JubiläumZülpicher Café bringt seit 20 Jahren Menschen bei fairen Kaffeepreisen zusammen

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Monika Geißler serviert im Fair-Café in Zülpich einer Besucherin eine Tasse Kaffee.

Fairer Genuss zu günstigen Preisen: Das Fair-Café in Zülpich will eine Anlaufstelle für alle sein.

Eine Anlaufstelle, damit sich die Menschen in Zülpich vernetzen können, das wollte der Verein Fair-Zülpich vor 20 Jahren schaffen.

Ein sonniger Herbstmorgen in Zülpich – vor dem Fair-Café an der Münsterstraße sitzt eine Gruppe Rentner in dicke Jacken und Decken gemummelt und trinkt Kaffee. Eine Frau mit Kinderwagen kommt vorbei, bleibt kurz stehen und unterhält sich mit der Gruppe.

Menschen zusammenbringen – das war das Ziel von Joachim Berg als er mit neun anderen vor 20 Jahren den Verein Fair-Zülpich und damit das Fair-Café gründete. „Und es läuft, Gott sei Dank, immer noch“, sagt er. 

Fair-Café in Zülpich will Menschen miteinander vernetzen

Er habe damals im Stadtmarketing gearbeitet und ihm sei aufgefallen, dass es zwar viele Gruppen in Zülpich gebe, die sich vielfältig sozial engagierten, die jedoch kaum vernetzt gewesen seien. „Und da war die Idee, dass man da einen Treffpunkt schaffen könnte.“ Es sollte aber nicht nur ein Treffpunkt sein, sondern selbst ein soziales Projekt.

Zu dieser Zeit habe es in Zülpich einen ökumenischen Arbeitskreis zum Thema fairer Handel gegeben. Die Gruppe habe solche Produkte in den Kirchen verkauft, sich aber immer einen eigenen Laden gewünscht. Schnell sei die Idee gekommen, sich zusammenzutun.  

Damals habe das Land Fördermittel für nachhaltige Entwicklung verteilt. „Die haben uns den Mut gegeben, zu sagen, wir machen das einfach mal“, berichtet Berg. Der Verein Fair-Zülpich wurde gegründet. Berg übernahm den Vorsitz, gab ihn aber zwischendurch für zehn Jahre an Klaus Juschka ab. Und noch einen Namen möchte der 68-Jährige nicht unerwähnt lassen: Der bereits verstorbene Dieter Pritzsche habe den Verein mitgegründet und stark geprägt.

Zülpicher waren zunächst skeptisch

Die Zülpicher seien am Anfang nicht so überzeugt von dem Konzept gewesen. „Das ist ja eine nette Idee, aber das wird nicht funktionieren“ – solche Sätze habe er in der Zeit häufiger zu Ohren bekommen, erinnert sich Berg und schmunzelt. 

Die Leute sollten nicht Recht behalten. Das Café hat an jedem Wochentag geöffnet und fast immer sieht man Leute dort sitzen. Mittwochs und freitags hat es allerdings nur vormittags geöffnet. Da seien die Arztpraxen nachmittags geschlossen und dadurch deutlich weniger Kundschaft in der Stadt, erklärt Berg. Am Wochenende öffnet das Café nur Samstagsvormittags – mehr sei mit ehrenamtlichen Kräften nicht zu stemmen.

Etwa 40 Ehrenamtliche halten den Laden und das Café am Laufen. Berg ist dafür dankbar, ohne sie würde das ganze Projekt nicht funktionieren.

Joachim Berg und seine Frau Bettina Berg-Linde stehen im Verkaufsbereich des Fair-Cafés in Zülpich und präsentieren Kaffee und Schokolade.

Das Fair-Café sei der Fachmarkt für Kaffee und Schokolade, sagt Joachim Berg, Vorsitzender von Fair Zülpich. Seine Frau Bettina Berg-Linde ist für das Angebot zuständig, das neben Kaffee und Schokolade von Kunsthandwerk bis zu Seifen reicht,

Den Gewinn, den Café und Laden erwirtschaften, gibt der Verein an regionale Projekte wie die Notschlafstelle und internationale Organisationen wie den Verein Netz Bangladesch.

Um ihrem Anspruch gerecht zu werden, eine Anlaufstelle für alle Menschen zu sein, bietet das Fair-Café den Kaffee zu günstigen Preisen an: Eine Tasse kostet 1,40 Euro, Tee ist 10 Cent teurer und Wasser gibt es umsonst.

Viele Geflüchtete fanden im Fair-Café eine Anlaufstelle

Nachdem 2015 viele Geflüchtete auch in den Kreis gekommen seien, habe der Verein schnell dafür gesorgt, dass es im Café freies WLAN gab, um auch für sie eine Anlaufstelle zu sein.

Viele Geflüchtete hätten im Café Anschluss und auch Arbeit gefunden. Aber auch Menschen, die aufgrund von Krankheit oder anderen Problemen nicht in der Lage seien, einem 40-Stunden-Job nachzugehen, hätten über ein Engagement im Fair-Café Halt und Struktur erfahren und sich so ein Leben aufbauen können. „Ich habe hier schon viele tolle Menschen kennengelernt“, sagt Berg. 

Fair-Zülpich sucht jungen Nachwuchs

„Ab und zu kriegen wir auch vom Gericht jemanden geschickt, der Sozialstunden ableisten muss. Was gut ist, weil das meist junge Leute sind“, berichtet er weiter. Der Verein habe zwar seit Jahren stabile Mitgliederzahlen, aktuell etwa 80 Männer und Frauen, aber überwiegend kommen Menschen mittleren und höheren Alters. „Ich würde mir wirklich wünschen, dass es uns noch besser gelingt, die jüngere Generation für unsere Themen zu begeistern“, formuliert Berg eine Hoffnung für die Zukunft.

Schließlich könnten die großen Themen der kommenden Jahre wie die Klimakrise nur durch eine internationale Zusammenarbeit auf Augenhöhe angegangen werden. Und genau dafür setze sich Fair-Zülpich seit seiner Gründung ein. Nicht umsonst habe er den Namenszusatz „Verein für Solidarität und Gerechtigkeit“.


Jubiläumsfest mit Konzert und Vortrag

Sein 20-jähriges Bestehen feiert Fair-Zülpich am Sonntag, 29. Oktober, ab 18 Uhr in der Bürgerbegegnungsstätte Martinskirche. Die Gäste erwartet ein Vortrag von Bettina Pöpping, die viele Jahre für Ärzte ohne Grenzen in verschiedenen afrikanischen Ländern unterwegs war. Anschließen lädt die Band Goleine von Charlotte Haesen zu einer musikalischen Reise durch die Kulturen. „Die Band ist schon richtig gut“, bewirbt Joachim Berg die Veranstaltung. 

Der Verein habe schon viele tolle Konzerte organisiert und bemühe sich immer, einfach einen schönen Abend für alle zu gestalten. Der Eintritt zum Konzert ist frei. Die Spenden gehen an Ärzte ohne Grenzen. (jre)

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