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Hitzewellen überrollen RegionKölner Meteorologe erwartet Temperaturen im Rekordbereich – „Wird ein Hitzesommer“

Lesezeit 6 Minuten
Grund für die Hitzewellen sind die hohen Temperaturen des Mittelmeers, erklärt Meteorologe Karsten Schwanke. Die Karte zeigt die Abweichung der aktuellen Meereswerte im Vergleich zum langjährigen Mittel, teilweise sind es bis zu fünf Grad mehr.

Grund für die Hitzewellen sind die hohen Temperaturen des Mittelmeers, erklärt Meteorologe Karsten Schwanke. Die Karte zeigt die Abweichung der aktuellen Meereswerte im Vergleich zum langjährigen Mittel, teilweise sind es bis zu fünf Grad mehr.

Meteorologe Karsten Schwanke erklärt die aktuelle Wetterlage. Er erwartet einen Hitzesommer. Wie die Landwirtschaft in der Region die Lage bewertet und was dem Menschen guttut.

Nachdem Köln und die Region am vergangenen Wochenende zum ersten Mal in diesem Jahr von Sommerhitze erfüllt waren, steht nach etwas Abkühlung der vergangenen Tage die nächste Welle bevor. „Es wird heiß“, sagt der Kölner Meteorologe Karsten Schwanke. Für Montag und Dienstag prognostizieren die Wettermodelle eine Spanne zwischen 33 und 39 Grad. „Wir kommen da in Rekordbereichen an“, so Schwanke.

Karsten Schwanke, Meteorologe, spricht bei der Pressekonferen.

Der Kölner Meteorologe Karsten Schwanke sagt mit Blick auf Montag und Dienstag: „Wir kommen da in Rekordbereichen an.“

Die bislang höchsten Messwerte wurden in der Stadt bislang im Juli 2019 gemessen. Damals stiegen die Temperaturen bis auf 41 Grad. So warm werde es in der kommenden Woche zwar nicht, doch zumindest erwarten Wetterexperten höhere Werte als in den Juni-Monaten der vergangenen Jahre.

Die Luftmassen, die von Afrika über Spanien und Frankreich zu uns strömen, kühlen sich null ab.
Karsten Schwanke, Meteorologe

Die Spitzentemperaturen erreichen Deutschland in diesem Jahr ungewöhnlich früh – noch vor dem eigentlichen Hochsommer, der erst Mitte Juli beginnt. Abfolgen von Hitzewellen überrollen die Region im Vier- bis Fünf-Tage-Rhythmus für jeweils ein bis zwei Tage. Die Wetterlage habe sich festgefahren, so Schwanke. Grund seien unter anderem Rekord-Wassertemperaturen. „Das Mittelmeer war im Juni noch nie so warm wie aktuell. Vor der spanischen Küste, rund um Mallorca und Südfrankreich, sind die Werte um fünf Grad höher, als gewöhnlich“, erklärt der Meteorologe. „Die Luftmassen, die von Afrika über Spanien und Frankreich zu uns strömen, kühlen sich also null ab.“ 

Die Auswirkungen, so der Experte, sind langfristig: Das warme Wasser – auch im Atlantik sind es demnach zwei bis drei Grad mehr als üblich – erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass die kommenden Monate deutlich heißer als noch in den Vorjahren werden. „Es wird ein Hitzesommer“, legt Schwanke sich fest. 2025 geht bereits als trockenstes Frühjahr in die Geschichte ein. Es würde ihn nicht wundern, wenn in diesem Jahr auch im Sommer neue Temperaturrekorde geknackt würden, sagt Schwanke. 

Kölner Landwirtschaft ist auf Gewitter angewiesen

Für die Landwirtschaft bisher noch nicht allerorten der große Schrecken. So schön wie in diesem Jahr habe das Feld noch nie gestanden, sagt Landwirt Willy Winkelhag. Auf jeweils 200 Hektar bauen er und sein Sohn in Hürth und im Euskirchener Raum unter anderem Zuckerrüben, Kartoffeln, Getreide, Buschbohnen, Raps und Tulpen an. 

Die ersten Hitzetage des Jahres haben ihm und seinem Familienbetrieb kaum etwas ausgemacht. „Wir sind draußen am Arbeiten, bei 30 Grad, alles kein Problem“, sagt der Hürther. Mit dem Getreide ist er fast durch, es müsse nur noch reifen. Die Buschbohnen sind gerade gesät und die Tulpenzwiebeln ausgemacht worden. Im September werden sie wieder eingepflanzt. „Der Boden war sehr schön feucht, das hatten wir die letzten Jahre so nicht“, sagt Winkelhag.

Willy Winkelhag, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Köln und des Rhein-Erft-Kreises. Er ist im Porträt zu sehen.

Willy Winkelhag, Vorsitzender der Kreisbauernschaft Köln und des Rhein-Erft-Kreises. Er sagt über seinen Betrieb mit Flächen in Hürth und Euskirchen: „So schön wie in diesem Jahr habe das Feld noch nie gestanden.“

Während Landregen, also lang anhaltender, gleichmäßiger, für die Pflanzenwelt wertvoller Niederschlag, in der Kölner Region zur Rarität geworden sei, „leben wir derzeit von den Gewittern, die uns hier abends besuchen kommen.“ Winkelhag klingt zuversichtlich. Fünf Millimeter Regen seien es in der Nacht zu Donnerstag gewesen, für Samstag rechne er mit weiteren zehn Millimetern. „Dann kommen wir wieder ein bis zwei Wochen hin.“

Das Glück haben nicht alle Landwirte, weiß der Vorsitzende der Kreisbauernschaft Köln und des Rhein-Erft-Kreises von anderen Höfen. „Wo kein Wasser ist, ist Feierabend.“ Gerade in Gebieten mit leichten Böden stelle man sich auf Umsatzeinbußen ein. Anders als auf schweren, lehmhaltigen Flächen hält sich die Feuchtigkeit auf den sandigen Feldern nicht. „Im Zweifel müssen die beregnen“ – und das koste.

Landwirt Winkelhag: „Wo kein Wasser ist, ist Feierabend“

Der Raum rund um Hürth sei hingegen auch bei trockenem Wetter stabil; die Winkelhagens sind bislang ohne Beregnungsanlage ausgekommen. Nur auf die Kartoffeln und Zuckerrüben müsse er ein Auge werfen. Die Pflanzen brauchen eigentlich kontinuierlich Wasser bis Herbst. Viele andere Züchtungen seien inzwischen auf Hitze und Trockenheit ausgelegt. „So wie es aussieht, kommen wir auch in diesem Jahr ohne Bewässerungsanlage aus“, lautet seine Prognose. Und in der Ernte könne er das heiße Wetter, im besten Fall mit etwas Wind, sogar gut gebrauchen, „dann kriegen wir das Getreide trocken rein“.

Hitze steht NRW in den kommenden Tagen bevor. Landwirte in der Region hoffen auf Regen durch Gewitter.

Hitze steht NRW in den kommenden Tagen bevor. Landwirte in der Region hoffen auf Regen durch Gewitter.

Winkelhag nennt sich selbst „vorsichtig optimistisch“ - auch bei heißem Sommer. Seine Hoffnung liegt in den Gewittern. Solange die für Wasser sorgen, statt den Pflanzen etwa durch Hagelschauer zu schaden, habe er kaum Bedenken.

Schutz vor Hitze: viel trinken, kühl duschen, abends lüften

Wasser braucht auch jeder Mensch, der seinem Körper an den heißen Tagen etwas Gutes tun will. Und zwar innen wie außen. Dr. Mirjam Antz, Fachärztin für Innere Medizin und Hausärztin in Longerich, rät vor allem zu einer angepassten Trinkmenge. „Je nachdem, wie heiß es ist und wie hoch die Belastung, benötigt der Körper bis zu vier Liter oder in Einzelfällen sogar noch mehr Wasser täglich“, sagt sie im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Dr. Mirjam Antz ist im Porträt zu sehen.

„Je nachdem, wie heiß es ist und wie hoch die Belastung, benötigt der Körper bis zu vier Liter oder in Einzelfällen sogar noch mehr Wasser täglich“, sagt Mirjam Antz. Sie ist Fachärztin für Innere Medizin und ist Hausärztin in Köln.

Gerade wer bestimmte Medikamente wie Blutdrucksenker oder Psychopharmaka einnehme, verspüre häufig weniger Durst und müsse seine Trinkgewohnheiten dann umso mehr im Blick haben. Zudem: „Wer den Nacken, die Handgelenke oder die Leiste mit feuchten Tüchern kühlt, gibt dem Körper die Chance, Wärme nach außen abzugeben“, sagt Antz. Sie empfiehlt auch eine kühle Dusche: „Am besten anschließend nicht komplett abtrocknen und die Haare nass lassen, die feuchte Haut entzieht dem Körper dann auch im Nachhinein Wärmeenergie.“

Je nachdem, wie heiß es ist und wie hoch die Belastung, benötigt der Körper bis zu vier Liter oder in Einzelfällen sogar noch mehr Wasser täglich
Mirjam Antz, Fachärztin für Innere Medizin und Hausärztin in Longerich

Wer Sport treiben will, sollte das Training in die frühen Morgen- oder späten Abendstunden verlegen. Eltern sollten bedenken, dass Kinder unter drei Jahren noch nicht so gut schwitzen können und eine Überhitzung deshalb schneller eintreten kann. Sonnenschutz und Schattenplätze sind deshalb gerade für Babys und Kleinkinder von großer Bedeutung. Vorsicht geboten sei auch im Auto. „Lassen Sie niemanden im Wagen zurück, keine Kinder, keine Tiere, keine Senioren. Auch bei geöffnetem Fenster heizt sich die Karosserie zu einem Glutofen auf.“ Besonders wichtig sei auch, die Hitze so gut wie möglich aus den Wohn- und Schlafräumen herauszuhalten. Tagsüber sollte man dafür die Fenster verdunkeln, spätabends oder frühmorgens beim Lüften für kühlenden Durchzug sorgen.

Schon seit dem Frühjahr nimmt das Thema Hitzeschutz in der Longericher Praxis von Mirjam Antz einen großen Stellenwert ein. Gerade chronisch Kranke habe man frühzeitig mit Informationen versorgt, damit in den heißen Tagen der Kollaps ausbleibe. Besondere Vorsicht geboten ist bei Diabetikern, bei Hitze werde Insulin schneller aufgenommen und die Gefahr einer Unterzuckerung steige. Auch Nutzer von Schmerzpflastern müssten sensibilisiert sein. „Zum Teil erhöht sich die aufgenommene Dosis bei Hitze um ein Vielfaches.“ Wer an heißen Tagen unter starken Kopfschmerzen, Schwindel und Verwirrtheit leidet und sich dazu noch erbricht, den hat vielleicht der Hitzschlag getroffen. Antz sagt: „Dann bitte gleich den Notarzt rufen.“