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Dreimal überfallen„Optik und Juwelier Blumenthal“ in Zülpich gibt es seit 125 Jahren

4 min
Walter und Michael Blumenthal, beide tragen Brille, sitzen vor aufgeschlagenen Büchern und halten ein Foto von Johann Joseph Blumenthal in die Kamera.

Die Archivalien der Firmengeschichte hüten Walter (l.) und Michael Blumenthal. Etwa die großen Lagerbücher, die Firmengründer Johann Joseph Blumenthal (Foto im Bilderrahmen) in den 1910er-Jahren führte.

Der Familienbetrieb wird in der vierten Generation geführt. Mehrfach haben Einbrecher versucht, an den Schmuck im Laden zu kommen.

Seit 125 Jahren besteht „Optik und Juwelier Blumenthal“ an der Zülpicher Kölnstraße. Das in vierter Generation in Familienbesitz geführte Unternehmen an zwei Standorten mit 19 Mitarbeitern vom Meister bis zur Aushilfskraft ist eines der ältesten in der Römerstadt.

Walter Blumenthal schmunzelt. „Einmal? Dreimal sind wir überfallen worden“, sagt der 80-Jährige. Er erinnert sich noch genau, wie die Einbrecher vorgegangen sind, die es auf wertvolle Brillenfassungen, vor allem aber auf Schmuck des Juweliers abgesehen hatten. „Einmal saßen wir im Wohnzimmer, als es knallte: Die hatten eine der Schaufensterscheiben zerschossen und eine Vitrine ausgeraubt“, so Blumenthal, dessen Wohnräume sich über dem Ladenlokal befinden. Sein Sohn Michael (59), der 2005 die Filiale in Erftstadt-Lechenich eröffnete, wurde bisher zweimal Opfer von Kriminellen: „Wir waren gerade in der Umbauphase. Die haben uns eines Nachts komplett ausgeräumt, bis auf die letzte Brillenfassung.“

Solche Ärgernisse zählen wohl zum Branchenrisiko, und auch die 2005 gegründete Blumenthal GmbH – Vater und Sohn sind die Geschäftsführer – blieb nicht davon verschont.

Fachgeschäft Blumenthal in Zülpich besteht seit 125 Jahren

Es sind Anekdoten einer 125-jährigen Firmengeschichte, auf die in Zülpich, bezogen auf die Bestandsdauer, vielleicht noch drei, vier weitere inhabergeführte Unternehmen zurückblicken können. Am 1. September 1900 hatte Johann Joseph Blumenthal aus Zülpich im Haus Nummer 295 das Geschäftslokal eröffnet. Damals wurden die Häuser einfach durchnummeriert, heute ist es die Hausnummer 51 an der Kölnstraße. „Uhren und Goldwaren“ annoncierte er zur Geschäftseröffnung. Walther Blumenthal hat die Anzeige noch, ebenso aus dem Firmenarchiv sorgfältig handgeschriebene Lagerbücher aus den 1910er-Jahren.

Aufnahme der Fassade des Fachgeschäfts von Josef Blumenthal. Vor der grün-weißen Fassade hängt eine Uhr.

In Grün und Weiß ist die Fassade des Fachgeschäfts gestrichen.

In Vitrinen liegen Schmuckgegenstände.

Ein Hingucker an der Kölnstraße sind die drei Vitrinen, die der Zülpicher Architekt Karl-Josef Ernst 1970 entworfen hat.

Der Firmengründer und seine Familie wohnten, wie Walther Blumenthal bis heute, in den oberen Etagen des grün-weiß gestrichenen, schmalen Hauses mit der geschwungenen Jugendstilfassade. Um 1900 war es eins von mehreren schönen Gebäuden in der heutigen Reihenbebauung der Haupteinkaufsstraße, die die Kölnstraße immer war.

1945 übernahm Josef Blumenthal das Geschäft von seinem Vater. Das Wohn- und Geschäftshaus war glücklicherweise bei dem verheerenden Luftbombenangriff Weihnachten 1944 nicht zerstört worden. Jetzt kam die Augenoptik zum Dienstleistungs- und Verkaufsangebot dazu. 1970 folgte Walter Blumenthal als dritte Generation. Er ist Uhrmachermeister, Augenoptikermeister und Juwelier. 2005 gründete er mit seinem Sohn Michael – staatlich geprüfter Augenoptiker und Augenoptikermeister, der sich auf Gleitsichtbrillen und Kontaktlinsen spezialisiert hat – die Blumenthal GmbH.

Die Berufsbilder haben sich gewandelt

An den beiden Standorten in Zülpich und Lechenich sind 19 Mitarbeiter beschäftigt, darunter fünf Meister ihres Faches. In Zülpich gibt es zudem drei Meisterwerkstätten für Optik, Uhrenreparaturen, Schmuck – mit Anfertigungen – und Goldschmiedearbeiten.

1970 und 1990 wurde das alteingesessene Fachgeschäft in Zülpich in größerem Stil renoviert, modernisiert, dann auch zu einem Nachbargebäude hin erweitert und das Angebot vergrößert. Ältere Zülpicher erinnern sich vor allem an die Wiedereröffnung 1970: Walter Blumenthal wollte damals mit der Betriebsübernahme von seinem Vater nicht nur ein einfaches Schaufenster mit dahinter dekorierter Ware haben. Vor allem Uhren und Schmuck sollten besser zur Geltung kommen.

Also beauftragte er den bekannten Zülpicher Architekten Karl-Josef Ernst mit der Umsetzung. Ernst entwarf drei spitzwinklige, vorkragende Stahlvitrinen. „Für die hat er später einen Architekturpreis erhalten“, so Walter Blumenthal. Bis heute sind die Vitrinen ein Hingucker auf der Kölnstraße.

Walter Blumenthal bemängelt Leerstände an der Kölnstraße

In Zülpich hat Walter Blumenthal, längst auch Inhaber des Goldenen Meisterbriefs, vor allen Dingen „treue Stammkunden, für die ich sehr dankbar bin“, wie er betont. Er hat Familien von der Großeltern- über die Eltern- und bis zur Enkelgeneration beraten und ihnen Kommunionuhren, Trauringe oder Schmuck verkauft. Das Geschäft habe sich natürlich über die Jahrzehnte verändert.

Es werde weniger repariert als früher, und der Beruf des Optikers sei wissenschaftlicher geworden, so der Senior. „Eine Mischung aus Mathematik, Biologie und Kundenberatung“, ergänzt der Sohn. Beide teilen die gleiche Leidenschaft für ihren Beruf. Es gehe um eine Arbeit, die man mit Herzblut leistet, davon sind die Blumenthals überzeugt.

Nur auf eins sollte man Walter Blumenthal im Jubiläumsjahr, nicht zu oft ansprechen: Die Stadtentwicklungspolitik in Zülpich der vergangenen Jahrzehnte sowie die vielen Leerstände an der Kölnstraße. „Innerhalb der Stadtmauern wurde lange Zeit nichts getan“, so Blumenthal. Er leitete jahrzehntelang die „Aktionsgemeinschaft Zülpich Fachgeschäfte aktiv“, die nach mehr als 100-jähriger Geschichte Ende 2024 aufgelöst worden ist.

Angesichts des oft traurigen Anblicks um sein Fachgeschäft herum ist Blumenthal fast schon froh, „dass wir die Eisdiele gegenüber haben“. Von dort, wo nicht nur Generationen von Schülern die Wartezeit auf ihren Bus verbrachten, hat man das Fachgeschäft „Josef Blumenthal“, wie es über dem Ladenlokal an der Fassade geschrieben steht, gut im Blick. Ebenso die große Uhr am Werbeausleger zur Straße.