand der Aktion also nichts mehr im Weg.

Nicks Erfahrungen mit langen Haaren

„Nach den Sommerferien hatte ich die Haare schon etwas länger und alle in der Schule haben sich gewundert“, sagt Nick. Immer wieder sei er auch auf seine Haarpracht angesprochen worden: „Eine Frau in der Mensa hat mich gefragt, warum ich das mache. Als ich ihr den Grund gesagt habe, fand sie das toll.“

Im Urlaub, so der Vater, sei sein Sohn auch immer wieder als Mädchen angesprochen worden. Viele, die Nick längere Zeit nicht gesehen hatten, hätten Mühe gehabt, ihn wiederzuerkennen. Ende 2020 musste die Familie dann einen Schicksalsschlag verarbeiten. Nicks Oma bekam Brustkrebs und musste sich einer Chemotherapie unterziehen. „Deshalb hat er überlegt, ihr die Haare zu spenden“, erzählt sein Vater. Die Oma, der es mittlerweile wieder gut gehe, habe aber gewollt, dass Kinder die Haare bekommen.

Die Haare sind zu mehreren Zöpfen geflochten.

Vor dem Abschneiden wurden lange Zöpfe geflochten.

Währenddessen machte Nick so seine Erfahrungen mit langen Haaren: „Im Winter war es am Kopf viel wärmer. Jetzt muss ich öfter eine Mütze anziehen.“ Beim Sport habe er sich einen Zopf gemacht oder ein Stirnband angezogen. Im Schwimmbad hätten die langen Haare im Gesicht dagegen gestört.

Mindestens 40 Zentimeter Haarlänge

„Zunächst hieß es, die Haare müssten mindestens 30 Zentimeter lang sein. Dann mussten es doch 40 Zentimeter sein“, erklärt Andreas Mertens. Vor rund zwei Monaten, kurz vor Weihnachten, war es dann soweit: „Die Haare waren 41 Zentimeter lang und wurden abgeschnitten. Die Trennung fiel ihm aber schwerer als erwartet“, erinnert sich der Vater. „Noch ein paar Zentimeter“, habe Nick gesagt.

Die Uniklinik habe angeboten, dass Nick einen Friseur in Bonn aufsuchen könne, der die Arbeit der Klinik unterstützt. Die Familie habe sich aber dagegen und für den normalen Friseur um die Ecke entschieden. „Zuerst haben wir darüber nachgedacht, die Haare per Post nach Bonn zu schicken. Dann haben wir aber entschieden, einen Ausflug mit der ganzen Familie zu machen“, so der Vater.

Erstmal nur noch kurze Haare

Die neue Frisur hat auch Vorteile, wie Nick schon festgestellt hat: „Ich muss jetzt nicht mehr so lange föhnen, wenn die Haare nass sind.“ Und auch die Mädels, so seine Einschätzung, finden die kurzen Haare schöner. „Ich könnte mir vorstellen, das nochmal zu machen. Erst mache ich aber eine Pause“, verrät der Zehnjährige. Denn er freue sich nun erst einmal auf einen tollen Sommer mit kurzen Haaren.

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