„Kein Feldzug“ versus „unverantwortlich“Soll man in Corona-Zeiten Motorradfahren?

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Motorradtouren: Sollte man aktuell auf sie verzichten?

  • Erlaubt sind Motorradtouren - aber darf man dennoch? Gerade jetzt in Corona-Zeiten?
  • Unsere Redakteure streiten in einem Pro & Contra.

Leichlingen/Burscheid – Motorradtouren, ja oder nein? Unsere Redakteure streiten, ob man die Ausflugstouren in Corona-Zeiten machen soll. Erlaubt sind sie - aber darf man dennoch? Hans-Günter Borowski findet die Touren in Ordnung, Agatha Mazur hält sie für unverantwortlich - jetzt mehr denn je.

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Pro von Hans-Günter Borowski: „Kein Feldzug gegen Motorradfahrer“

Du sollst nicht rasen. Du sollst den Motor nicht aufheulen lassen, Du Angeber. Du sollst nicht auf der Gegenfahrbahn durch die Kurve heizen. Du sollst nicht lauter sein als der Tüv erlaubt. Aber es ist erlaubt, Motorrad zu fahren. Und wenn man dabei Rücksicht nimmt und die Gebote der Vernunft achtet, darf man durchaus seinen Spaß daran haben. Auch in Corona-Zeiten.

Die Forderung, während der Ausgangsbeschränkungen komplett aufs Biken zu verzichten, nimmt die große Mehrheit der besonnenen Fahrer in Sippenhaft, die für die schwarzen Schafe ihrer Zunft büßen sollen. Nur weil ein paar Bekloppte sich Rennen auf vier Rädern liefern, werden ja auch keine Autofahrten verboten.

Ein Schutzhelm ist so gut wie eine Stoffmaske. Alleine unterwegs, kann man niemanden anstecken. Kontakte mit mehr als zwei Personen scheitern schon daran, dass die bekannten Motorrad-Cafés und Parkplätze, wo man sich sonst zur Kaffeepause trifft, geschlossen sind. Und Motorradfahrer moralisch damit unter Druck zu setzen, dass sie im Ernstfall Krankenhausbetten für Covid-19-Patienten blockieren würden, ist nicht gerechtfertigt. Mit einem Knochenbruch landet man kaum auf der Intensivstation unterm Beatmungsgerät. Die Unfallzahlen sind ohnehin deutlich gesunken und, trotz vieler Biker und super Wetter, auf Rekordtief.

2019 wurden im Rheinisch-Bergischen Kreis bei Unfällen 88 Motorradfahrer verletzt, die Hälfte musste stationär behandelt werden. Gleichzeitig gab es 500 verletzte Autofahrer, 183 Radfahrer und 107 Fußgänger, insgesamt 252 Unfallopfer in den Kliniken. Wer fordert deshalb, alle Pkw-Ausflüge, Spaziergänge und Radtouren zu verbieten? Außerdem geschehen mehr als doppelt so viele Unfälle im Haushalt als auf den Straßen. Also im Home-Office bitte keinesfalls Gardinen waschen oder Keller aufräumen, weil man von der Leiter oder Treppe stürzen könnte? Bleibt das Lärmproblem. Ja, es gibt Spinner, die unsinniger Weise Krach machen. Und sie gehören aus dem Verkehr gezogen. Aber die Corona-Krise ist kein Grund für einen allgemeinen Feldzug gegen Motorradfahrer.

Contra von Agatha Mazur: „Jeder sollte Unfälle vermeiden“

Die Motorradsaison ist eröffnet, 20 Grad und Sonnenschein locken ins Bergische Land. Bereits am vergangenen Wochenende konnte man beim Spaziergehen aus der Ferne im Minutentakt die Motorräder röhren hören. Für Ostern lässt das Böses ahnen. In diesen Zeiten sind solche Ausflüge aber unverantwortlich. Nein, das wird jetzt kein allgemeines „Motorradfahrer-Bashing“. Und nein, es geht nicht um die Ansteckungsgefahr mit dem Coronavirus zwischen den Fahrern, ein Motorradhelm schützt vermutlich besser als jeder Mundschutz. Es geht darum, dass aktuell jeder versuchen sollte, das Gesundheitssystem, die verfügbaren Krankenhausbetten und die Ärzte- und Pflegerschaft zu schonen – und Unfälle zu vermeiden.

Auch wenn die Zahl der verletzten Motorradfahrer im Rheinisch-Bergischen Kreis von 120 im Jahr 2018 auf 88 im vergangenen Jahr gefallen ist, haben Kraftradnutzer laut Statistischem Bundesamt insgesamt dennoch ein höheres Unfallrisiko – und darüber hinaus auch ein deutlich höheres Risiko, bei einem Unfall zu sterben. Nicht falsch verstehen: Wenn jemand verunglückt, muss ihm geholfen werden – ohne wenn und aber. Aber aktuell sollte jeder versuchen, das Risiko eines Unfalls so gering wie möglich zu halten. Denn: Ein Krankenhausbett auf der Intensivstation, das von einem in der Freizeit verunglückten Menschen belegt wird, kann keinem Covid-19-Patienten helfen.

Selbstverständlich sollten auch Auto- oder Fahrradfahrer prüfen, ob sie nicht auf ihre Freizeittour an Ostern verzichten können, doch je höher das Unfallrisiko, desto mehr Verantwortung. Mein Appell an alle Motorradfahrer: Lassen Sie Ihr Fahrzeug stehen. Tun Sie es für Ihre Gesundheit und die Ihrer Mitbürger.

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