Kein MobilitätskonzeptDarum hat es Burscheid bei Alternativen zum Auto nicht eilig

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In Kaltenherberg sind Auto-Parkplätze wichtiger als ein Radstreifen. Ziemlich typisch für Burscheid.  

Burscheid – Burscheid muss besser werden beim Klimaschutz. Darüber sind sich Politiker und Verwaltungsleute einig. Geld soll dafür allerdings nicht in die Hand genommen werden – vorerst.

Am Anfang stand der Grünen-Antrag, dass Burscheid ein Mobilitätskonzept braucht. Alternativen zum Auto müssten besser gefördert, die Bedürfnisse der Bürger erfragt werden. Auf dass neue Angebote auch genutzt werden. Das Problem: In der Stadtverwaltung arbeitet zwar eine Klimaschutzmanagerin. Aber Miriam Deimel hat nur eine halbe Stelle. Ihre Arbeitszeit gehe komplett etwa für das Konzipieren und Bewerten energetischer Sanierungen an städtischen Gebäuden drauf, dazu kämen Stellungnahmen zur Wirkung von Klimaschutzmaßnahmen sowie Öffentlichkeitsarbeit. Burscheids Klimaexpertin sei somit „voll ausgelastet“, ist das Fazit von Bürgermeister Dirk Runge.

Mobilitätskonzept: Aus eigener Kraft nicht machbar

Ein kommunales Mobilitätskonzept, so wie es die Grünen fordern, sei also in Eigenregie nicht zu erstellen. Man habe daher in vergleichbaren Kommunen nachgefragt, die derartige Verkehrskonzepte bei Experten beauftragt hatten, was so etwas kostet. „Mehrfach wurde hier der Betrag von ca. 90.000 Euro genannt“, steht in der Stellungnahme der Stadtverwaltung zum Antrag der Grünen, über den am Dienstagabend der Stadtentwicklungsausschuss diskutierte. Für diesen Betrag bekomme man die von den Grünen geforderte Haushaltsbefragung zur Ermittlung zur Wahl der Verkehrsmittel und das eigentliche Mobilitätskonzept. 

Dass die Klimamanagerin offenbar voll ausgelastet ist, hat Ute Hentschel auch gemerkt, die den Antrag ihrer Fraktion im Haus der Kunst vorstellte: „Fragen Sie mal jemanden auf der Straße, ob er die Klimamanagerin kennt.“ Deimel wirke kaum nach außen, selbst „ich habe die noch nie gesehen“. 

Radeln ist sehr oft eine Katastrophe

Dass ein Mobilitätskonzept aber so teuer sein soll, glaubt Hentschel nicht. Sie findet, die Stadtverwaltung baue einen Popanz auf. „Man muss das Ganze nicht abbügeln, indem man 90.000 Euro dranschreibt.“ Vieles liege auf der Hand, so die Buchhändlerin mit Blick zum Beispiel auf die Möglichkeiten, in Burscheid das Rad zu benutzen. „Das ist oft eine echte Katastrophe“, weiß sie aus eigener und den Erfahrungen ihrer Belegschaft: „Wir haben drei Lastenräder.“

Mit Blick auf den Radverkehr verwies Runges Stellvertreter Marc Baack auf die Kreisverwaltung. Dort werde gerade das Konzept „Regionale Fahrradinfrastruktur im Bergischen Rheinland“ final abgestimmt. Es umfasse nicht nur touristische, sondern auch Alltagswege, definiere Haupt- und Nebenrouten. „Bevor wir das nicht haben, sollten wir keine eigenen Sachen machen. Sonst stimmen die Verknüpfungen nicht“, so Baack. 

Balkantrasse Radrampe

Die Rampe von der Balkantrasse zur Hauptstraße wurde im Mai 2022 fertiggestellt.

Außerdem sei schon einiges passiert: Auf dem Raiffeisenplatz steht eine Verleihstation für Pedelecs, außerdem gibt es dort Fahrradboxen. Eine weitere solche Station soll am Badehaus gebaut werden. Am Rathaus gebe es eine virtuelle Pedelec-Verleihstation und einen Stützpunkt, an dem man Elektroautos mieten und laden kann. 

Ladesäulen-Konzept ist bald fertig

Für den ganzen Kreis werde im Moment ein Konzept für die passende Ladeinfrastruktur erstellt. Es soll für die nächsten zehn Jahre passen und betrachtet den privaten Bereich, Unternehmen, den Einzelhandel und den öffentlichen Raum. Fertig sein soll es zum Jahresende. 

Im Ausschuss fand die Idee, ein Mobilitätskonzept zu machen, nicht erst Befürworter, nachdem Ute Hentschel das Preisschild abgemacht und verkündet hatte: „Niemand denkt daran, 90.000 Euro auszugeben.“ Auch Freidemokrat Joachim Wirths hält es für erforderlich, Burscheiderinnen und Burscheider zu befragen, bevor man ihnen mit Angeboten kommt. Klaus Becker, SPD, verwies auf Förderprogramme des Landes, die man vielleicht anzapfen könnte.

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Allerdings sollte man auch nichts überstürzen: Mit dem Stadt-Umbau nach dem Integrierten Handlungskonzept habe die Verwaltung erst einmal genug zu tun. In diesem Sinne fiel auch der einstimmige Beschluss: Geld im nächsten Haushalt gibt es nicht – jedenfalls nicht für ein Mobilitätskonzept. Aus den Augen verlieren wollen die Politiker das Thema trotzdem nicht. 

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