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Bürger werden beteiligtWindpark-Baustelle bei Rövenich ruht wegen Lieferschwierigkeiten

Lesezeit 5 Minuten
Die einzelnen Bauteile eines Windrades liegen um einen blauen Kran herum auf einem Feld bei Zülpich-Rövenich.

Warten auf das letzte Teil: Auf dem Feld liegen die verschiedenen Bauteile einer Windkraftanlage, auch ein Kran steht schon bereit.

Auf der Windpark-Baustelle bei Zülpich-Rövenich fehlt ein Teil, um weitermachen zu können. Die Bürgerbeteiligung stößt indes auf großes Interesse.

Salvador Villalpando ist genervt: „Alle warten. Alles ist fertig montiert.“ Der Bauleiter der SL Naturenergie steht auf einem Feld an der L264 zwischen den Bauteilen eines Windrads. Turmteile, Flügel, Generator, Rotornabe – alles da. Aber eben nur fast alles. Ein Stahlbauteil fehle noch, berichtet Villalpando. Erst dann könne alles zu einem Windrad zusammengebaut werden: „Wie ein großes Lego.“ Das Bauteil sollte längst da sein. „Eigentlich sind wir schon im Verzug, wegen dieser Lieferung“, ärgert er sich.

Bis Ende des Jahres will die SL Naturenergie den Windpark in Betrieb nehmen. Das Windrad, an dem der Bauleiter gerade steht, ist eines von neun Stück. Mit einer Nabenhöhe von 92 Metern seien diese Windräder geradezu klein, sagt Villalpando. „Wegen des Militärflughafens geht es leider nicht höher“, führt Pressesprecherin Stefanie Flam aus.

Rotordurchmesser beträgt 115 Meter – und der ist wichtiger als die Höhe

Entscheidend sei bei einem Windrad aber sowieso eher der Rotordurchmesser, nicht die Höhe. Der betrage bei den hier geplanten Windrädern 115 Meter.   Die Nennleistung pro Rad liege bei 4,2 Megawatt, so Flam weiter. Es werde also genug Wind eingefangen. Und ein großer Rotordurchmesser habe noch einen Vorteil: Die Räder drehten langsamer. „Das ist einfach angenehmer fürs Auge“, so Flam weiter.

55 Millionen Kilowattstunden Strom soll der neue Windpark künftig pro Jahr erzeugen. Laut der SL Naturenergie könne man damit rein rechnerisch 19.000 Haushalte versorgen und 40.000 Tonnen CO2 einsparen. Dafür muss er aber auch fertig werden. Genehmigungen für Schwerlasttransporte zu bekommen, sei im Moment aufgrund vieler Baustellen und maroder Brücken schwierig, sagt Flam. Ändere sich nur ein kleines Detail am Transport, müsse der gesamte Genehmigungsprozess erneut durchlaufen werden. „Das ist Deutschland“, sagt sie.

Flächen für Windräder gehören Landwirten aus der Region

Die neun Windräder stehen auf Äckern zwischen der L264, der B265, Mülheim, Wichterich und Scheuren. Die Grundstücke gehören laut Flam und Villalpando Landwirten aus der Region. Und für diese sei der Bau der Windräder durchaus lukrativ. „Das ist ein zusätzliches Einkommen aus der Luft“, sagt Villalpando: „Die Eigentümer sind glücklich.“ Bei den landwirtschaftlichen Pächtern sehe das schon anders aus. Denn die verlieren Ackerland.

Grundsätzlich habe die SL Naturenergie aber nicht mit Widerstand aus der Bevölkerung zu kämpfen, betont Flam. Sie vermutet, dass das auch daran liegt, dass hier schon einige Windräder gebaut wurden. Probleme gebe es eher in den Regionen, in den es noch kaum Windkraft gebe.

Das Bild zeigt einen Blick auf die Windpark-Baustelle bei Rövenich.

Ein gelber Kran hebt eine Leiter in die Höhe, an der zwei Bauarbeiter stehen.

Das Bild zeigt den Bauleiter. Er trägt eine gelbe Weste und einen blauen Helm.

Bauleiter Salvador Villalpando steht vor und neben Bauteilen für ein Windrad.

„Ich habe bisher nichts Negatives gehört“, bestätigt Theo Schwellnuss (CDU), Ortsvorsteher von Mülheim und Wichterich. Die beiden Orte mit insgesamt knapp 1500 Einwohnern haben bereits auf östlicher Seite in Richtung A1 einen Windpark stehen, nun kommen die neun Anlagen im Westen hinzu. Lediglich eine Dame habe sich beschwert, dass der entstehende Windpark unmöglich aussehe, so Schwellnuss.

Ob die stillschweigende Akzeptanz der Windräder damit zusammenhänge, dass man den Anblick schon gewohnt sei oder damit, dass die neuen Anlagen nicht so groß seien, könne er nicht sagen. Positiv werde im Ort die geplante Bürgerbeteiligung betrachtet, so der Ortsvorsteher weiter. Immer wieder werde er gefragt, wie man da mitmachen könne.

Details zur Bürgerbeteiligung sind noch in Arbeit

Die Details zur Bürgerbeteiligung seien noch in Planung, berichtet Flam. Aber man werde die Anwohner über viele Veröffentlichungswege darauf aufmerksam machen. Unter anderem sollen alle teilnahmeberechtigten Haushalte Flyer per Post erhalten. Teilnahmeberechtigt seien meistens die Bürgerinnen und Bürger aus Orten, die am nächsten an dem Windpark liegen, so die Pressesprecherin: „Wir möchten, dass die Menschen, die hier wohnen, von den Anlagen profitieren können.“

Zusätzlich zu der Bürgerbeteiligung ist auch eine Stiftung geplant. Diese soll jährlich 1 bis 1,5 Prozent der Erträge zur Verfügung gestellt bekommen und dieses Geld an lokale Vereine verteilen. „Wir haben Windparks, wo fünf bis sechs Anlagen stehen, da kommen an die 60.000 Euro zusammen“, rechnet Flam vor.

Auch die Stadt Zülpich wird an Einnahmen des Windparks beteiligt

Entscheiden, welche Vereine Geld erhalten, sollen Zülpicher Bürgerinnen und Bürger. „Die wohnen hier und kennen sich aus“, begründet sie dieses Vorgehen. Theo Schwellnuss ist noch verhalten optimistisch, ob das mit der Stiftung wirklich so umgesetzt wird. Auf dem Papier klinge das aber erst einmal gut.

Und auch die Stadt Zülpich wird an den Einnahmen des Windparks beteiligt. Sie erhält 0,2 Cent pro erzeugter Kilowattstunde. Bei 55 Millionen Kilowattstunden, die SL Naturenergie berechnet hat, wären das rund 100.000 Euro im Jahr. Hinzu kommen 95 Prozent der für den Windpark fällig werdenden Gewerbesteuer. Die übrigen fünf Prozent gehen an die Stadt Gladbeck, wo die SL Naturenergie ihren Unternehmenssitz hat. Gesetzlich vorgeschrieben ist eine Trennung von mindestens 90 zu 10 Prozent.

Dass auf der Fläche mit Wind Strom erzeugt werden kann, ist bei dem Ortstermin zu spüren: Es zieht ordentlich. Doch für die Bauarbeiten ist das eher ein Nachteil. Denn beim Zusammenbau der Anlagen können die Arbeiter vor allem eins ironischerweise nicht brauchen: Wind.

Bei gutem Wetter rechnet Villalpando mit einer Montage-Zeit von zwei Wochen pro Windrad, inklusive Auf- und Abbau des Krans. Damit kann es losgehen, sobald die fehlenden Teile da sind. Dann muss noch ein Umspannwerk gebaut werden, das im Oktober in Betrieb genommen werden soll. Sobald das geschehen ist, sollen auch die Windkraftanlagen eine nach der anderen ans Netz gehen. Doch nun heißt es erst einmal: Warten auf das fehlende Bauteil.