Nachhaltig ArbeitenElektriker aus Zülpich entwerfen grüne Stromkonzepte

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Matthias Weber bedient die Tesvolt-Anlage, die den Strom für das Priogo-Bürogebäude speichert.

Zülpich – Wer gern Rätsel löst, der sollte Elektriker werden, sagt Matthias Weber. Technisches Verständnis dagegen sei weniger wichtig: „Das lernt man alles in der Ausbildung.“ Weber hat selbst eine Lehre zum Elektriker beendet, nun plane er seinen Meister, ebenfalls in seinem Ausbildungsbetrieb Priogo.

Ein Beruf mit Zukunft sei das auf jeden Fall, ist er überzeugt, wenn man sich bewusst für einen nachhaltigen Fachbereich oder eine nachhaltige Firma entscheide. „Wäre ich nach der Schule anders abgebogen, hätte ich mich vielleicht für eine Spezialisierung in Richtung Kernkraft oder so entschieden. Jetzt bin ich richtig zufrieden, dass ich mich um Solaranlagen kümmere“, sagt der 26-Jährige.

Breites Aufgabengebiet zwischen Büro und Baustelle

Wer nun erwartet, dass Weber den ganzen Tag auf dem Bau verbringt, täuscht sich allerdings. „Ich fahre auch raus, aber koordiniere auch viel vom Büro aus und mache Planungen“, erklärt er. Sein Aufgabenfeld sei breitgefächert und abwechslungsreich und man wisse oft nicht, was der Arbeitstag bereithalte. Planung – das bedeute nicht nur, wo wird welches Kabel gelegt, sondern auch, wie der Stromkreis aufgebaut sein soll.

Tatsächlich seien Elektriker auf Außeneinsätzen je nach Einsatzort zu großen Teilen damit beschäftigt, nach dem Fehler im Stromkreis zu suchen. „Oft ist es eine Ratte“, sagt Weber: Das sei sogar besonders gefährlich. Denn an den angefressenen Kabeln könne man sich einen Stromschlag einfangen. „Das Problem an der Sache ist dann, dass man erstmal suchen muss, bevor man die Ratte dann irgendwo hängen sieht. Bis dahin hat man sich dann aber unter Umständen schon eine gefangen“, so der 26-Jährige.

Kuriose Vorfälle mit Tieren

Das allerdings komme äußerst selten vor: „Ich glaube, ich habe bis jetzt drei oder vier Stromschläge mitbekommen.“ Einmal sei es sogar ein Hund gewesen, der die Kabel angebissen hat. Das sei schon ein kurioser Vorfall gewesen, so Weber: „Der hat sich durch das Plastik durchgebissen, dann durch die Isolierung vom Kabel, hat dann einen Schlag bekommen, aber keiner hat’s mitbekommen und der Hund ist anscheinend einfach weggelaufen“, erzählt der Elektriker.

Ein oder zwei Wochen später habe er dann einen Anruf des Kunden bekommen, dass die Solaranlage nicht mehr funktioniere. „Wir also hin, geprüft, ok: Isolationsfehler“, fasst Weber zusammen: „Wir sind rumgegangen, haben ohne Ende auf dem Dach gesucht, im Keller ebenso. Irgendwann haben wir an der Außenfassade festgestellt: Okay, da ganz unten am Übergangspunkt in den Keller rein, da war der Fehler.“

Heute für die Zukunft vorsorgen

Nachhaltigkeit

Welchen Beruf will ich ausüben? Eine Frage, die das gesamte restliche Leben prägen kann. Gerade in der heutigen Zeit drängt sich bei der Frage nach der Berufswahl auch das Thema Nachhaltigkeit in den Fokus. In welchen Jobs können Berufseinsteiger die Umwelt schützen? Welche Jobs haben auch in zwanzig, dreißig Jahren noch Bestand? 

Berufsbilder der Zukunft

In der neuen Serie „Nachhaltig Arbeiten“ geben verschiedene Protagonisten aus dem Kreis Einblicke in Berufsbilder der Zukunft. Dabei soll es vor allem darum gehen, jungen Menschen ein Bild davon zu vermitteln, wie der Arbeitsalltag der Protagonisten aussieht und wie der Beruf etwas zur Nachhaltigkeit beiträgt.

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Matthias Weber erklärt gerne und bereitwillig jedes noch so kleine Detail, wenn es um das Thema Elektrik geht. Was ist ein Drehstrommotor? Ein Motor, der sich mithilfe dreier Magnete dreht. Was ist der Unterschied zwischen einem FI-Schalter und einer Sicherung? „Ein FI ist ein Fehlerstrom-Schutzschalter. Eine Sicherung misst nur, wie viel Strom fließt. Der Fehlerstromschutzschalter misst, wohin der Strom fließt“, erklärt Weber und zückt den Stift: „Stell dir den Strom als Autos vor, die in ein Parkhaus fahren.“

Bei dem Parkhaus handelt es sich um besonders gefragte Abstellfläche, denn vor jeder Einfahrt gibt es am Anfang der Straße einen Kontrolleur, der die Autos zählt. Beim Reinfahren müssen die Autos dann noch mal gezählt werden. Und wenn es weniger sind als bei der ersten Kontrolle, dann müssen die Autos an einer unvorhergesehenen Stelle abgefahren sein. Um die Analogie enden zu lassen: Die „Abfahrt“ dieses Stroms könnte etwa ein ungewollter Stromschlag beim Griff in eine Steckdose sein.

Priogo-Mitarbeiter parken "unhöflich"

Jede Erklärung wird untermalt durch Webers Zeichenkünste auf einem Blatt Papier. Viel Zeit dazu hat er aber nicht, denn in dem Büro herrscht geselliges Treiben: Ständig klingelt sein Telefon, er koordiniert Termine oder jemand steht mit einer Frage im Türrahmen. Der Elektriker entschuldigt sich und entschwindet, um etwas zu erledigen. Kaum ist er zurück, erwartet ihn schon sein Kollege. Ein Monteur brauche einen neuen Parkausweis. „Das ist ein Handwerkerparkausweis, der berechtigt Monteure, unhöflich zu parken“, scherzt Weber, bevor er sich um das Anliegen kümmert.

Wer gerne Onlineshopping betreibt, hat eventuell ebenfalls Freude an Webers Job: Er versorgt Monteure mit Werkzeugen und Arbeitsausrüstung. Beides kauft er eigenständig ein. Es liegt in seiner Verantwortung, dass die Handwerker vernünftig arbeiten können. „Viele Leute denken, man muss heutzutage studieren, um einen verantwortungsvollen Job zu machen. Aber das geht auch mit einer Ausbildung“, erklärt Weber.

Zertifizierter Strom aus Fotovoltaik-Anlagen

Auch Bärbel Schirmer-Hirn hat bei Priogo eine individuelle Arbeitslösung gefunden. Sie ist ebenfalls ausgebildete Elektrikerin und kümmert sich in der Firma um die Zertifizierung der Fotovoltaik-Anlagen. Damit die Anlagen etwa auch Strom ins öffentliche Netz speisen können, müssen sie eine entsprechende Zertifizierung vorweisen können.

Dass sie nicht mehr auf die Baustellen rausfährt, habe gesundheitliche Gründe, erzählt Schirmer-Hirn. „Ich habe ein kaputtes Knie, dadurch musste ich von der Baustelle ins Büro wechseln. Aber hier ist auch ein bisschen technisches Know-how gefragt“, sagt sie. Das habe sie am Ende auch gereizt, den Job zu machen, weil ihr die technische Arbeit Spaß bereite.

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Kümmert sich um Zertifikate und kann Energieströme mithilfe eines Biers erklären: Bärbel Schirmer-Hirn.

Zunächst hatte sie nicht damit gerechnet, als Elektrikerin im Büro arbeiten zu können. Und an Priogo hatte sie auch nicht gedacht. „Von Solar hatte ich keine Ahnung“, gibt sie zu: „Was für ein Aufwand dahinter ist, das war mir nicht bewusst. Das Beste daran ist, dass man ständig Neues lernt.“ Denn gerade dieser Branchenzweig entwickle sich aktuell immer weiter, was äußerst spannend sei, mitzuverfolgen: „Das ist nicht nur ein Job mit Zukunft, sondern auch ein Job mit Perspektiven. Man lernt nie aus.“

Was besonders nachhaltig an ihrem Job ist, liegt für die 37-Jährige so deutlich auf der Hand, dass sie es kaum mehr erwähnen möchte: „Solaranlagen – das erklärt sich doch von selbst. Die Sonne ist immer da, wir verbrauchen keine Kohle, wir machen keine Ozonlöcher kaputt. Wir nutzen die Wärme, um Strom zu erzeugen. Was gibt es Schöneres, als umweltfreundlichen Strom zu haben?“

Dem Planeten möglichst wenig schaden

Ihrer Auffassung nach sollte es eine Selbstverständlichkeit sein, dass jeder darauf achte, der Erde möglichst wenig zu schaden: „Wir wollen alle noch eine Weile leben. Also sollten wir gucken, dass wir unseren Planeten so gut wie möglich zu schützen.“

Gerne würde sie sich auch selbst eine Solaranlage auf ihr Hausdach bauen, sagt Schirmer-Hirn, doch das sei leider nicht möglich: „Ich wohne in einem Mehrfamilienhaus und die Dachfläche ist nicht so groß. Jedem, der die Möglichkeit hat, empfehle ich aber, sich eine solche Anlage aufs Dach zu bauen – auch aufgrund der steigenden Strompreise.“

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Wer aktiv etwas zum Umweltschutz beitragen wolle, für den sei der Beruf des Elektrikers definitiv geeignet, versichert die 37-Jährige. Direkt nach der Schule in die Ausbildung einzusteigen, hält sie für sinnvoll, damit man den Beruf „von der Pike auf“ lernen kann. „Und das Schöne ist: Man denkt bei Elektriker immer an Dreck und harte Arbeit. Aber das ist es eben nicht nur, wie man bei mir gut sehen kann“, sagt Schirmer-Hirn. 

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