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Publikum beeindrucktPoetry-Slammer Artem Zolotarov holt Euskirchener Kleinkunstpreis

Lesezeit 5 Minuten
Artem Zolotarov steht auf der Bühne mit ausgebreiteten Armen und geschlossenen Augen.

Die stimmungsvollen Poetry-Slamtexte verhalfen Artem Zolotarov zum Sieg beim 17. Euskirchener Kleinkunstpreis.

Den mit 1111 Euro dotierten Euskirchener Kleinkunstpreis hat Artem Zolotarov gewonnen. Mehr als 60 Künstler und Künstlerinnen hatten sich beworben.

Im vergangenen Jahr habe der Auftritt von Katharina Hoffmann beim Euskirchener Kleinkunstpreis für einige Verwirrung gesorgt. „Viele haben sich im Anschluss gefragt, wo man denn für die humorvolle Dame abstimmen könne. Die stehe gar nicht auf dem Wahlzettel“, erinnerte sich Organisatorin Gaby Bärenklau lachend. Doch diese Frage konnte schnell beantwortet werden.

In einem blau-grünen Anzug steht Horst Blue auf der Bühne und zeigt mit dem Zeigefinger der linken Hand ins Publikum.

Im bunten Anzug berichtete Horst Blue von seinen jüngsten Erfahrungen als Entertainer an Bord der MS Seegurke.

Nach ihrem Sieg beim Kleinkunstpreis im Jahr 2017 war die Berlinerin zum wiederholten Male als Moderatorin im Einsatz. Dabei habe sie erneut einen derart guten Eindruck hinterlassen, dass die Verantwortlichen die selbstgesteckte Regel, die Moderation nur zweimal derselben Person zu überlassen, über Bord warfen.

„Katharina sorgt vor und hinter der Bühne für so großartige Stimmung, dass wir sie auch für heute wieder eingeladen haben“, so Bärenklau. Eine Einladung, der die Kabarettistin am Samstag mit Freuden nachgekommen ist. „Der Euskirchener Kleinkunstpreis ist für mich der netteste Wettbewerb, den es in diesem Land gibt“, lobte Hoffmann. Dies sei nicht nur dem humoristischen Teil des Abends zu verdanken, sondern auch dem Engagement hinter den Kulissen des gastgebenden Vereins Frauen helfen Frauen.

Jury hatte bei der Auswahl keine leichte Aufgabe

Zum mittlerweile 17. Mal hatten die Veranstalter zur Teilnahme an dem mit 1111 Euro dotierten Preis eingeladen und durften sich über große Beteiligung freuen. Mehr als 60 Künstlerinnen und Künstler hatten sich mit einem kurzen Video um eine Teilnahme beworben. Und erneut sei es keine leichte Aufgabe für die Jury gewesen, aus diesen so abwechslungsreich gestalteten Humorhappen auszuwählen.

Nicht nur für die Vorauswahl, sondern auch für das Publikum sollte eine Person dabei in ganz besonderem Maße hervorstechen. Mit seinen eindrucksvollen Texten erlaubte Poetry-Slammer Artem Zolotarov nicht nur einen Einblick in seine Gefühlswelt, sondern machte auch seinem Publikum Mut, häufig unterdrückte Emotionen wie Angst mit seinen Mitmenschen zu teilen, um sie verarbeiten zu können.

Katharina Hoffmann hebt mit Schwung das linke Bein in die Höhe. Die Arme sind ausgebreitet.

Katharina Hoffmann hinterließ im letzten Jahr mit ihren Moderationen einen derart guten Eindruck, dass sie nun erneut den Euskirchener Kleinkunstpreis moderieren durfte.

Calvero der Clown steht an einem kleinen Tisch mit einer Kerze und einer Blumenvase und jongliert mit vier Bällen.

Ganz ohne Worte verzauberte Calvero der Clown sein Publikum mit einem spaßigen und fingerfertigen Auftritt.

„Ich bin immer noch tief beeindruckt von seinen Worten“, lobte Besucherin Karen. „Man verkriecht sich gerne schnell hinter seinen sicheren Mauern, wenn etwas nicht so läuft, wie man es gerne hätte. Aber die Texte haben mich wirklich aufgerüttelt, dass es dadurch eigentlich nur noch schlimmer wird.“

Aus Sicht der Angst erzählte Artem Zolotarov von einen Teufelskreis, bei dem es Überwindung koste, daraus auszubrechen. Zahlreiche Poetry-Slam-Wettbewerbe habe der in Mainz beheimatete Künstler bereits für sich entscheiden können, wie Moderatorin Katharina Hoffmann betonte, und am Samstag konnte er dieser Liste auch den Titel des Euskirchener Kleinkunstpreises hinzufügen.

Blick hinter die Kulissen einer Fluggesellschaft

Knapp hinter Artem Zolotarov reihte sich Marco Brüser in der Gunst der Zuschauer, die mit ihren abgegebenen Wahlzetteln für ihre Favoriten abgestimmt hatten, auf Rang zwei ein. Der Berufspilot, der aufgrund des Flugverbots während der Corona-Pandemie seinen Weg zurück auf die Showbühne gefunden hatte, begeisterte auch mit einem Blick hinter die Kulissen einer Fluggesellschaft.

Als Pilot verkleidet, gestikuliert Marco Brüser mit beiden Händen in Richtung Publikum.

Mit schwarzem Humor bewies Pilot Marco Brüser, dass er sich auf der Bühne deutlich wohler fühlt als im Cockpit.

Birgit Breuer steht am Mikro und hält ein Plüschtier in den Händen.

Stimmgewaltig und humorvoll begeisterte Birgit Breuer mit ihrer „Jäääzz-Comedy“.

„Ich habe häufig festgestellt, dass Comedy im Cockpit gar nicht gut ankommt“, scherzte der Comedian. Niemand habe hören wollen, dass man im Falle von Übelkeit Pfefferminztee und Schokolade zu sich nehmen solle, da das Erbrochene dann zumindest nach After-Eight schmecke. Zudem seien auch über den Wolken Missverständnisse zwischen den Generationen keine Seltenheit.

„Vor dem Start kam mal ein Junge ins Cockpit und ich dachte sofort, der möchte bestimmt ein Foto mit zwei coolen Piloten machen.“ Diesen Erwartungen zum Trotz habe der junge Besucher trocken gekontert: „Mir ist egal, was ihr hier vorne macht, aber könnt ihr mir mal das WLAN-Passwort geben.“

Sympathisch-humorvoller Auftritt sorgte für Stimmung

Komplettiert wurde das Siegertreppchen durch Pe Krieger, die mit ihrem sympathisch-humorvollen und auch ein wenig durchgeknallten Auftritt für Stimmung im Euskirchener Stadttheater sorgte. „Als ich 2020 mein erstes Soloprogramm geschrieben habe, ist plötzlich eine weltweite Pandemie ausgebrochen. Damals wollte ich das noch nicht persönlich nehmen, aber nach meinem ersten Auftritt zwei Jahre später brach in Europa ein Krieg aus, das hat mir dann doch zu denken gegeben.“

Ihre Eigenart, vieles im Alltag zu zerdenken, habe ihr von ihrer Mutter sogar das Geschenk einer selbstgestrickten Mütze in Form eines Gehirns eingebracht, berichtete die Musikkabarettistin, die in ihren Erzählungen und Liedern auch Gesellschaftskritik einfließen ließ. Dabei nahm sie nicht nur Bezug auf von der Kirche verursachte Schlagzeilen der jüngeren Vergangenheit, sondern auch auf politische Themen, bei denen sie wieder ihre „Gehirn-Mütze“ als Beispiel nahm. „Die sieht auch ein wenig aus wie ein Darm, und leider scheint bei einigen Menschen auch die Funktion beider Organe vertauscht“, so Krieger: „Da wird dann schon im Hirn verdaut, und dabei kann ja nur brauner Müll herauskommen.“

Erlös dient für Projekte des Vereins Frauen helfen Frauen

Doch nicht nur die bestplatzierten Akteure des Abends, sondern ausnahmslos alle Auftritte sorgten für zahlreiche Lacher beim Publikum. So erlaubte Horst Blue in seinem farbenfrohen Anzug einen Einblick in seine jüngsten Erfahrungen als Entertainer an Bord der MS Seegurke, und Thomas Franz bewies an der Gitarre und am Keyboard insbesondere mit seinem Ohrwurm über Säugetiere sein Talent für trockene Pointen.

Ganz ohne Worte gelang es Calvero, dem Clown, die Anwesenden mit spaßigem Slapstick und fingerfertiger Jonglage zu verzaubern, während die selbsternannte „Jäääzz-Comedienne“ Birgit Breuer stimmgewaltig und selbstironisch das Leben einer Jazz-Diva beleuchtete.

Getreu dem Veranstaltungsmotto „Gutes tun und dabei Spaß haben“ sei der 17. Euskirchener Kleinkunstpreis erneut für alle Beteiligten ein großer Erfolg gewesen, freute sich Gaby Bärenklau. Während der Erlös des Abends den drei Trägereinrichtungen des Vereins Frauen helfen Frauen zugutekomme, helfe die damit verbundene Öffentlichkeitsarbeit, Vorurteile abzubauen.

„Es gibt immer noch häufig Berührungsängste, da viele denken, wer zu uns kommt, hat auch immer Gewalt erfahren. Das trifft aber nur auf etwa 50 Prozent zu, denn wir helfen mit unserer Arbeit den Frauen auch bei anderen Problemen“, so Bärenklau. Außerdem sei Humor wie am heutigen Abend eine wundervolle Bewältigungsstrategie. Weitere Informationen gibt es auf der Homepage des Vereins Frauen helfen Frauen.