Nachdem er sich zwischenzeitlich in seine spanische Heimat abgesetzt hatte, steht ein 41-Jähriger jetzt wegen eines Überfalls vor Gericht.
Prozess in Bonn41-jähriger Mann soll Apotheke in Flamersheim überfallen haben

Vor dem Bonner Landgericht hat der Prozess gegen einen 41 Jahre alten Mann begonnen, der in Flamersheim eine Apotheke überfallen haben soll.
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Erschöpft von einer Nacht draußen in einer Euskirchener Grünanlage wachte ein Spanier am 12. Juni 2024 auf, rauchte das letzte Gramm Heroin, das er in seiner Tasche fand, stieg in einen Bus und fuhr nach Flamersheim. Dort wohnte sein Dealer, von dem er hoffte, auf Pump Drogen zu bekommen. Auf dem Weg fand er im Sperrmüll einen Hammer, packte den in eine Plastiktüte – und tat etwas, was er noch nie getan hatte: Er beging einen Überfall. Das wirft ihm die Staatsanwaltschaft im Prozess vor dem Landgericht Bonn vor.
„Warum der Überfall?“, fragte Claudia Gelber, Vorsitzende Richterin, den 41-Jährigen, der sich wegen schweren Raubes verantworten muss. „Ich weiß es nicht. Ich habe noch nie im Leben etwas geklaut.“ An dem Morgen sei er verzweifelt gewesen, „vollkommen kaputt, kein Geld, keine Drogen, ich musste irgendwie an Geld kommen“.
Verdächtiger nach einer Nacht im Gewahrsam wieder entlassen
2022 sei er auf der Suche nach Arbeit nach Deutschland gekommen und irgendwann in Euskirchen gelandet, verdiente Geld als Erntehelfer und auf dem Bau, wohnte bei einer Freundin. Als sie sich 2023/ 2024 trennten, lebte er auf der Straße, griff zu Rauschgift und Alkohol: jeden Tag eine Flasche Wodka und bis zu fünf Gramm Heroin, für das er pro Gramm 20 Euro zahlte.
In seinem ausführlichen Geständnis berichtete der Mann, wie er seine Kappe tief in die Stirn, den Pullover vor den Mund gezogen und gegen 11.45 Uhr eine Apotheke betreten habe. Er habe den Inhaber angesprochen, den Hammer aus der Tüte geholt und ihn in Schulterhöhe in Richtung des Mannes gehalten. Der Apotheker sei von der Kasse zurückgewichen, der 41-Jährige habe die Schublade geöffnet und 195 Euro genommen. 50- und 20-Euro-Scheine blieben unberührt in den Sortierfächern. Bevor er die Apotheke verließ, schlug der Mann mit dem Hammer gegen die Glastür und beschädigte den rechten Flügel: „Ich hatte Angst, nicht mehr rauszukommen.“
Draußen warf er das Werkzeug und die Einkaufstüte weg und versteckte sich. 25 Minuten später entdeckten ihn die Polizisten und nahmen ihn nach einem kurzen Fluchtversuch fest. In seiner Vernehmung stritt er den Überfall ab und wurde am folgenden Morgen nach einer Nacht im Gewahrsam entlassen. Polizisten hatten in der Tüte eine Wasserflasche mit seinen Fingerabdrücken gesichert und die mutmaßliche Beute beschlagnahmt.
Angeklagter setzte sich für ein Dreivierteljahr nach Spanien ab
Kaum in Freiheit, erhielt der Angeklagte von einem Bekannten aus der Szene etwas Heroin, konsumierte es und rief seine Mutter in Spanien an, die ihm Geld auf sein Konto überwies. Damit zahlte er per Handy eine Busfahrkarte nach Barcelona, wo er am folgenden Tag ankam.
Fast ein Dreivierteljahr lebte der 41-Jährige bei seiner Mutter, traf sich mit seinen drei Kindern, die bei seiner Ex-Partnerin wohnten, überstand mithilfe seiner Familie den Drogenentzug, arbeitete wieder auf dem Bau. Aber er ließ die Finger nicht vom Alkohol. Am 19. März 2025 verursachte er betrunken in Barcelona einen Autounfall. Die spanische Polizei stellte fest, dass er wegen des Apothekenüberfalls mit einem europäischen Haftbefehl gesucht wurde. Er saß zwei Monate in Auslieferungshaft, dann stiegen zwei Polizisten aus Euskirchen in einen Flieger nach Barcelona und brachten ihn nach Deutschland.
Das Urteil soll Ende Oktober gefällt werden.