Bekommen Amtsinhaber Dirk Runge und sein Herausforderer Ralph Liebig noch Konkurrenz? Das entscheidet sich bis zum 7. Juli.
BürgermeisterwahlEin Mann will für „Abwechslung“ in Burscheid sorgen

Karl Ulrich Voss strebt nach 2009 noch einmal eine Bürgermeister-Kandidatur an. Dafür fehlen ihm aber noch Unterschriften.
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Aus dem Zweikampf könnte noch ein Dreikampf werden, mindestens. Bisher bewerben sich der parteilose Dirk Runge und Sozialdemokrat Ralph Liebig um das Amt des Bürgermeisters in Burscheid. Runge ist nach dem Tod von Stefan Caplan (CDU) Rathaus-Chef geworden. Und er wird in diesem Wahlkampf von den beiden derzeit stärksten politischen Kräften in der Stadt unterstützt: CDU und BfB.
Runge wie Liebig haben bei wesentlichen Projekten in Burscheid dieselbe Position. Das neue Einkaufszentrum an der Montanusstraße, der weitere Umbau der Innenstadt am Marktplatz und in der Kirchenkurve, der zentrale Lidl in Hilgen: alles nicht streitig zwischen den beiden. Allerdings gibt es bei diesen prägenden Projekten im gesamten politischen Spektrum Burscheids keine Unterschiede. Auch Grüne und FDP ziehen am selben Strang. Kritik wird regelmäßig laut von Naturschützern, die in Sachen Montanus-Quartier und Lidl vor zu viel Flächenversiegelung warnen. Und die im ADFC organisierte Fahrrad-Lobby mahnt beim weiteren Innenstadt-Umbau bessere Verkehrsbedingungen an.
Voss verkörpert Burscheids außerparlamentarische Opposition
Und dann ist da noch Karl Ulrich Voss. Der 64 Jahre alte promovierte Jurist aus Kuckenberg sieht den weiteren Ausbau des Lebensmittel-Einzelhandels in Burscheid mit Skepsis. Und ist auch sonst sozusagen außerparlamentarische Opposition in Burscheid. Was ihn zum regelmäßigen Gast bei Sitzungen der politischen Gremien macht. Denn am Beginn dieser Zusammenkünfte können Einwohner Fragen stellen. Das ist in Burscheid guter Brauch und wird auch gern genutzt. Nicht nur von dem kritischen Geist aus Kuckenberg, wie sich gerade wieder vor den Beschlüssen des Stadtentwicklungsausschusses zum Lidl-Projekt in Hilgen gezeigt hat. Dazu haben die Nachbarn vom Thiel-Gelände einiges zu sagen. Aber eben auch Karl Ulrich Voss.

Das ist der Plan für das Montanusquartier. Der Grundstein könnte im August gelegt werden.
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Weil Voss seine Ansichten so gar nicht im Stadtrat und den Ausschüssen wiederfindet, will er die Sache nach der Kommunalwahl am 14. September selbst in die Hand nehmen. Die Bewerbung um ein Stadtratsmandat in seinem Wahlkreis 7 steht schon. Aber der Kuckenberger kann sich noch mehr vorstellen: die Kandidatur um das Amt des Bürgermeisters von Burscheid.
„Ich möchte die Debattenkultur auffrischen“, sagt Voss. Als jemand, „der von außerhalb der bisherigen Gremien konstruktiv-kritisch auf den Stand unserer Stadtentwicklung schaut“, beschreibt er seinen Plan. Die ist aus seiner Sicht nicht frei von Fehlentwicklungen. Dabei meint er vor allem den geplanten Handels-, Büro- und Wohnstandort zwischen Luchtenberg-Richartz-Park und Balkantrasse. Als Argumentationshilfe dient Voss ein Einzelhandelsgutachten, das im Rahmen des Entwicklungskonzeptes für die Zentren von Burscheid und Hilgen erstellt wurde. Es weist schon jetzt einen überdurchschnittlichen Besatz mit Lebensmittelgeschäften aus.
Debatte um Verdrängungswettbewerb und Gewerbesteuer
Voss geht von einem Verdrängungswettbewerb aus, wenn die Innenstadt einen großen Edeka und Hilgen einen zusätzlichen Lidl bekommt. Das bringe der Stadt keine zusätzlichen Steuereinnahmen, sondern verringere sie auf Dauer. Eine These, die der Beigeordnete Marc Baack zuletzt im Stadtentwicklungsausschuss ausdrücklich nicht bestätigen wollte. Grundsätzlich verneinen wollte Burscheids künftiger Kämmerer die Voss-Aussage aber auch nicht. „Zum Gewerbesteueraufkommen kann man keine Prognosen machen.“ Die Unternehmen hätten schließlich „mannigfaltige Gestaltungsmöglichkeiten“. Das gelte gerade auch für die Betreiber von Lebensmittelketten. „Da kommt es nicht auf die Einnahmen in Burscheid an“, so Baack.
Auf welcher Ebene sich Voss und Baack nach der Kommunalwahl begegnen, steht in den Sternen. Denn bisher ist noch nicht einmal die Kandidatur von Karl Ulrich Voss gesichert: „Für eine freie Kandidatur benötige ich mindestens 200 Unterschriften“, schreibt Voss auf seiner Internetseite. Die Voten hat der Jurist noch nicht zusammen. Und langsam wird es Zeit: Bis Sonntagabend, 6. Juli, müssen die Unterstützer Farbe bekennen, am 7. Juli endet die Bewerbungsfrist für die Wahl. Unterschreiben kann jede Burscheiderin und jeder Burscheider ab 16 mit deutscher oder EU-Staatsangehörigkeit. Auch Doppelstaatler können den Kandidaten unterstützen.
Über den weiteren Umbau der Innenstadt können die Bürger im Herbst weiter mit den Planern diskutieren. Einem ersten Forum zum Marktplatz, Kirchenkurve und unterer Hauptstraße im vorigen September soll sich ein Workshop anschließen. Das hat Bürgermeister Dirk Runge am Donnerstag angekündigt, ohne einen konkreten Termin zu nennen. In diesem Schritt sollten „die Planungsziele grundsätzlich festgelegt“ werden. Auf dem Treffen sollen zwei Studien als Alternativen vorgelegt werden. Auf deren Grundlage könnte man dann die Prioritäten festlegen.
Anfang 2026 soll sich der Stadtentwicklungsausschuss mit den Workshop-Ergebnissen befassen, so der Bürgermeister. Im Frühjahr könnte das Konzept dann den Stadtrat passieren. „Ihre Teilnahme an den öffentlichen Sitzungen ist ausdrücklich erwünscht“, unterstreicht Runge.
2028 könnte dann der Umbau von Marktplatz, Kirchenkurve und unterer Hauptstraße beginnen.