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HandtaschenraubEuskirchener wurde sechs Jahre nach der Tat zu Bewährungsstrafe verurteilt

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Blick auf den Schriftzug„ Landgericht“ an der Fassade des Gerichtsgebäudes.

Vor dem Bonner Landgericht musste sich ein 55-jähriger Euskirchener wegen Raubes mit Körperverletzung verantworten.

Das Bonner Landgericht hat einen 55-Jährigen zu einer Bewährungsstrafe verurteilt, weil er eine damals 71-Jährige vor einer Sparkassenfiliale beraubt hat.

Nach sechs Jahren konnte dieser Kriminalfall endlich juristisch abgeschlossen werden: Ein Radfahrer hatte am 4. Oktober 2019 einer damals 71-jährigen Bankkundin vor der Kreissparkasse am Kirchplatz die Handtasche vom Arm gerissen. Kurz zuvor hatte die alte Dame in der Bank 1500 Euro gezogen, die Scheine in der Tasche verstaut, in der sich weitere 800 Euro und ein Mobiltelefon befanden. Die Bankkundin war gerade umgezogen und wollte ihre Kaution bezahlen.

Beim Abheben des Geldes war sie offenbar beobachtet worden: Der Täter saß auf seinem Fahrrad vor der Bank, simulierte ein Telefonat und wartete offenbar auf sie. Zu diesem Ergebnis jedenfalls ist jetzt das Bonner Landgericht gekommen. Das hat den 55-Jährigen aus Zülpich wegen Raubes mit Körperverletzung zu einem Jahr und neun Monaten Haft mit Bewährung verurteilt, so wie es von der Staatsanwaltschaft zuvor auch gefordert worden ist.

Dem Opfer vor der Sparkassenfiliale aufgelauert

Ein mildes Urteil, obwohl die Tat vom Angeklagtem bis zum Schluss bestritten worden war. Aber für die 3. Große Strafkammer gab es mehrere Indizien, dass er der Täter war: Videoaufnahmen der Bank belegen, dass der damals 49-Jährige kurz zuvor ebenfalls im SB-Vorraum der Sparkasse gewesen war, dass er die Bank anschließend verlassen und sich vor dem Gebäude telefonierend positioniert hatte. Kaum hatte die 71-Jährige die Bank verlassen, sei es zu dem Überfall gekommen. Und schließlich: Der Angeklagte hatte nach dem Vorfall ungewöhnlich viel Bargeld auf sein Konto eingezahlt.

Es kam zur Anklage, aber der Prozess ließ auf sich warten. Mehrfach war versucht worden, das Verfahren anzusetzen. Zunächst im März 2021. Aber da musste auf Antrag der Staatsanwaltschaft noch geklärt werden, ob für den vielfach vorbestraften Angeklagten (zwischen dem 14. und 24. Lebensjahr war er nur drei Jahre auf freien Fuß) auch eine Sicherungsverwahrung in Betracht kommen könnte.

Als der Gutachter bestellt war, sollte der Prozess im Mai 2021 weitergehen. Doch da war die Nebenklägerin psychisch derart erkrankt, dass sie für weitere Ermittlungen nicht erreichbar war. Das Verfahren musste vorläufig eingestellt werden.

Aus Angst die gerade bezogene Wohnung wieder gewechselt

Erst Anfang 2025 tauchte sie wieder auf – und das Verfahren wurde wieder eröffnet. Trotz ihrer psychischen Labilität konnte die heute 77-Jährige als Zeugin gehört werden. Der Überfall habe sie schwer mitgenommen, erzählte sie. Sie habe damals sogar die Wohnung, die sie gerade bezogen hatte – und für die sie die Kaution abgehoben hatte – wieder gewechselt: „Aus Angst.“

Den Handtaschenräuber selbst habe sie nur von hinten gesehen, eine präzise Täter-Beschreibung konnte sie nicht abgeben. Ihre massiven Depressionen jedoch hätten nichts mit dem Überfall zu tun. Sie habe in ihrem Leben immer wieder damit kämpfen müssen.

Das milde Urteil habe einen guten Grund, so Kammervorsitzende Claudia Gelber: „Der Fall liegt einfach sehr lange zurück.“ Auch scheine sich der Angeklagte, der viele Jahre extrem heroinsüchtig war und straffällig wurde, „wieder gefangen“ zu haben. Der Angeklagte arbeitet heute als Berufskraftfahrer, hat eine Wohnung, in die er als alleinerziehender Vater mit seiner Tochter lebt. Laut Gericht ist er seit mehr als fünf Jahren auf freiem Fuß, ohne straffällig geworden zu sein.

Ob die Akte nun endgültig geschlossen werden kann, hängt jetzt davon ab, ob der Angeklagte das Urteil noch anfechten will.