SpielzeuggeschäftEins der letzten seiner Art – Was die Kinderkiste in Leichlingen ausmacht

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Zwei Frauen stehen mit Spielzeug in der Hand zwischen vollen bunten Regalen in ihrem Spielwarengeschäft.

Inhaberinnen des Leichlinger Spielwarengeschäfts Kinderkiste: Stefanie Deutsch (links) und Monika Jellwitzki

Die Kundschaft hat Leichlingens Spielwarenladen Kinderkiste zum beliebtesten Fachgeschäft 2022 gewählt. Die Inhaberinnen stellen ihr Erfolgsrezept vor.

Zweimal ist die Kinderkiste schon umgezogen, einmal überflutet worden und auch sie musste während des Lockdowns schließen. Das Leichlinger Spielwarengeschäft hat eine bewegte Geschichte. Doch eins hat sich nie geändert: Die Kundschaft bleibt treu. Sie hat die Kinderkiste sogar zum Fachgeschäft des Jahres 2022 in der Zeitschrift „Das Spielzeug“ gewählt. Der Laden ist auf 100 Quadratmetern bis unter die Decke gefüllt mit Spielzeug, ein Paradies nicht nur für Kinder.

Dass eine Stadt überhaupt noch ein Spielwarengeschäft hat, ist zur Seltenheit geworden. Umso beeindruckender ist der Erfolg der Inhaberinnen Stefanie Deutsch und Monika Jellwitzki. Neben den zwei Chefinnen arbeiten zwei Festangestellte und zwölf Aushilfen hier. Die Inhaberinnen haben erzählt, was ihr Geheimnis ist und wieso sie sich in ihrem nun dritten Ladenlokal endlich angekommen fühlen.

Hier können Kinder einkaufen lernen

„Wir machen alles selber“, sagt Deutsch, auch nach all der Zeit. Die Inhaberinnen kaufen ein, räumen die Ware weg, halten Buch und beraten Kundinnen und Kunden, große und in besonders liebevollem Umgang auch kleine. Während Deutsch zwischen den bunten Regalen voller Gesellschaftsspiele und dem Harry-Potter-Merchandise steht und von ihrem Laden erzählt, läuft ihr eine vielleicht Dreijährige in rosafarbener Flausche-Jacke zwischen die Beine und bringt Deutsch Spielzeug aus einem Regal. Die Inhaberin scheint sich mit Gelassenheit über das glückliche Kind zu freuen: „Wir nehmen die Kinder ernst.“ Viele Eltern schicken die junge Kundschaft schon früh allein in die Kinderkiste, sie wissen, dort können sie einkaufen lernen.

Leichlinger Spielwarengeschäft Kinderkiste: Inhaberin Stefanie Deutsch

Leichlinger Spielwarengeschäft Kinderkiste: Inhaberin Stefanie Deutsch

Fragt man Deutsch und Jellwitzki, was sie erfolgreich macht, heben sie bescheiden die Hände, „wir wollen immer nett und freundlich sein“, sagen sie nur. Ein Grund könnte ihr aufwendiger Auftritt auf Instagram und Facebook sein. Neuheiten posten sie mit Test, Bewertung und Erklärung und geben in kurzen Videos Bastel- und Beschäftigungstipps für zu Hause.

Die beiden kennen jeden Artikel in ihrem Laden. Besonders scheinen es ihnen die Handpuppen angetan zu haben. Horst Pferdinand V. (seine Vorgänger sind verkauft worden) aus der Wiwaldi Show hängt als Laden-Maskottchen hinter der Kasse, er ist Deutschs Lieblingskuscheltier.

Corona führte zu einem Puzzle-Hype

Und die Kinderkiste bleibt flexibel. Manchmal riefen Eltern an, erzählen die zwei Frauen, die keine Zeit zum Einkaufen hätten, aber ein Geschenk bräuchten. Dann packt die Kinderkiste geeignete Ware ein, die nur noch abgeholt werden muss. 

Während Corona haben Jellwitzki und Deutsch ein verändertes Kaufverhalten bei der Kundschaft beobachtet. Dann sei der Hype auf Puzzle und auf alles, womit man sich alleine beschäftigen kann, groß gewesen. Und Detektivspiele gewännen an Beliebtheit. Vergangenes Weihnachten bemerkte das Spielwarengeschäft, dass bei vielen Familien das Geld knapper wurde. Kinder hätten dieses Mal eher Kleineres bekommen und die Familie gemeinsam ein großes Spiel, sagen Deutsch und Jellwitzki. Die Zeit miteinander habe im Vordergrund gestanden.

Inhaberinnen des Leichlinger Spielwarengeschäfts Kinderkiste: Stefanie Deutsch (rechts) und Monika Jellwitzki mit den Geburtstags-Schatzkisten

Inhaberinnen des Leichlinger Spielwarengeschäfts Kinderkiste: Stefanie Deutsch (rechts) und Monika Jellwitzki mit den Geburtstags-Schatzkisten

Gleich beliebt bleibt aber ein Highlight für die Kinder, das es von Anfang an gab: Die Geburtstagskisten. Hat ein Kind Geburtstag, kann es sich Geschenke aussuchen und in einer Kiste sammeln, damit Freunde sie ihm kaufen können. Nur ihr Aussehen ist aktualisiert, heute sind es richtige Schatzkisten.

Darin landet seit Jahrzehnten altbewährtes: Playmobil-Figuren, Lego-Steine, Schleich-Tiere türmen sich daneben in den Regalen und Kinder schnappen sie sich mit leuchtenden Augen, um sie in ihre Schatzkiste zu packen. Und auch die Wissenschaftsspiele von Kosmos und die Barbie sind noch immer angesagt. Pokémon-Karten bleiben die meistgekauften Artikel der Kinder.

Umzug mit Bollerwagen quer über den Marktplatz

Seit 2006 gibt es die Kinderkiste. Die zwei Leichlinger Mütter Stefanie Deutsch und Kathrin Weber engagierten sich gemeinsam im Förderverein des Kindergartens Förstchen. Und sie fanden, das klappte so gut, dass sie auch Geschäftspartnerinnen werden könnten. Sie sollten Recht behalten.

Das Geschäft entwickelte sich zu einer Institution in der Stadt – und vergrößerte sich. „Mit Mann und Maus“, wie Deutsch sagt, zog die Kinderkiste in das verglaste Ecklokal, wo mittlerweile Appenrodt eingezogen ist. Die Familien, Bekannte und sogar die Kundschaft half, den gesamten Geschäftsbestand in Kisten und Bollerwagen quer über den Marktplatz zu schleppen.

Bei der Aufsehen erregenden Aktion blieb es allerdings nicht. Noch einmal stand ein Umzug an, vor zehn Jahren, in das heutige Lokal Im Brückerfeld 11. „Hier gehen wir nicht mehr weg“, sagt Deutsch.

Leichlinger Spielwarengeschäft Kinderkiste: Inhaberin Monika Jellwitzki

Leichlinger Spielwarengeschäft Kinderkiste: Inhaberin Monika Jellwitzki

Anfang 2021 dann erfolgte ein Wechsel im Inhaberinnen-Team: Monika Jellwitzki übernahm den Posten von Mitgründerin Weber im Chefinnen-Duo. „Übergangsweise“, sagt die Mutter, „für meinen Sohn“, und lacht. Der Sechsjährige war Stammkunde und erzählte einmal an der Kasse: „Ich weiß ja, was ich werden will, ich will die Kinderkiste übernehmen.“ Den Traum aus dem Kindskopf verwirklichte Jellwitzki, die eh schon überlegt hatte, statt im Außendienst für Kosmetik in einem Leichlinger Geschäft zu arbeiten. „Wenn, dann da“, hatte sich die Leichlingerin gesagt.

Ausräumen und Improvisieren nach der Flut

Zwei Monate hat sie in der Kinderkiste gearbeitet, da erlebte auch sie, wie es ist, das Geschäft auszuräumen: Die Wupperflut kam. Jellwitzikis Mann arbeitet beim THW. Er füllte am Abend des 14. Juli Müllbeutel mit Sand und legte sie vor die Eingangstür. Die konnte er tatsächlich schützen, aber der Schwachpunkt des Ladens offenbarte sich an unerwarteter Stelle.

Durch die Ritzen einer zweiten Ladentür, in Vergessenheit geraten, weil sie hinter Regalen nicht genutzt wurde, drang das Wasser ein. Die vielen bunten Pappaufsteller sogen sich voll, kippten nach vorn, Regale stürzten ein. Der Keller lief voll, dort lagerte schon die Ware für das Weihnachtsgeschäft. „Wir haben noch versucht, so viel wie möglich hochzustellen und zu retten, aber um Mitternacht kam das Wasser“, sagt Jellwitzki. Rettungskräfte schickten sie zur Sicherheit aus ihrem Laden. 

Die Kinderkiste hatte keine Versicherung und verkaufte alles, was trocken geblieben ist, bei einem Notverkauf. Ein Jahr lang nutzten sie einen Container auf dem benachbarten Parkplatz statt des Kellers als Lager. „Neue Lieferungen mussten wir manchmal im Schaufenster lagern“, sagt Deutsch, „die Kunden haben das alles super mitgemacht“.

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