Haarewaschen ist jetzt PflichtSo funktioniert der Frisörbesuch unter Corona-Auflagen

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Geschäftsführer Stephan Müller (M) und seine fünf Mitarbeiterinnen dürfen seit Montag wieder Haare schneiden, die Freude ist beiderseits der Schere groß.

Geschäftsführer Stephan Müller (M) und seine fünf Mitarbeiterinnen dürfen seit Montag wieder Haare schneiden, die Freude ist beiderseits der Schere groß.

Leverkusen – „Das sieht ja aus wie im OP-Saal hier“, ruft eine Kundin fröhlich. „Passen Sie bloß auf, ich mache gleich den Eingriff“, entgegnet Stephan Müller im weißen Kittel und Mundschutz lachend. Die Stimmung ist heiter und gelöst im Friseursalon Stephan an der Bergischen Landstraße in Schlebusch. Nach sechs Wochen Schließung dürfen am Montag endlich wieder Haare gefärbt und geschnitten werden.

Endlich kommt der Ansatz weg

Bärbel Schröder ist die erste Kundin. „Zu 100 Prozent habe ich den Friseurbesuch vermisst“, sagt sie. Jetzt kommt der graue Ansatz endlich weg. „Es war richtig, dass die Friseure auch geschlossen wurden“, betont sie.

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Angst, nun zum Haareschneiden mit Gesichtsmaske, aber ohne Mindestabstand zu kommen, hat sie nicht. „Man gewöhnt sich ja an die neue Situation.“ Ungewohnt ist, dass ihr vor dem Färben die Haare gewaschen und wieder geföhnt werden müssen: Eine der vielen Hygieneauflagen (siehe Infobox). Das Waschen nach dem Färben ersetzt das aber natürlich nicht.

Kunden müssen Daten hinterlassen

Die Verbraucherzentrale Leverkusen klärt auf, was bei einem Friseurbesuch zu beachten ist:

Nicht zum Friseur gehen dürfen Menschen mit Atemwegsinfektionen oder Fieber, außerdem sollte ein Termin vereinbart sein.

Begleitpersonen dürfen nur mitgebracht werden, wenn sie zur Betreuung dringend notwendig sind.

Hände waschen oder desinfizieren im Salon.

Maskenpflicht gilt sowohl für das Personal als auch für Kunden, da der Mindestabstand bei der Friseurtätigkeit nicht eingehalten werden kann.

Dokumentation der Daten: Friseursalons sind verpflichtet, eine Liste mit Kontaktdaten ihrer Kunden zu führen, damit bei einem Krankheitsausbruch die Infektionsketten lückenlos nachverfolgt und die Betroffenen schnell informiert werden können. Wer dies verweigert, kann nicht bedient werden.

Obligatorische Haarwäsche: Zu Beginn jeder Friseurbehandlung müssen die Haare gewaschen werden, da nicht ausgeschlossen werden kann, dass sich Viren auf den Haaren befinden. Dies gilt auch für das Färben der Haare.

Keine „gesichtsnahen“ Tätigkeiten: Stutzen und Schneiden von Herrenbärten, Zupfen der Augenbrauen oder Färben der Wimpern verlangt eine zu große Nähe und sind daher bislang noch nicht gestattet. (stes)

„Wir mussten die Preise leicht anpassen, weil wir mehr Aufwand haben und weniger Kunden gleichzeitig betreuen können“, sagt Stephan Müller. Von normalerweise neun Plätzen sind drei gesperrt, von drei Waschbecken nur zwei in Betrieb, für die Desinfektion der Plätze muss Zeit eingeplant werden, die nicht für Frisuren genutzt werden kann.

Schnelle Soforthilfe

Finanziell hat Stephan Müller die Schließzeit einigermaßen überstanden. „Die Soforthilfe vom Land war wenige Tage nach der Beantragung schon da, das lief super.“ Die Mitarbeiter musste er in Kurzarbeit schicken und selbst an die Rücklagen gehen. Zu tun hatte er aber dennoch. „Ich habe regelmäßig mit den Kunden telefoniert und die Termine verschoben.“ Außerdem wurde der Salon umgerüstet: Nun gibt es einen getrennten Ein- und Ausgang, einen Tisch mit Desinfektionsmittel am Eingang. In den Dreierreihen wurde der mittlere Sitzplatz entfernt, vor der Kasse eine Plexiglasscheibe aufgehängt.

Probleme mit den Ohren

Dahinter klingelt regelmäßig das Telefon. Kunden wollen neue Termine vereinbaren und wissen, wie es nun läuft im Salon. Eine Mitarbeiterin erklärt geduldig die Pflicht zum Maskentragen und Haarewaschen. Termine gib es für die nächsten drei Wochen keine mehr. „Aber der Ansturm ist gar nicht so groß, wie man es nach sechs Wochen Schließung erwarten könnte“, sagt Stephan Müller. Vielleicht hätten viele Kunden noch Angst, rauszugehen. Und vor dem fehlenden Sicherheitsabstand beim Haareschneiden.

Auf Abstand: Das mittlere Waschbecken ist abgesperrt.

Auf Abstand: Das mittlere Waschbecken ist abgesperrt.

Einiges muss an diesem Morgen noch ausprobiert werden: Wie wäscht man Haare, ohne dass die Gesichtsmaske des Kunden nass wird? Wie schneidet man die Haare hinter den Ohren? Erster Lösungsansatz: Der Kunde muss die Maskenhalterung hinter den Ohren entfernen und die Maske kurz mit den Händen am Gesicht festhalten, bis die Ohren wieder frei sind.

Ungewöhnlicher erster Arbeitstag

Das Team ist aber froh, dass es überhaupt wieder arbeiten kann. Alle voran Sabrina Kramer. Sie hat am Montag ihren ersten Tag im Salon Stephan. „Eigentlich sollte ich am 1. April anfangen und war ganz traurig, dass das nicht geklappt hat“, sagt die Friseurin.

Frisör

Sabrina Kramer hat einen ungewöhnlichen ersten Arbeitstag.

Die Neueinstellung wegen der unsicheren Situation rückgängig zu machen, darüber hat der Inhaber nie nachgedacht. „Wir hatten vorher den Bedarf. Jetzt können wir zwar immer noch nicht voll arbeiten, aber das kommt hoffentlich bald wieder. Und sie nun doch nicht einzustellen, hätte ich der Kollegin gegenüber als unfair empfunden.“ So hat er nun auch eine „Schwester Sabrina“, wie der Chef scherzhaft zu seinen maskierten Mitarbeiterinnen sagt.

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