Karnevalsprinz und LiedermacherLeverkusener Urgestein feiert 90. Geburtstag

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90 wird Kurt Stichnoth am 2. April, er ist ein Leverkusener Urgestein.

90 wird Kurt Stichnoth am 2. April, er ist ein Leverkusener Urgestein.

Leverkusen – Kurt Stichnoth denkt an das Alter. Gäbe es womöglich mal eine Zeit, in der er nicht mehr so agil und munter wäre, dann, sagt das Leverkusener Urgestein, habe er ja immer noch zehntausend Meter 16 Millimeterfilm, reihenweise Fotoalben, Skizzenmappen, die CDs mit seinen Liedern und die Erinnerungen. Stichnoth feiert am 2. April seinen 90. Geburtstag.

Die Erinnerungen, die der Grafiker und Parodist, Blumenstoffdesigner und Büttenredner, Radiostimme und Chorsänger zum Besten gibt, lassen durch die Bank eines erkennen: Da hat einer die Lust am Leben schon ganz früh entdeckt und offensichtlich hat sie ihn nie wieder losgelassen.

Im Privatkeller des Seniorenhauses Aquila sind bereits die Exponate zu bestaunen, die er demnächst in der Villa Römer in Zusammenarbeit mit dem Opladener Geschichtsverein zeigen will. Als Nesthäkchen unter sieben Geschwistern – er kam zwei Jahre vor der Silberhochzeit der Eltern zur Welt – habe er eine glückliche Kindheit erlebt. Unvergessen der vierwöchige Urlaub, den der Vater aufgrund seiner 25-jährigen Betriebszugehörigkeit bei Bayer mit ihm und der Mutter nach Salzburg, Wien und in die Berge Österreichs unternommen habe.

„Es gab Blaubeeren mit Schlagsahne. Und als ich eine zweite Portion haben wollte, zögerte meine Mutter.“ Am Nachbartisch habe jemand gesagt, „nu lassen sie den Jungen doch, wer weiß, wann er das wieder bekommt.“ Geärgert habe ihn der Satz. Denn warum sollte er nicht?

Tatsächlich brachen harte Zeiten an. Der Krieg brach aus das Elternhaus in der Kolonie III wurde niedergebombt. Schlimmes erlebte er im Bunker, bekam die Krätze und unternahm waghalsige Ausflüge nach Flittard. Dort hatte die Schwester Eingemachtes im Keller. Sein Bruder Otto kam in Afrika ums Leben und die Mutter verlor Kurt Stichnoth bald darauf auch.

Die Liebe zur Musik ergriff ihn schon früh und sollte ihn nie ganz loslassen.

Die Liebe zur Musik ergriff ihn schon früh und sollte ihn nie ganz loslassen.

Gut erinnert er sich an den Mangel der Nachkriegszeit. Der junge Mann hungerte nach Leben. Auf der Schusterinsel machte er seine Ausbildung im Bereich Textildesign.

Seine Zeichnungen aus der Zeit zeugen von enormer Kreativität, virtuos ist der Strich, die in Tusche dahingeworfene Szene an der Dhünn. Schloss Burg ist präzise und spannend zu Papier gebracht und Stichnoth lernte ein Handwerk, das ihn in den unterschiedlichsten Genres von der Kolorierung einer Bayer-Bilanz-Grafik bis zur Seidenmalerei sowohl Brotjob als auch Passion war.

Naturtalent auf der Bühne

Früh kam sein Naturtalent als Komödiant und Musiker zum Tragen. Das blieb zwar Nebenberuf, aber die schönsten Geschichten dürfte er an den zahllosen Abenden oder in Wochenendengagements erlebt haben, als es in die Bütt ging. Gnadenlos schaute er auf die Wortergüsse eines Karl Schiller, Wirtschafts- und Finanzminister unter Willy Brandt, und seine Rede zeichnete das ZDF auf, später kam seine Verballhornung des Schillerschen Fremdwörterschatzes in ein Schulbuch, um zu zeigen, wie man es nicht machen sollte.

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Belehrend ist Stichnoth nicht, er schaut mit Witz in die Welt und das macht Spaß. Gern hätte er mit seinem Chor, der Germania gefeiert. Aber aufgrund von Corona geht das nicht und er ist skeptisch, ob daraus so bald wieder was wird. Der Gesang fehle ihm. Als Trost gibt es eine CD mit den schönsten Liedern, gefeiert wird mit Ehefrau Ursula, mit der er im vergangenen Jahr Eiserne Hochzeit feierte und den Kindern.

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