Dreijähriges Projekt setzt sich mit Flucht, Social Media, KI und Ehrenamt auseinander. Workshops und Aufführungen in Zülpich und dem Rhein-Erft-Kreis geplant.
Projekt mit Social-MediaSchüler aus Zülpich, Lechenich und Kerpen sollen kreativ sein

Mit Musik, Gesang und Theater zeigte die Gruppe „Music4everybody“, wie das Projekt interpretiert werden kann.
Copyright: Tom Steinicke
Für eine Generation, über die gerne gesagt wird, dass sie vor allem im Hier und Jetzt lebe, nur noch eine kurze Aufmerksamkeitsspanne habe und deren Alltag von Influencern in Social-Media-Bubbles geprägt werde, ist ein dreijähriges Projekt gefühlt eine Lebensaufgabe.
Genau da setzt „Youth4Change – Celebrating Diversity“ an. Das ist ein dreijähriges integratives Medienprojekt für Toleranz und Vielfalt in Zülpich und dem Rhein-Erft-Kreis. Knapp 300 Schülerinnen und Schüler von sechs weiterführenden Schulen in Zülpich, Kerpen und Erftstadt-Lechenich setzen sich in einwöchigen Workshops und in ehrenamtlicher Arbeit mit den Themen „Flucht“, „Fluchthintergründe“, „Migration und Gerechtigkeit“ auseinander.
Social-Media-Kampagne der Schüler soll Ehrenamt stärken
„Statt eines formellen Inputs wird dabei neues Wissen außerschulisch und partizipativ erarbeitet“, sagt Stephi Siebert, die die künstlerische Leitung innehat: „Gemeinsam gestalten die Schüler eine mediale Kampagne und Bühnenperformances, mit denen sie die erlernten Inhalte öffentlich machen. Damit engagieren sie sich als Botschafter der Toleranz in der Region.“ Die Social-Media-Kampagne der Schüler drehe sich um gesellschaftliches Engagement und globale Gerechtigkeit, so Siebert.
Die Auftaktveranstaltung zu „Youth4Change“ fand nun im Forum in Zülpich statt. Dort erhielten die Schüler der Jahrgangsstufen 8 bis 10 vor allem eines: einen Einblick, was auf der Bühne im Rahmen eines solchen Projekts alles möglich ist.

Smartphones erwünscht: Die Schüler waren bei der Auftaktveranstaltung in Zülpich interaktiv dabei.
Copyright: Tom Steinicke
Eine Gruppe junger Erwachsener, die teilweise nicht in Deutschland geboren sind, tanzten, sangen und performten unter dem Motto „Music4everybody“, als hätten sie nie etwas anders gemacht. Und sie berichteten aus ihrem bisherigen Leben, das teilweise geprägt war von Flucht, Furcht und Gewalt. Eine junge Zülpicherin sagte, dass sie mit ihren Eltern aus dem Irak nach Deutschland geflüchtet sei. „Der Grund war, dass wir als Familie ein Leben ohne Verfolgung und in Freiheit leben wollten – und ohne Leid“, berichtete sie in einem Video, das den Schülern vorgespielt wurde.
Ob ein solches Format auch für die Schüler infrage kommt, die nun an „Youth4Change“ teilnehmen, ist vollkommen offen. „Wir werden den Jugendlichen nichts vorschreiben, nichts überstülpen. Welchen Schwerpunkt sie setzen, liegt bei ihnen“, sagt Stephi Siebert.
Projektziele: Gerechtigkeit, respektvoller Umgang mit Vielfalt
Lediglich Projektziele seien definiert: Auseinandersetzung mit Flucht und deren Hintergründe, Migration, Gerechtigkeit, Förderung eines interkulturellen und friedlichen Miteinanders sowie Demokratiebildung und respektvoller Umgang mit Vielfalt. Ein wichtiger Faktor sei zudem die Motivation zu zivilgesellschaftlichem Engagement und zum Ehrenamt.
„In der Region gibt es viele Vereine, die Social-Media nutzen können, um junge Menschen für ihre Angebote zu begeistern“, so Siebert: „Allerdings fehlt der älteren Generation oft das Know-how und die Sprache, um Jugendliche zu catchen. Eine solche Zusammenarbeit kann also eine Win-win-Situation sein.“
Es sind immer schwieriger werdende Zeiten. Und junge Menschen brauchen eine Orientierung.
Zülpichs Bürgermeister Ulf Hürtgen zeigt sich begeistert von dem Projekt. „Es sind immer schwieriger werdende Zeiten. Und junge Menschen brauchen eine Orientierung“, so der Verwaltungschef: „Alles geht nur gemeinsam. Und der Keil in der Gesellschaft darf nicht noch weiter spalten.“
Aus der heutigen Jugend sei Social-Media nicht mehr wegzudenken, berichtet Siebert. Entsprechend könne sie sich vorstellen, dass das während des Projekts eine große Rolle spielen werde – auch mit Blick auf die Künstliche Intelligenz. Samt ihrer Chancen, aber auch der großen Risiken dahinter.
„Die Jugendlichen wissen oft nicht mehr, was sie glauben dürfen und können. Das ist ein Problem für sie“, sagt Siebert: „Wir wollen ihnen mit dem Projekt Orientierung und Halt geben.“
Und die Schüler waren gleich zu Beginn schon Teil des Projekts. Während eines Impulsvortrags konnten sie interaktiv Fragen beantworten. Beispielsweise, wo denn ihr T-Shirt hergestellt worden ist. Den Vortrag hielt Julia Lombeyda Schnau von der Deutschen Gesellschaft für die Vereinten Nationen. Sie berichtete über Klimawandel und die Möglichkeiten, die auch Schüler haben, etwas zu verändern. „Veränderung kann auch spannend sein. Es muss nicht gleich ein krasses Projekt sein, sondern kann im Kleinen beginnen. Beispielsweise eine Kleidertauschbörse an der Schule“, sagte Lombeyda Schnau.
Die ersten Aufführungen
Die knapp 300 Schüler, die an den unterschiedlichen Projekten bei „Youth4Change“ teilnehmen, kommen vom Frankengymnasium in Zülpich, der Hauptschule Zülpich, der Karl-von-Lutzenberger-Realschule in Zülpich, der Realschule Lechenich, der Willy-Brand-Gesamtschule Kerpen und dem Gymnasium in Lechenich. Die erste Aufführung ist für den 10. Juli in der Zülpicher Realschule, die zweite am 17. November in Kerpen geplant.