Trotz RabattenDas Weihnachtsgeschäft ist in Euskirchen nicht mehr das, was es mal war

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Das Bild zeigt ein Schaufenster in der Euskirchener Innenstadt. Rabatthinweise kleben an der Scheibe, im Vordergrund steht ein Tannenbaum.

Auch satte Rabatte scheinen das Weihnachtsgeschäft in Euskirchen nicht mehr nachhaltig ankurbeln zu können.

Einige Einzelhändler in Euskirchen sind zufrieden, andere blasen Trübsal. Über der Galeria schwebt zudem die Insolvenz des eigentlichen Retters. 

So trüb wie das Wetter ist auch die Laune unter den Einzelhändlern. Von vorweihnachtlicher Stimmung ist am Mittwoch in der Euskirchener Innenstadt nichts zu merken. Die Parkhäuser sind zwar voll, in der Fußgängerzone herrscht emsiges Treiben, aber in den Geschäften keine fröhliche Weihnacht – daran ändern auch die satten Rabatte nichts, die angeschlagen sind.

„Dem Weihnachtsgeschäft fehlt es in diesem Jahr an Schwung. Bei dem Großteil der Händlerinnen und Händler überwiegt kurz vor den Festtagen die Enttäuschung“, sagt Jannis Vassiliou, Vorsitzender des Einzelhandelsverbands Bonn Rhein-Sieg Euskirchen. Die Woche vor dem vierten Advent sei für die Händler alljährlich die umsatzstärkste Phase des Weihnachtsgeschäfts und damit auch des gesamten Jahres.

Euskirchen: Die Stadt ist voll, doch gekauft wird zurückhaltend

Doch wie ist die Stimmung in Euskirchen – bei Kunden, aber auch Händlern? Wie groß ist der Andrang auf Geschenke auf den letzten Drücker? Glaubt man dem Frequenzmesser an der Neustraße, ist die Fußgängerzone in Euskirchen gut besucht. 16.002 Bewegungen registrierte das Gerät, das am Schuhhaus Lange installiert ist, am Montag. Es zeichnet auf, wie viele Menschen den dortigen Bereich passieren, aufgesplittet in Erwachsene und Kinder sowie die Laufrichtung.

Geschäftsführer Christian Lange bestätigt die Zahlen: „Die Stadt ist voll und gut besucht. Die Leute kaufen aber weniger ein als in den Jahren zuvor.“ Über die Gründe könne er nur spekulieren. „Ein Grund ist vielleicht, dass das Leben im Allgemeinen teurer geworden ist und man mehr aufs Geld guckt. Und die Schuhe vielleicht einen Monat länger trägt“, so Lange.

Das Bild zeigt mehrere potenzielle Kunden vor einem Wühltisch mit Büchern.

Bücher sind zu Weihnachten ein Klassiker. Gekauft wird in Euskirchen derzeit aber nicht viel.

Wenkal Bathija ist seit Juli der Filialleiter von Galeria in Euskirchen. Für den „Kaufhof“-Chef ist es also das erste Weihnachtsgeschäft. Anders als Lange ist er bisher zufrieden. „Am Montag hatten wir unseren umsatzstärksten Tag“, berichtet Bathija im Gespräch mit dieser Zeitung. Die „Black-Week“-Woche sei sehr stark gewesen. Danach sei das Vorweihnachtsgeschäft ein bisschen eingebrochen, aber es habe längst wieder angezogen. „Die Leute kommen nicht nur zu uns, sie kaufen auch bei uns“, sagt er.

Zwei Geschäftsleute, zwei Wahrnehmungen. Ganz so, wie es auch der Einzelhandelsverband identifiziert hat. „In Bonn zeigen sich 56 Prozent der Händler mit dem bisherigen Weihnachtsgeschäft unzufrieden. In Euskirchen sind es 54 Prozent“, berichtet Einzelhandelsexperte Vassiliou. Vor allen Dingen die Umsätze im Vergleich zum vergangenen Weihnachtsgeschäft untermalen dem Verbandssprecher zufolge die negative Zwischenbilanz der Händler: „73 Prozent der Händler in Euskirchen melden einen Umsatzrückgang.“

Geschmacksjägerin in Euskirchen ist mit Weihnachtsgeschäft zufrieden

Anika-Helena Wübben hat beim Weihnachtsgeschäft keine  Vergleichsmöglichkeit, weil sie ihr Feinkostgeschäft „Die Geschmacksjägerin“ an der Bahnhofstraße erst im Oktober eröffnet hat. Der November sei schwierig gewesen, der Dezember dafür umso besser. „Ich kann mich über das Weihnachtsgeschäft überhaupt nicht beklagen“, sagt Wübben.

Sie rechne aber damit, dass Januar und Februar für sie noch einmal herausfordernd werden. Das sei einkalkuliert. Doch der Blick in die Zukunft lasse sie darüber hinwegsehen. „Ich habe drei Tische für die Außengastronomie bestellt“, verrät sie. Dann soll auch das Essensangebot um französische Buchweizen-Waffeln erweitert werden.

Anika-Helena Wübben trägt zwei Geschenktüten für eine Kundin durch den Laden.

Ist zufrieden mit dem Weihnachtsgeschäft: Anika-Helena Wübben.

Beim Dessous-Spezialisten Hunkemöller in der Neustraße herrscht am Mittwochmittag tote Hose. „Es ist sehr bescheiden im Moment“, sagt die Filialleiterin. Immer wieder bekomme sie zu hören, dass das im Moment einfach zu teuer sei und man deshalb maximal ein Teil nehme. Was allerdings noch einigermaßen gut laufe, seien Gutscheine und das Click-and-Collect-Geschäft. Viele Kunden bestellen nach Angaben der Filialleiterin im Internet, holen die Ware im Geschäft ab und probieren sie zu Hause in Ruhe an.

Auch rote Unterwäsche, die man laut Volksmund in der Silvesternacht tragen sollte, damit das neue Jahr mit viel Glück versehen ist, läuft (noch) nicht. Bis Silvester seien es ja auch noch ein paar Tage, sagt die Filialleiterin. Sie hofft, dass die Tage zwischen Weihnachten und Silvester die Mienen noch ein wenig aufhellen – da sind sie wieder, die zwei unterschiedlichen Meinungen zum Weihnachtsgeschäft.

Es ist sehr bescheiden im Moment.
Filialleiterin von Hunkemöller

Wer vor Weihnachten oder zwischen den Jahren in die Euskirchener Innenstadt geht, wird feststellen, dass bei der ehemaligen Nordsee-Filiale noch nicht viel passiert ist. Das ist aber nur äußerlich so. Das Geschäft ist entkernt worden und wird gerade für den künftigen Filialisten vorbereitet. Nach Informationen dieser Zeitung kommt das Beauty-Label Rituals nach Euskirchen. Läuft alles nach Plan, soll im März eröffnet werden.

Zurück ins Hier und Jetzt: „Ich bin zufrieden, aber der November war schwierig“, sagt Petra de Wit, die an der Berliner Straße die Boutique Nordstern betreibt. Bei ihr greifen die Kunden eher zu etwas Handfestem statt zum Gutschein. Der warme Pullover laufe gut. „Oder alles aus Teddy-Stoff“, sagt de Wit.

Das Bild zeigt den Alten Markt von Euskirchen. Einige wenige Menschen schlendern durch die Innenstadt.

Wenig weihnachtlich, wenig los: Der Alte Markt in Euskirchen war am Mittwochmittag fast ausgestorben.

Apropos Gutscheine. In Euskirchen heißen die auch Schecks in the City, werden vom Stadtmarketingverein Zeus vertrieben und sind ein beliebtes Geschenk – auch zur Weihnachtszeit. Wer auf der Seite von Zeus stöbert, stellt fest, dass die Schecks in the City nicht mehr bei Galeria eingelöst werden können. Das habe nichts damit zu tun, dass sich der Ex-Kaufhof-Konzern mit dem Stadtmarketingverein überworfen habe, wie es böse Zungen gerade immer wieder vermuteten, beteuert Galeria-Filialleiter Wenkal Bathija. „Es hat einfach technische Gründe“, sagt er.

Er habe das Problem noch einmal an die Konzernleitung in Essen weitergegeben. Es könne also sein, dass da bald eine Lösung auf den Weg gebracht werde.

Und die Krise bei der Signa Retail Selection AG? Schließlich handelt es sich um die Schweizer Tochter der insolventen Signa Holding aus Österreich. Hier hat die Benko-Gruppe ihre Beteiligungen im Einzelhandel versammelt. Dazu gehört auch das operative Geschäft der Galeria-Kaufhauskette in Deutschland.

Eigentlich hatte die Holding der deutschen Tochter für 2024 bereits 200 Millionen Euro für die Sanierung fest zugesichert, die ersten 50 Millionen Euro sollten im Februar fließen. Doch da dürfte nach der Insolvenzanmeldung der Signa Holding ein großes Fragezeichen stehen. „Wir können hier in Euskirchen nur unsere Hausaufgaben machen, und die haben wir im Weihnachtsgeschäft gemacht. Für mich ist der Standort in Euskirchen ein super Standort“, sagt Filialleiter Bathija im Gespräch.

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