Burscheider Bäcker Kretzer erklärtDarum müssen Brötchen und Brot jetzt teurer werden

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Richard Kretzer, Inhaber der Burscheider Bäckerei Kretzer, in seiner Filiale in Leverkusen-Lützenkirchen

Burscheid/Leverkusen – Die Burscheider Bäckerei Kretzer verkauft in zwölf Filialen in Leverkusen und dem Bergischen Brot und Brötchen. Inklusive Inhaber Richard Kretzer arbeiten 103 Menschen für das Traditionsunternehmen. Explodierende Einkaufs- und Produktionskosten machen dem Bäckerhandwerk derzeit schwer zu schaffen. „Ich bin erschüttert, was täglich auf uns einprasselt“, sagt Kretzer. Der Bäckerei-Chef erklärt, warum die Preise für Backwaren nun steigen – und in welchem Ausmaß das Verbraucherinnen und Verbraucher treffen wird.

Täglich steigen die Preise

„Das ist eine Situation, wie ich sie noch nicht mitgemacht habe“, sagt Kretzer am Dienstag dem „Leverkusener Anzeiger“. Tägliche habe er Preissteigerungen zu verzeichnen, führt er aus und nimmt als Beispiel Mehl: „In nur sechs Monaten von Oktober bis März sind die Preise bei Mehlen in drei Schritten um beinahe 100 Prozent gestiegen.“

Der deutsche Getreidemarkt sei von Amerika und China leergekauft worden, die Preise deswegen so stark gestiegen. Hinzu komme der Krieg in der Ukraine. Das Land gilt als Kornkammer Europas – wenn dort kein Getreide ausgesät wird, erschüttert das den Weltmarkt.

Es gehe aber bei den Preisen auch über die Mehle hinaus, so Kretzer, „das zieht sich durch“: Bei Rohstoffen wie Saaten seien die Kosten für sein Unternehmen um 23 Prozent gestiegen, bei Snackzutaten, Wurstwaren und Schinken um elf Prozent. „Wir hatten auch eine Explosion bei den Kosten für die Verpackungen unserer Waren“, sagt Kretzer.

Unterbrochene Lieferketten sind ein Problem

Ein Problem stellen die Lieferketten dar – ein Dauerthema  vieler Branchen seit Beginn der Coronavirus-Pandemie. „Ich denke jetzt täglich über die Rohstoffbeschaffung nach“, sagt Kretzer. „Das ist ein Problem, das ich nicht kenne.“ 2021 sei es schwierig gewesen, den erlesenen Krokant aus Italien zu bekommen, den die Bäckerei verwendet, „weil die Lieferketten irgendwo unterbrochen waren“, sagt der Inhaber: „Ich hätte nie für möglich gehalten, dass das System so fragil ist.“

Es geht weiter beim Fuhrpark: In der Backstube in Burscheid-Hilgen werden die rohen Teiglinge hergestellt und von dort mit Transportern gekühlt in die zwölf Geschäfte gefahren und dort frisch gebacken. Drei Touren fahren die Angestellten täglich. „Bei den Kosten des Fuhrparks liegen wir 94 Prozent über dem Vorjahr.“ Hier wirkt sich das riesige Kostenplus beim Öl durch den Angriff Russlands auf die Ukraine aus.

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Richard Kretzer, Inhaber der Burscheider Bäckerei Kretzer, in seiner Filiale in Leverkusen-Lützenkirchen

„Das dramatischste aber“, sagt Kretzer, „ist die Preisentwicklung beim Strom – und wir brauchen viel Strom.“ Um 400 Prozent sei für die Bäckerei Kretzer der Arbeitspreis für eine Kilowattstunde gestiegen.

Und was bedeutet das für Kundinnen und Kunden? Werden Brötchen und Brot unerschwinglich? „Ich scheue Preisanhebungen immer“, sagt Kretzer, „unterm Strich können wir Produkte aber nicht subventionieren.“ Das könne er auch seinen Mitarbeitern im Sinne eines sicheren Arbeitsplatzes nicht zumuten. Bislang kalkuliere er maßvoll und setze darauf, dass sich der Markt wieder entspanne. „Mal schauen, wie im Sommer die Ernten werden“, sagt Kretzer.

Zehn-Cent-Steigerung beim Brötchen möglich

Teilweise wurden die Preise aber auch schon angehoben, zum Beispiel für ein 750 Gramm schweres Weizenmischbrot: von 3,40 auf 3,60 Euro. „Das ist ein notwendiges Übel“, bekennt Kretzer. Er könne auch auf günstigere Rohstoffe umsteigen, aber er biete Backwaren im Premiumsegment und wolle auch nicht auf Qualität verzichten. „Zwangsweise werden wir also teurer.“

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Der Preis für ein normales Brötchen wurde zuletzt im Oktober um zwei Cent auf 40 Cent angehoben. „Ich befürchte aber, dass die 40 Cent nicht mehr lange zu halten sind“, sagt Kretzer, „und dass mit zehn Cent Preisanstieg zu rechnen ist. Das ist noch maßvoll angesichts der Preiserhöhungen für uns.“ Er versichere, höhere Gewinnabsichten verfolge er dabei nicht.

Die Bäckerei Kretzer ist einer von heute noch über 10.000 Bäckereibetrieben in Deutschland. Der Qualitätsanspruch spiegelt sich bei ihr auch in den Preisen wider, andere Bäckereien bieten ihre Produkte günstiger feil. Alle Fachbetriebe aber eint eins: Sie stehen unter einem enormen Kostendruck – und wohl alle werden ihre Verkaufspreise anheben, wenn sie es nicht schon getan haben.

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