Olga Yankovska und ihre fünf Söhne sind aus der Ukraine geflohen. In ihrer neue Heimat Schleiden leitet sie jetzt ehrenamtlich ein Kunstprojekt.
Nach FluchtUkrainische Künstlerin findet mit fünf Söhnen neue Heimat in Schleiden

Jeden Montag findet in Bad Münstereifel das Kunstprojekt „Freie Seele“ statt. Hier können junge Menschen lernen, sich künstlerisch auszudrücken. Unterstützt werden sie dabei von Olga Yankovska (hinten).
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Ruhig sitzen, abwarten und nichts tun – das war noch nie etwas für Olga Yankovska. „Ich muss mich bewegen, entwickeln, lernen und verwirklichen“, sagt die 41-jährige Künstlerin aus der Ukraine. In Kiew habe sie lange ein glückliches Leben geführt. Sie habe als Design-Dozentin an der Uni, als Kunstlehrerin und im Baustoffgeschäft ihres Mannes gearbeitet. Dann jedoch zerbrach ihre Ehe, und einige Zeit später wurde die Ukraine von Russland angegriffen. Olga Yankovska beschloss, ihre fünf Söhne und sich in Sicherheit zu bringen.
Die Familie fuhr planlos zur polnischen Grenze und setzte sich dort in den erstbesten Evakuierungsbus. Dieser fuhr nach Dänemark, wo Yankovska und ihre Kinder erst einmal Ruhe finden und Pläne schmieden konnten.

Case-Managerin Olena Fast (l.) vom Caritasverband Euskirchen unterstützt Olga Yankovska und ihre fünf Söhne schon seit zwei Jahren.
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Sieben Monate blieb die Familie dort, dann ging die Reise weiter nach Deutschland. „Hier begann mein zweites Leben“, sagt Olga Yankovska und lächelt, denn in der Zwischenzeit hat sich für die Alleinerziehende und ihre Söhne vieles zum Besseren gewendet.
Suche nach Schul- und Kita-Plätzen und einer Wohnung
Ein Meilenstein im Prozess des Ankommens in Deutschland ist für Olga Yankovska der Kontakt mit Caritas-Mitarbeiterin Olena Fast. In einer der offenen Sprechstunden im Frühling 2023 lernt die Case-Managerin im Kommunalen-Integrationsmanagement (Kim) des Kreises Euskirchen, die selbst Ukrainerin ist, Olga Yankovska kennen und nimmt sie als Kim-Klientin an. „Anfangs hatten wir viele Anträge zu stellen, vor allem ging es zunächst um die Kinder“, erzählt Psychologin Olena Fast. Zwei Jahre habe die Alleinerziehende mit ihren Söhnen, die mittlerweile fünf, acht, elf, dreizehn und vierzehn Jahre alt sind, in der Geflüchtetenunterkunft in der Otterbach gelebt. „Sechs Personen in zwei Zimmern, das war schon ganz schön eng dort“, sagt Fast.
Auf der To-do-Liste, die im Rahmen des Integrationsmanagements in Absprache mit dem jeweiligen Klienten angefertigt wird, stand neben Schul- und Kita-Plätzen auch die Suche nach einer passenden Wohnung weit oben. Mittlerweile wohnen Olga Yankovska und ihre Kinder in Schleiden in einer Wohnung, in der jeder ihrer Söhne ein eigenes Zimmer hat. „Wir haben jetzt auch einen Kita-Platz für das jüngste Kind gefunden“, sagt die Case-Managerin. Und das wiederum ermöglicht der 41-Jährigen, mit einem Deutsch-Kurs zu beginnen.
Ehrenamtlich für den Caritasverband Euskirchen im Einsatz
Bisher hatte Olga Yankovska dafür schlichtweg keine Kapazitäten. Aber untätig war sie deshalb noch lange nicht: Über Case-Managerin Olena Fast knüpfte sie Kontakte, fand passende Menschen und Möglichkeiten, so dass sie ab Sommer 2023 ehrenamtlich für den Caritasverband Euskirchen im Einsatz ist. Kunstaktionen wie „Menschenwürde schützen“, bei der Interessierte ein großes Kunstwerk aus Einzelbildern gestalteten, Mandalas als Talisman malen oder das Projekt „Licht meiner Seele“, das in einer Ausstellung der Bilder in Euskirchen mündete.
Zurzeit leitet Olga Yankovska in Bad Münstereifel das Kunstprojekt „Freie Seele“ an, das sich an Jugendliche zwischen 14 und 20 Jahren richtet. Und im Euskirchener Café International findet immer donnerstags ein offenes Kunstprojekt für Menschen aller Altersklassen statt (siehe „Kostenfreie Kurse“).
Farbe sei eben Therapie, die Arbeit mit den Händen auch, beteuert Olga Yankovska. Für sie genauso wie für andere Menschen. Und auch ihr ehrenamtliches Engagement hat für die fünffache Mutter einen bedeutsamen Hintergrund: Auf diese Weise könne sie etwas zurückgeben, denn es gehe ihr mittlerweile richtig gut: „Meine Kinder haben sich sozial integriert und besuchen Schulen. Ich selbst sehe mich als glückliche Mutter und kreative Freiwillige. Mir fehlt es an nichts!“
Case-Managerin betreut 14 Klientinnen und Klienten
Kim-Case-Managerin Olena Fast strahlt, wenn sie solche Worte von ihrer Klientin hört. Das Kim-Case-Management ermöglicht eine enge Zusammenarbeit, die nicht von einer festgelegten Anzahl an Beratungsstunden bestimmt wird. „Ich mache diese Arbeit seit drei Jahren, und ich kann nur sagen: Das ist genau mein Ding!“, erklärt Olena Fast. Derzeit betreut sie als Kim-Case-Managerin 14 Klientinnen und Klienten. „Ich mag es mitzuerleben, wie schnell die Menschen Fortschritte machen, obwohl sie sich anfangs oftmals verloren gefühlt haben.“ Viele würden mittlerweile arbeiten und allein für sich und ihre Familien sorgen können.
Bis Olga Yankovska soweit ist, dass sie die Herausforderungen in ihrem neuen Leben ganz allein meistert, wird gewiss noch einige Zeit vergehen. „Jetzt geht es erst einmal um den Spracherwerb. Und dann irgendwann um die Suche nach einem Arbeitsplatz. Schritt für Schritt, eins nach dem anderen“, sagt Olena Fast mit Blick auf ihre Klientin.
Familie sieht ihre weitere Zukunft in Deutschland
Diese sieht ihre Zukunft in Deutschland: „Meine Söhne haben klipp und klar gesagt, dass sie hierbleiben wollen. Damit bin ich fünffach überstimmt“, sagt Olga Yankovska lachend. Und eine Vision, wie das Leben für sie in Deutschland eines Tages aussehen könnte, hat sie bereits: „Am liebsten würde ich irgendwann eine Kunstschule für Kinder gründen.“
Das Kunstprojekt „Freie Seele“ findet seit März jeden Montag von 14 bis 17 Uhr in Bad Münstereifel, Alte Gasse 19, statt. Es richtet sich an junge Menschen zwischen 14 und 20 Jahren, die sich kreativ ausprobieren und unter Anleitung der ukrainischen Künstlerin Olga Yankovska mit unterschiedlichen Techniken experimentieren wollen. Die Teilnahme an dem Kurs ist kostenfrei. Wer mitmachen will, kann sich per E-Mail oder unter Tel. 01 76/14 54 65 84 anmelden.
Die ukrainische Künstlerin Olga Yankovska ist auch mit an Bord, wenn immer donnerstags von 14 bis 16.30 Uhr zur Veranstaltung „Kunst im Café“ geladen wird. Sie findet im Café International des Caritasverbandes Euskirchen, In den Herrenbenden 1, statt. Das Café International ist ein offener Treff für neue und alte Nachbarn. Wer Lust hat, kann einfach vorbeikommen und mitmachen. Zuletzt nahmen 15 Menschen aus sechs Ländern an „Kunst im Café“ teil. Auch hier ist die Teilnahme kostenfrei.