Jugendzentrum Bunker„Unter den Dächern brodelt es“

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Reiner Hiken

Reiner Hiken

Leverkuse – Leverkusen sei „im Gefrierzustand“, sagt Reiner Hilken. Das klingt kalt und düster. Und genau so fühlt es sich an in diesen Tagen des Kontaktverbotes und der Ausgangsbeschränkungen. Indes: Wenn einer wie er das sagt, bekommt dieser Satz noch einmal eine andere Bedeutung. Denn Reiner Hilken kümmert sich seit Jahrzehnten um Jugendliche. Um Teenager, die ohne ihn und das von ihm betreute Jugendzentrum Bunker in Manfort womöglich andere, abseitige Wege in diesem Leben einschlagen würden. Deshalb bereitet ihm die Ausbreitung des Coronavirus Sorgen. Sorgen, die er so äußert: „Die Stadt wirkt nach außen hin ruhig. Aber unter den Dächern brodelt es.“

Wachsende Langeweile

Für Jugendliche wachse nun von Tag zu Tag die Langeweile. Das erfahre er in E-Mails und Nachrichten über das Smartphone, die er jeden Tag bekomme. Sie bescheren ihm nicht nur ein mulmiges Gefühl. Sie lassen seien Alarmglocken schrillen. Einige Beispiele aus den vergangenen Tagen: „Ich gucke Filme, weil meine Mutter mich nicht mehr rauslässt, ich bin verzweifelt.“ Oder: „Ich chille auf der Couch und gucke Netflix.“ Oder: „Wenn ich nur mal kurz vor die Tür dürfte – das ist wie Knast.“ Oder: „Ich mache nix, gar nix, ich hab’ zu nix Lust.“ Wenn man es genau nimmt, dann ist jeder einzelne dieser Sätze ein Hilferuf. „10, 12, 13 Stunden vor der Glotze oder der Playstation hinterlassen ihre Spuren“, sagt Reiner Hilken.

Besonders gefährdet

Zumal viele der im Bunker Betreuten Kinder von alleinerziehenden Elternteilen und in Corona-Isolationszeiten besonders gefährdet seien, ob der nun noch komplizierteren Lebens- und Alltagsorganisation zu kurz zu kommen. Unbeachtet zu bleiben. Unterzugehen. „Wer vorher wenig kreativ war, den trifft die Welle der erzwungenen Enthaltsamkeit umso härter.“ Um ein Ende mit Schrecken zu vermeiden, setzen er und sein Team das Jugendzentrum kurzerhand in den Online-Modus.

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Das bedeutet: Derzeit gut 72 Jugendliche stehen in Whatsapp-Gruppen jederzeit miteinander in Kontakt organisieren gemeinsam mit Hilken und seinem Kollegen André Schönweiß Chats oder Wettbewerbe im Jonglieren mit Klopapierrollen. Und sie können ab sofort im virtuellen „Tante-Bunka-Laden“ Dinge einkaufen, die sie aus der Dauerberieselung mit Netflix, Playstation und Co. herausholen. Die Währung sind imaginäre Internet-Euro, von denen jeder Teilnehmer anfangs 100 zur Verfügung gestellt bekommt. Damit kauft er nach eigenen Wünschen ein persönliches Video, das andere für ihn drehen. Einen für ihn gesungenen Song. Einen Kuchen, der kontaktlos und unter Aufrechterhaltung sämtlicher Hygienevorschriften vor seine Haustüre geliefert wird. Oder die Teilnahme an Live-Chats mit Promis aus Sport oder Kultur, die bald angeboten werden sollen.

Notfallpakete für Bedürftige

Die Angebote kosten zwischen fünf und 20 Euro. Wer das virtuelle Konto leer geräumt hat, der kann es mit „guten Taten“ wie Einkaufshilfe für alte und kranke Menschen oder der – von den Eltern nachgewiesenen – Hilfe im heimischen Haushalt wieder aufladen. Und, ganz wichtig: „Es gibt auch Notfallpakete, die Klamotten, Essen, Desinfektionsmittel oder Toilettenpapier enthalten und die selbstverständlich umsonst zur Verfügung gestellt werden, wenn wirklich Not am Mann ist“, wie Reiner Hilken sagt. Das Angebot ist derzeit auf 150 Teilnehmer ausgelegt. „Wir arbeiten aber daran, noch mehr Jugendliche aufzunehmen.“

Alle Informationen gibt es auf der Internetseite des Jugendzentrums Bunker sowie unter 0214 / 4 19 06.

http://www.bunker-lev.de

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