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Stromnetz muss intelligent werdenFast 40 öffentliche Ladestationen in Euskirchen

Lesezeit 5 Minuten
Die Energieversorger ene und e-regio haben inzwischen einige öffentliche Ladestationen im Kreis installiert.

Die Energieversorger ene und e-regio haben inzwischen einige öffentliche Ladestationen im Kreis installiert.

  • 1.941 Hybrid-Fahrzeuge fahren bereits im Kreis Euskirchen - Tendenz steigend!
  • Doch wo kann man die Autos in Euskirchen und Umgebung tanken?
  • Zwei Versorgungsunternehmen berichten über den Stand der Technik in Euskirchen und das Knackpunkthema Ladestationen.

Kreis Euskirchen – Trotz „Fridays for Future“-Demonstrationen und Protesten am Hambacher Forst gegen die Kohle-Verstromung kommt die Energiewende in Deutschland nur langsam auf Touren. Eigentlich, so bemerkt ene-Geschäftsführer Markus Böhm, habe die Politik ja vor einiger Zeit die Devise ausgegeben, dass ab dem Jahr 2020 eine Million Elektro-Fahrzeuge unterwegs seien. Doch davon ist man noch weit entfernt. So zählt die Kreisverwaltung mittlerweile 345 Fahrzeuge, die hier mit reiner Elektrokraft auf den Straßen rollen. Im März 2018 waren es nur 189 Fahrzeuge. Inklusive kombinierter Hybrid-Antriebe (Diesel oder Benzin) sind es sogar 1941 Fahrzeuge (Vorjahr 972 Fahrzeuge).

40 Ladestationen für die Region

Die Versorgungsunternehmen ene und e-regio haben, wie ein Blick auf die Karte „Ladestationen für Elektroautos“ zeigt, ihre Hausaufgaben gemacht und das Kreisgebiet mit fast 40 Ladesäulen bestückt. Je nach Bedarf würden sogar weitere hinzukommen, kündigt ene-Geschäftsführer Markus Böhm an (siehe „Am Kreishaus wird gern geladen“).

Nach Angaben des ADAC sind derzeit in Deutschland rund 180 000 E-Autos inklusive Plug-in-Hybride – sie fahren mit Strom und herkömmlichem Kraftstoff – unterwegs. In zehn Jahren, so die Prognose, könnten es zehn Millionen sein. Dafür, so schätzt der Automobilclub, benötige man rund 30 Terawattstunden (ein TWh entspricht einer Billion Watt) mehr pro Jahr. Das seien 5,6 Prozent der Stromproduktion im Jahr 2018.

Hohe Unsicherheit über die zukünftige Ausgestaltung der E-Mobilität

Von der Energieerzeugung her wäre also der Umstieg aufs E-Auto durchaus machbar. Und die Automobilindustrie scheint derzeit intensiv auf das Thema E-Auto zu setzen. Doch sollte es tatsächlich zu einem Elektroboom kommen, wären dann die hiesigen Netze überhaupt dem riesigen Bedarf gewachsen? Eine Frage, die auch bei den Versorgern für angeregte Diskussionen sorgt.

Am Kreishaus wird gern geladen

Bis auf den äußersten Süden des Kreises Euskirchen ist die Abdeckung mit Ladestationen für Elektroautos derzeit schon ganz ordentlich. Sporadisch werde zwar noch die ein oder andere Säule dazukommen, sagt Markus Böhm, Geschäftsführer der ene in Kall, doch zukünftig werde man eher an bestehenden Standorten die Zahl der Ladepunkte erhöhen. Sowohl ene als auch die mit ihr fusionierende e-regio haben einen genauen Überblick über die Nutzung der einzelnen Ladesäulen.

Bei der Hitparade der ene steht die im Juli 2016 am Euskirchener Kreishaus etablierte Station mit 1857 Ladevorgängen auf Platz eins (Stand Mai 2019).Es folgen die Bad Münstereifeler Station am Werther Tor (1662 Ladevorgänge seit Januar 2017) und im Südkreis die Station auf dem Schleidener Pont-l’Abbé-Platz (1572 Ladevorgänge seit Januar 2015).

Auch Ilona Schäfer von der e-regio hat eine Hitliste: An der Spitze der öffentlichen Stationen steht die im Dezember 2016 errichtete Station auf dem Euskirchener Annaturmplatz (812 Ladevorgänge). Es folgen die Thermen- und Badewelt Euskirchen mit 792 Ladungen (seit Februar 2016) und die Station am Sittardweg in Bad Münstereifel mit 555 Ladevorgängen (seit April 2017). (pe)

Markus Böhm (ene) nennt ein Beispiel. Wenn in einem Baugebiet an einem Stromkreis 50 Einfamilienhäuser angeschlossen würden, und alle kauften sich zeitgleich ein Elektrofahrzeug und installierten Lademöglichkeiten, werde das Probleme bereiten. „Wenn alle zeitgleich laden wollen, wird das nicht funktionieren“, sagt Böhm. Er verweist auf eine aktuelle Aachener Studie zur Netzintegration der Elektromobilität der Forschungsgemeinschaft für elektrische Anlagen und Stromwirtschaft e.V. (FGH). Demnach besteht derzeit eine hohe Unsicherheit über die zukünftige Ausgestaltung der E-Mobilität und ihrer Auswirkungen. Das stellt ein hohes Risiko für Netzbetreiber dar, die die Entwicklung steuern können müssten, heißt es in der Studie.

e-regio engagiert sich ausdrücklich für umweltfreundliche Mobilität

Ilona Schäfer von der e-regio erwähnt indes eine Studie, nach der erst ab einem E-Auto-Anteil von rund 30 Prozent Veränderungen am Netz stattfinden müssten. Bisher liege der Anteil von E-Fahrzeugen jedoch lediglich bei etwa ein bis zwei Prozent. Böhm konstatiert, es werde halt eine Entwicklung mit einer wachsenden Zahl von Fahrzeugen geben. Dabei müsse das Netz sukzessive ausgebaut werden. Entscheidend in der Flächenregion sind nicht die öffentlichen Ladestationen, sondern die privat vorgehaltenen Lademöglichkeiten.

Wer sich heute von der ene eine dafür benötigte Wallbox installieren lässt, muss für das 11-kW-Gerät von Amtron mit einer Ladezeit von drei bis vier Stunden 761,60 Euro für die Installation zahlen. Die 22-kW-Box, die die Ladung in der Hälfte der Zeit schafft, kostet 916,30 Euro. Der getankte regionale Ökostrom, so wirbt die ene, werde mit 20 Cent pro kWh berechnet. Auch die e-regio engagiert sich ausdrücklich für umweltfreundliche Mobilität. „Wir sorgen für eine Grundausstattung an Ladeinfrastruktur in unserer Region und ermöglichen unseren Kunden das Laden zu Hause“, erläutert Ilona Schäfer. Da die jeweilige Installation in der Regel beim örtlichen Netzbetreiber gemeldet werden müsse, habe man auch die Netzstabilität immer im Blick.

Stromnetz muss intelligent werden

Die Aachener FGH-Studie weist außerdem darauf hin, dass es entscheidend für das Gelingen der E-Mobilität sei, dass künftig eine zeitliche Steuerung der Ladeeinrichtungen durch den Netzbetreiber erfolge und zum anderen lokal erneuerbare Energien ins Netz eingespeist würden. Das trifft auf den Südkreis, in dem Strom durch zahlreiche Windkraftanlagen erzeugt wird, natürlich im hohen Maß zu. Gleiches gilt für private Fotovoltaik-Anlagen, mit denen Bürger ihr eigenes Auto laden können.

Auf die Frage, ob es irgendwann einmal eng werden könnte, wenn zu viel Autostrom aus dem Netz gezapft werde, antwortet Böhm: „Eng wird es bei einer hohen Gleichzeitigkeit des Ladens im Netz.“ Das Stromnetz müsse intelligent werden, dazu laute das Schlagwort Smart Grid. Sollte sich die Elektromobilität letztendlich durchsetzen, werde das aber durchaus auch Auswirkungen auf die Netzplanung der Zukunft haben.

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