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Stiefenkelin missbrauchtEuskirchener Gericht verurteilt geständigen Sexualstraftäter

4 min
Das Symbolbild zeigt eine Statue der Justitia, die eine Waage in ihrer Hand hält.

In Euskirchen musste sich ein notorischer Straftäter vor Gericht verantworten. 

Ein Euskirchener, der die sechsjährige Enkelin seiner Frau missbraucht hatte, erhielt eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten.

Ein notorischer Straftäter hat am Euskirchener Amtsgericht seine 24. Verurteilung kassiert. Das Jugendschöffengericht unter dem Vorsitz von Stefanie Diel verhängte gegen den einschlägig vorbestraften Herbert A. (Namen geändert) eine Freiheitsstrafe von zwei Jahren und drei Monaten. Der Euskirchener (69) hatte sich in zwei Fällen des sexuellen Missbrauchs von Kindern in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen schuldig gemacht.

Sein Opfer war seine Stiefenkelin Charlotte. Sie und ihr Bruder waren früher oft bei ihrer Großmutter und dem Angeklagten zu Besuch, die seit einigen Jahren miteinander verheiratet sind. Die Kinder schliefen mit ihrer Oma und deren Mann im Ehebett – bis es der Frau zu unruhig wurde, sodass sie für die Nächte ins Gästezimmer umzog, wenn die Enkel da waren.

Der Stiefgroßvater streichelte das Mädchen im Vaginalbereich

In der Folge streichelte A. die damals sechsjährige Charlotte in den ersten Monaten des Jahres 2024 bei mindestens zwei Gelegenheiten über der Unterhose im Vaginalbereich. So hatte es die Bonner Staatsanwaltschaft in der Anklageschrift formuliert. Zwei Taten räumte der Angeklagte ein. An das jeweilige Datum könne er sich nicht erinnern, sagte er.

Charlotte hatte ihrer Mutter nach Darstellung des Gerichts eher zufällig erzählt, was ihr Stiefgroßvater mit ihr gemacht hatte. Sie habe die Taten nicht als schreckliche Erlebnisse geschildert, sagte Richterin Diel, unterstrich jedoch. „Noch kann sie die Dimension nicht begreifen. Vielleicht wird sie ihr Leben lang damit zu kämpfen haben. Man weiß es nicht.“

Dass er eine Schutzbefohlene missbrauchte, fällt stark ins Gewicht

Eines stehe hingegen fest: Der Angeklagte habe das besondere Vertrauensverhältnis zu dem Kind, das so gerne bei ihm zu Gast war, missbraucht. Charlotte sei seine Schutzbefohlene gewesen. „So etwas fällt besonders stark ins Gewicht.“

Mit seinen Taten hat A. das vorher harmonische Familienleben zerstört. „Wir hatten sehr gute Zeiten miteinander“, sagte er vor Gericht. Als die Vorwürfe gegen ihn bekannt geworden seien, habe die Mutter der beiden Kinder den Kontakt zu ihm und seiner Frau abgebrochen.

Jetzt droht Ihnen der Bewährungswiderruf.
Stefanie Diel, Vorsitzende Richterin

Die Mutter hatte ihn und seine Ehefrau mit Charlottes Äußerungen konfrontiert und das Jugendamt informiert. Die Behörde gab ein Gutachten in Auftrag. Gegenüber einer Psychologin wiederholte das Mädchen die Aussagen aus dem Gespräch mit der Mutter.

Gleichzeitig landete der Fall bei der Staatsanwaltschaft, mit der Herbert A. schon vorher dutzendfach zu tun gehabt hatte. Er ist immer wieder wegen Diebstahls verurteilt worden – das erste Mal 1980 –, außerdem unter anderem wegen Betrugsdelikten, Körperverletzung, zweimal wegen exhibitionistischer Handlungen und dreimal wegen sexuellen Missbrauchs von Kindern.

Der Angeklagte gab an, er sei als Kind von Priester vergewaltigt worden

Wegen der beiden jüngsten Verurteilungen steht er unter laufender Bewährung. „Jetzt droht Ihnen der Bewährungswiderruf“, erklärte die Richterin dem Angeklagten.

Er hatte erzählt, dass er als Zwölfjähriger selbst Opfer eines sexuellen Missbrauchs geworden sei. Er sei damals von einem Priester vergewaltigt worden. Seine Mutter, an die er sich Hilfe suchend wandte, habe ihm verboten, jemals mit anderen darüber zu reden. „Sonst musst du ins Heim“, habe sie ihm gedroht.

Mehrere Therapien hatten bei dem Euskirchener keinen Erfolg

Der Geistliche habe sich auch an anderen Personen vergangen. Zwei von ihnen, darunter sein Cousin, hätten sich später das Leben genommen. Er habe sich an die Vorgabe seiner Mutter gehalten – bis zu ihrem Tod 2017. Mittlerweile sei er – nach längerer Suche nach einem Therapeuten – wegen seiner sexuellen Neigungen und seiner eigenen Missbrauchserfahrung in Behandlung.

Drei vorangegangene Therapien seien erfolglos geblieben, wohl weil er seine Vergewaltigung und die seelischen Folgen bis zum Tod seiner Mutter nicht mit professioneller Hilfe habe aufarbeiten können.

Das Gericht entsprach mit dem Urteil dem Antrag der Staatsanwaltschaft. Herbert A. sei ein Bewährungsversager, sagte Richterin Diel. Zu seinen Gunsten spreche bei der Strafzumessung lediglich, dass er seiner Stiefenkelin mit seinem Geständnis eine möglicherweise retraumatisierende Aussage vor Gericht erspart habe.

Der Verteidiger des Angeklagten hatte vergeblich auf eine Bewährungsstrafe von unter zwei Jahren plädiert. Er wies darauf hin, wie wichtig die laufende Therapie für seinen Mandanten sei: „In seinem Kopf muss noch einiges passieren.“

Was das Körperliche anbelange, könne A. seine Sexualität seit einer Prostataoperation nicht mehr ausführen, ergänzte der Anwalt. Auf diesen Aspekt, den die Verteidigung offenbar zur Entlastung angeführt hatte, ging das Gericht nicht ein.