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Fällungen in LeichlingenEin Kampf um jeden Baum

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Mit poetisch betexteten Plakattafeln macht die Klimaschutz-Initiative „Future for Leichlingen“ auf den Wert der Platanen vor dem Rathaus aufmerksam, wo ein Kreisverkehr gebaut wird.

Leichlingen – Bäume sind den Leichlingern spätestens seit dem Kampf um den Stadtpark heilig. Ein Bürgerbegehren hat den Erhalt der grünen Lunge im Zentrum damals gesichert. Wo immer Bäume in der Blütenstadt gefällt werden sollen, regt sich seitdem Widerstand. Extrem – und extrem erfolgreich – als wegen der Unfallgefahr am Zebrastreifen eine Platane am Rathaus gefällt werden sollte: Spontane Demonstrationen retteten den Baum im letzten Moment, als die Motorsäge fast schon lief. Aus der Aktion entstand die Initiative „Future for Leichlingen“ (FfL), die inzwischen erbittert für jedes grüne Blatt streitet.

Der Konflikt spitzt sich aktuell wieder an den Platanen an der Neukirchener Straße zu, von denen mehrere für den Bau eines Kreisverkehrs beseitigt werden sollen. Der Protest dagegen ist seit Wochen auf den Plakaten zu sehen, die FfL an die Stämme gebunden hat.

Neue grüne Mehrheit

Gleichzeitig läuft der nächste Vorstoß für eine örtliche Baumschutzsatzung. Ungezählte Male schon sind Anträge abgelehnt worden, weil es im Rat keine Mehrheit dafür gab. Diesmal könnte es anders ausgehen. Denn die bei der Kommunalwahl erstarkten Grünen haben bei den Koalitionsverhandlungen mit ihren neuen Bündnispartnern CDU und FDP eine Satzung für den Schutz von Bäumen zumindest im öffentlichen Raum ausgehandelt.

Geschützt werden sollen „alle Bäume ab einem Alter von fünf Jahren, die sich in öffentlicher Hand befinden oder auf Grundstücken von Gesellschaften und Körperschaften, an denen die öffentliche Hand beteiligt ist.“ Verluste sollen standortnah ökologisch und klimatisch adäquat ausgeglichen werden.

Fällungen an Wupperweg und Neukirchener Strasse

Zwei Rotdorne hat der städtische Bauhof am Dienstag an der Neukirchener Straße gefällt. „Leider“, bedauert die Stadtverwaltung, waren die beiden Bäume der schon lückenhaften Allee-Bepflanzung entlang der Straße abgestorben und hatten im Frühjahr nicht mehr ausgetrieben. Es handelt sich um zwei etwa vier bis fünf Meter große Rotdorne (siehe Foto).

Der gesamte Baumbestand an der Neukirchener Straße ist nach Angaben der Stadtgärtner „erheblich geschädigt und völlig überaltert“. Daher müsse in naher Zukunft mit mehreren weiteren Fällungen gerechnet werden.

Auch am Wupperufer sind in den vergangenen Tagen umfangreiche Grünpflegemaßnahmen vorgenommen und Bäume gerodet worden. Die Arbeiten am Wupperbegleitweg sind an einen Fachbetrieb vergeben und nach Mitteilung der Verwaltung durch die Mitarbeiter des städtischen Bauhofs überwacht worden.

„An insgesamt 102 Bäumen wurde gefährliches Totholz entfernt, es wurden Fassaden von Anliegern freigeschnitten und Lichtraumprofile hergestellt,“ bilanzierte die Stadt. Darüber hinaus wurden elf abgestorbene Bäume oder Gefahrenbäume beseitigt. Die meisten davon wurden als „Habitatbäume“ stehen gelassen. Etwa fünf Meter des Baumstamms bleiben bei dieser Methode erhalten, so dass der abgestorbene Baum keine Gefahr mehr darstellen kann.

In dem Baumstumpf finden aber viele Brutvögel Nisthöhlen. Von dem sich zersetzenden Holz eines Habitatbaums profitieren außerdem viele Pilzarten. Nützlinge wie Wildbienen, Käfer und Ameisen siedeln sich an. Am Ende zerfällt ein solcher Habitatbaum zu Humus.

Die Arbeiten waren laut Verwaltung nötig, um auf dem viel begangenen Fuß- und Radweg und am Spielplatz am Wallgraben Sicherheitsrisiken auszuschließen. Darum seien sie in Abstimmung mit der Landschaftsbehörde auch während der Vogelschutzzeit und in der besonderen Schutzzone Wupper zulässig gewesen. Gemäß Lichtraumprofil dürfen Bäume und Sträucher über Geh- und Radwegen nur bis zu 2,5 Metern und über Straßen, Wegen und Plätzen bis zu 4,5 Metern hineinragen. (hgb)

Dass so Stadtklima, Ortsbild und Natur erhalten und verbessert werden, ist natürlich auch die Überzeugung von FfL. Auf ihren Plakaten, die mit Zustimmung der Stadtverwaltung an drei Platanen vor dem Rathaus an der Einmündung der Straße Am Büscherhof aufgestellt worden sind, erläutert die Initiative den Wert und Nutzen der 70 Jahre alten Platanen. Zwei bis drei von ihnen und eine Kirsche sollen für den neuen Kreisverkehrsplatz fallen, der für den Neubau des Wohn- und Geschäftshauses auf dem früheren Kaufpark-Gelände gebaut wird.

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Den Kreisel stattdessen weiter auf die Wiese des Hochhauses von Cremers Weiden zu verschieben, wie es FfL in einem Bürgerantrag fordert, hält die Verwaltung für nicht möglich. Die Fahrbahnen seien mit Rücksicht auf die Bäume bereits verschwenkt und der Durchmesser des Kreisels von 30 auf 28 Meter reduziert worden. In ihrer Beratungsvorlage für die Sitzung des Umweltausschusses am kommenden Dienstag führt das Planungsamt zudem aus, dass die durch die Fällungen entfallende Kronenfläche durch die Neupflanzung von 24 Bäumen auf dem künftigen Rathausvorplatz und im Wuppergarten des Pässler-Projektes zu 150 Prozent mehr als ausgeglichen werde.

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