Täglich noch AnfragenHilfszentrum Schleidener Tal unterstützt weiter Flutopfer

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Werden Flutopfer auch weiter unterstützen: (v.l.) Frank Waldschmidt, Elisabeth Frauenkron, Ingo Pfennings, Astrid Lauscher, Watfa Chouman, Erik Schumacher und Dorothea Gehlen.

Schleiden-Gemünd – Das Hilfszentrum Schleidener Tal ist seit knapp einem Jahr die Anlaufstelle für Flutopfer und Einsatzkräfte aus dem Stadtgebiet Schleiden und den umliegenden Kommunen. Obwohl in dieser Zeit schon vielen Betroffenen geholfen werden konnte, haben die Hilfsorganisationen noch immer viel zu tun. Deshalb ist sich der Schleidener Bürgermeister Ingo Pfennings auch sicher: „Die Einrichtung wird noch für eine längere Zeit benötigt. Es geht zum Teil um sehr langwierige Prozesse.“

„Die Hilfsangebote zentral an einem Ort anzubieten war die richtige Entscheidung“, betonte Pfennings. „In dem Zentrum arbeiten Malteser, Caritas, Diakonie, die Arbeiterwohlfahrt und andere Helfer vertrauensvoll zusammen.“ Jeder bringe dabei seine Stärken ein. „Betroffene können sich hier begegnen und ein Stück Heimat finden“, erklärte der Bürgermeister. Die Menschen hätten Schlimmes erlebt und nach wie vor das Bedürfnis, darüber zu sprechen. Dafür seien Angebote wie das Café Lichtblick enorm wichtig.

Café Lichtblick wird gut angenommen

„Das gibt es nicht so oft, dass so viele verschiedene Hilfsorganisationen unter einem Dach gut zusammenarbeiten“, sagte die Leiterin Watfa Chouman von den Maltesern, die das Gebäude für zwei Jahre plus eine mögliche Verlängerungsoption für ein Jahr angemietet haben. Es seien noch ausreichend Spendengelder da, um Betroffenen zu helfen, unterstrich Chouman. Das Café Lichtblick werde sehr gut angenommen. Das gelte auch für den in einem Zirkuswagen untergebrachten Malzirkus des Vereins „Fortuna hilft“. Dort kümmern sich Kunstpädagogen um traumatisierte Kinder.

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In einem Zirkuswagen ist der Malzirkus des Vereins „Fortuna hilft“ untergebracht. Dort kümmert man sich um traumatisierte Kinder.

Elisabeth Frauenkron von der Fluthilfe der AWO hob hervor, dass es Zuschüsse nicht nur für die Sanierung von Häusern oder Wohnungen gebe, sondern auch für neuen Hausrat. Als Mitglied des SSV Gemünd dankte sie den Maltesern, die dem seit der Flut heimatlosen Verein den Dachboden des Hilfszentrums für Sportangebote von Cycling über Pilates bis Yoga zur Verfügung gestellt haben.

„Ich bin froh, dass es dieses Haus gibt“, sagte der evangelische Gemeindepfarrer Erik Schumacher, der auch Sprecher des Vorstands der Diakonie im Kirchenkreis Aachen ist. Das Café biete die Möglichkeit, beim Mau-Mau mit Betroffenen ins Gespräch zu kommen. „Es ist wichtig, die Menschen bei den Anträgen für die verschiedenen Hilfsangebote zu unterstützen“, erklärte Astrid Lauscher von der Diakonie Euskirchen. Lauscher hat ihr Büro in Kall, ist aber einmal pro Woche auch im Hilfszentrum anzutreffen.

„Bedarf ist hoch“

Frank Waldschmidt, Leiter der Psychosozialen Unterstützung (PSU) der Malteser Fluthilfe Nordrhein-Westfalen, stellte klar: „Der Bedarf an psychosozialer Versorgung ist immer noch hoch. Täglich gibt es Anfragen von Betroffenen und von Einsatzkräften.“ Die Themen Krieg und Energiekrise seien für die Betroffenen zusätzliche Belastungen. „Seit der Flut hat es rund 10 000 Gesprächskontakte gegeben.“ Pfennings fügte hinzu: „Durch die Arbeit der PSU-Kräfte sind auch Suizide verhindert worden. Es gab bei einigen Betroffenen entsprechende Gedanken und auch Handlungen.“

Der nächste Schritt sei nun der Aufbau eines interkommunalen Traumazentrums für Schleiden, Hellenthal und Kall im bestehenden Hilfszentrum: Drei Fachleute sollen für zwei Jahre als Ansprechpartner in Gemünd im Einsatz sein. Die Fachleute sollen die Qualifikationen Facharzt für Psychotherapie oder Psychiatrie, psychologischer Psychotherapeut und psychosoziale Fachkraft abdecken. „Die Ausschreibung wird zurzeit erstellt. Das Traumazentrum soll dann zum 1. Januar an den Start gehen“, führte der Bürgermeister aus.

Langzeitstudie wird erstellt

„Die Arbeit in dem Hilfs- und dem Traumazentrum machen erstmals auch Langzeitbeobachtungen möglich. Gemeinsam mit der Medical School in Hamburg, dem Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe und dem Land Nordrhein-Westfalen soll eine Studie erstellt werden“, ergänzte Waldschmidt. Das interkommunale Traumazentrum sei deutschlandweit das größte.

„Ich bin erschrocken, dass es immer noch Leute gibt, die nicht wissen, welche Hilfsangebote existieren“, sagte Dorothea Gehlen von der Caritas. Erst kürzlich habe eine Frau angerufen, die nicht gewusst habe, dass auch Mieter Zuschüsse für den Kauf von Hausrat bekommen können. Manchmal würden sich Betroffene aber auch schämen, Hilfe in Anspruch nehmen zu müssen.

Am 9. Dezember, so Leiterin Chouman, soll im Hilfszentrum ab 15 Uhr eine kleine Feier für Flutbetroffene stattfinden. Ein Programm für den Tag werde aktuell noch ausgearbeitet.

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