Schiedsfrau für LeichlingenGisela Becher kümmert sich jetzt um Witzheldener Streithähne

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Schiedsfrau Gisela Becher steht mit ihrem Vorgänger Gert Schulze im Rathausfoyer vor dem Schriftzug Blütenstadt Leichlingen

Schiedsfrau Gisela Becher mit ihrem Vorgänger Gert Schulze.

Gisela Becher ist die neue Schiedsfrau für den Bezirk Witzhelden. Sie hat das Ehrenamt von Gert Schulze übernommen, der 15 Jahre lang zwischen Streithähnen geschlichtet hat.

Mit guten Tipps, Erfahrungen und Warnungen von ihrem Vorgänger ausgestattet, hat Gisela Becher ihre Tätigkeit als neue Schiedsfrau für Witzhelden angetreten. Gewählt worden ist die 62-Jährige wie berichtet vom Stadtrat bereits Ende September. Vereidigt worden ist sie vor drei Wochen im Amtsgericht Leverkusen. Zur offiziellen Amtsübergabe traf sie sich jetzt mit Gert Schulze, der das Ehrenamt im Oberleichlinger Bezirk 15 Jahre lang ausgeübt hat, im Rathaus. Und bekam von ihm ein paar gut gemeinte Empfehlungen mit auf den Weg.

Becher wohnt seit elf Jahren im Höhendorf. 20 Jahre lang war sie Immobilienberaterin bei der Kreissparkasse Köln in Leichlingen und hat dort reichlich Menschenkenntnis erworben, die sie für ihre neue Aufgabe gut gebrauchen kann. Als sie im vergangenen Jahr in den Ruhestand getreten ist, hat sie neben ihrem Engagement im Verkehrs- und Verschönerungsverein nach neuen Herausforderungen gesucht. Festgestellt: „Gärtnern ist nicht mein Ding“. Und sich auf die ausgeschriebene Position als Schiedsfrau im Stadtbezirk II beworben. Mit Erfolg: Unter drei Kandidaten ist sie vom Rat ausgewählt worden.

Die Maklerin hat jahrelang vermittelt

„Ich bin sehr dankbar, dass mein Leben so positiv verlaufen ist und möchte jetzt auch etwas davon zurückgeben“, beschreibt sie ihre Motivation für das Ehrenamt. Juristin muss sie dafür nicht sein. „Ich habe beruflich mit vielen Menschen zu tun gehabt, Käufer und Verkäufer vermittelnd zusammengebracht und auch Erbauseinandersetzungen begleitet“, baut sie auf ihre Erfahrungen als Maklerin. Sie ist auch bei der Schuldnerberatung in Leverkusen aktiv.

Was kann ihr Vorgänger Schulze ihr noch raten? Zum Beispiel: Bloß keinen bürokratischen Papierkrieg mit den zu kleinen 199 Musterformularen für Streitfälle anfangen, sondern bei den Verhandlungen besser ein handschriftliches Protokoll aufsetzen und direkt von beiden Kontrahenten unterschreiben lassen: „Das ist auch ausreichend“, sagte der 78-Jährige. Nur nicht nervös werden solle sie, wenn in den nächsten Wochen etliche Bittsteller anklopfen: „Es kann sein, dass Sie jetzt erst einmal überfallen werden, aber keine Angst, das ebbt wieder ab.“

Man kann natürlich ins Wohnzimmer einladen, aber lassen Sie es sein
Gert Schulzes Ratschlag an Gisela Becher

Und vor allem: Streithähne lieber nicht nach Hause einladen, sondern sich an einem neutralen Ort im Dorf treffen: „Man kann natürlich auch ins Wohnzimmer einladen, aber wenn Sie es vermeiden können, lassen Sie es sein“, warnte Schulze, der mit einem gerahmten Bild und Sekt zum Dank für seinen langen Einsatz verabschiedet wurde. Die Ehrenplakette der Stadt hat der frühere Gymnasiallehrer bereits. Er war bis 1994 zehn Jahre lang auch CDU-Ratsherr.

Immer ein Blumentopf auf dem Tisch

Der offizielle Büroraum für die Witzheldener Schiedsperson befindet sich im Tiefgeschoss der Grundschule und ist wenig gemütlich. Schulze hat immer eine rote Tischdecke und eine Topfblume mitgenommen, um es dort etwas heimeliger zu machen. Auch Becher wird ihre Arbeit dort aufnehmen und ihren eigenen Stil für die Gesprächsmoderation finden.

Gemeinsam mit dem Leichlinger Schiedsmann Michael Altmeyer-Lange, der soeben vom Rat für eine zweite fünfjährige Amtszeit wiedergewählt worden ist, fungiert Gisela Becher zukünftig bei allen Rechtsstreitigkeiten zwischen Bürgerinnen und Bürgern, vor allem zwischen Nachbarn, aber auch bei Mieter-Konflikten als neutrale Mediatorin. Schiedspersonen sind zur Verschwiegenheit verpflichtet, unparteiisch tätig und um unbürokratische außergerichtliche Schlichtungen bemüht. In Schulzes 15-jähriger Dienstzeit, blickt er zufrieden zurück, sei sein Schlichtungsversuch nur einmal gescheitert und vor Gericht gekommen.

Nach Schulzes Erfahrungen fallen in Witzhelden etwa ein halbes Dutzend Fälle pro Jahr an. Ganz oft sind es Grenz-Streitigkeiten, Ärger wegen Pflanzenwildwuchs, Schatten und Mauern, Laub, Hundegebell, Beleidigungen und Rasenmäher-Lärm, vielfach auch nur Kinkerlitzchen. Einmal hatte er es aber auch mit einem bewaffneten pensionierten Polizisten zu tun, der Kinder bedroht hat. Neue Phänomene sind für Schiedspersonen Drohnenflüge über Nachbars Grundstück und Kamera-Aufnahmen aus der Videoüberwachung.

Im Amtsgerichtsbezirk Leverkusen gibt es 14 Schiedsamtsbezirke, in Nordrhein-Westfalen mehr als 1200 Schiedsleute. Sie werden von den Räten auf fünf Jahre gewählt und vom zuständigen Amtsgericht bestätigt und fachlich betreut. Vertrauensmann der Schiedspersonen des Amtsgerichts ist Martin Krampf aus Leverkusen.

In Leichlingen gibt es zwei Schiedspersonen, die sich bei Bedarf wechselweise auch vertreten: Michael-Altmeyer-Lange ist für die Innenstadt zuständig und unter 02175/90274 erreichbar, Gisela Becher für Fälle aus Witzhelden ab sofort unter 0151/61476987.

In Burscheid sind zwei Schiedsleute tätig: Wolfgang Brost, 02174/62226, und Cornelia Lukas-Voss (Hilgen), 02174/8791.

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