Dirigentin Bar Avni mit emotionaler RedeBayer Philharmoniker läuten neues Jahr ein

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Bar Avni und die Philharmoniker bei den Proben.

Bar Avni und die Philharmoniker bei den Proben.

Leverkusen – Am Ende war es nicht nur ein kurzweiliges Silvesterkonzert (dem einen Tag später ein ähnliches Neujahrskonzert im Erholungshaus folgen sollte). Sondern ein kleiner Rausch der Emotionen, der da im Forum vonstatten ging. Bar Avni stand am Bühnenrand, schnappte sich das Mikrofon, bedankte sich bei den Menschen im Saal für deren Kommen, das sie, die Dirigentin, als nicht selbstverständlich erachtete in diesen Zeiten.

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Als nächstes richtete sie einige Worte an die Musikerinnen und Musiker der Bayer Philharmoniker, die sie vor einem Jahr übernommen hatte und mit denen sie ob der Pandemie doch so viel weniger Zeit hatte verbringen können als gedacht. Es sei „so schön“, dass sie nun zusammen seien. Dass sich das Orchester und sie, die Leiterin, gefunden hätten. Und dann: Sackte ihre Stimme weg. Musste sie Luft holen. Kurzum: War Bar Avni genau so, wie sie zuvor gute eineinhalb Stunden lang die Philharmoniker durch das Konzert geleitet hatte: maximal emotional.

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In die Musik versunken

Das passte. Denn auch wenn der Auftakt ins „Americana“ betitelte Programm mit Arnold Schönbergs „Fanfare For a Bowl Concert“ kurz und eher leicht geraten war: Danach wühlte sich die junge Israelin mit mitreißenden, weit ausholenden Gesten und einer Mimik des In-die-Musik-Versunken-Seins durch Dmitri Schostakowitschs Konzert in c-Moll für Trompete, Streichorchester und Klavier sowie Charles Ives’ 2. Symphonie, als sei es für sie selbst der ultimative Hochgenuss. Schostakowitschs Werk hörte man – kongenial getragen von der Pianistin Tamar Beraia und dem Trompeter Tamás Pálfalvi – des Komponisten Vorliebe für (Stumm-)Filmmusik an.

Bei Ives berühren die steten auf die Spitze getriebenen Wechsel des Beinahe-Versiegens der Musik und der lauten, gewaltigen Ausbrüche, die gerade gen Ende hin eine ungemeine Wucht entfalteten und Bar Avni immer weiter ausholen und immer dringender zum Einsatz auffordern ließen. Eine 40-minütige, vertonte Erinnerungsträumerei Ives’ an seine Heimat New York zwischen Broadway-Romanze und Marching-Band-Musikzügen.

Es folgte die Gefühlsrede Bar Avnis. Eine kleine Zugabe mit Brahms’ „Liebeslieder-Walzer“. Und eine große, als sich die Dirigentin die Trommel schnappte und Orchester wie klatschendes Publikum gemeinsam durch den Radetzky-Marsch jagte. In diesem Moment ließ gar der traditionelle Neujahrsmorgen im Wiener Musikverein grüßen. Herrlich dick aufgetragen und mit Leidenschaft sowie einem wunderbar unverschämten, verschmitzten Lächeln in musikalischer Form.

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