Kommentar zum AusbauDie Planer der Leverkusener Mega-Stelze verhöhnen die Anwohnenden

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Rund 20 Menschen stehen auf der Straße und protestieren gegen den Autobahnausbau.

Protest gegen den Autobahnausbau im April 2022

Leverkusen bekommt die befürchtete Mega-Stelze. Das Verhalten der Autobahn GmbH des Bundes ist eine Frechheit und verhöhnt die Menschen in Leverkusen, schreibt unser Autor. 

Der große Leverkusener Kampf zeigt keine Wirkung. Die Mega-Stelze der Autobahn 1 kommt. Die A3 wird im Bestand verbreitert. Und damit kommen mehr Verkehr, mehr Abgase, mehr Gestank, mehr Versiegelung, Enteignungen, höhere Wände im Garten. Lautere Geräusche immerhin, nein, die werde es mit der Mega-Stelze nicht geben, und deswegen sei diese ja auch die beste Variante. Das ist das Ergebnis der Prüfung durch die dem Bundesverkehrsministerium unterstellte Autobahn GmbH.

Die Menschen sorgen sich nicht um den Lärm

Was für ein schlechter Witz. Einer, der ganz übel bei den Anwohnerinnen und Anwohnern der A1 und A3 in Leverkusen und vielen anderen Menschen in der Stadt aufstoßen wird. Denn die Kommunikation der Autobahn GmbH zu ihrem neuen Gutachten verhöhnt sie. Viele Anwohnende, schreibt das Bundesunternehmen, wünschten sich eine Tunnellösung vor allem aus einem Grund: „Zu groß ist die Angst vor mehr Lärm.“ Eine Lüge.

Hendrik  Geisler

Hendrik Geisler

Hendrik Geisler ist Leiter und Head of Digital der Redaktion NRW/Story und Head of Digital der Wirtschaftsredaktion.

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Die Menschen nahe der Autobahn sorgen sich nicht um mehr Lärm. Den kennen sie. Sie sorgen sich um Enteignungen, darum, dass ihre Gärten halbiert, ihre Häuser genommen werden, weil dort Asphalt und gewaltige Lärmschutzwände entstehen sollen. Neun Meter hohe Lärmschutzwände, die auf den Erdwällen am Ende der Gärten mitunter 14 Meter hoch in die Luft ragen werden, und nur deshalb so toll die Geräusche abwehren können. Sie sorgen sich um ihre Gesundheit, denn mehr Feinstaub durch mehr Verkehr bedeutet mehr Herzkreislauf- und Atemwegskrankheiten und mehr Tote durch diese Krankheiten. Sie sorgen sich um den Klimawandel, der ganz konkret hier vor Ort spürbar wird, wenn die Stadt auf einer gewaltigen Fläche weiter versiegelt wird und die Temperaturen steigen.

Sie sorgen sich um die Umwelt – um die Welt um sie herum, um ihre Heimat, um ihre Zukunft und die ihrer Kinder in Leverkusen. Denn eine Mega-Stelze wird die Lebensqualität in Leverkusen mindern.

Die ganze Stadt hat sich gegen die Ausbaupläne gestellt, und die verschiedenen Akteure stimmten im Grundsatz der Ablehnung auch überein. Im Kampf gegen die breiteren Autobahnen aber waren sie zu oft uneins über das Vorgehen. Viel zu spät wurde „Keinen Meter mehr!“ gestartet, erst 2021. Dabei laufen die Diskussionen um eine Mega-Stelze doch seit einem Jahrzehnt. Zu leise war bislang aber auch der öffentliche Kampf der Leverkusener Bundestagsabgeordneten Karl Lauterbach, Serap Güler und Nyke Slawik für Leverkusen. Die Blockadehaltung in der Stadt wird fortbestehen, ihre Erfolgsaussichten sind geschrumpft. FDP-Verkehrsminister Volker Wissing scheint die Angelegenheit völlig egal zu sein.

Das Vorgehen der Autobahn GmbH lässt auch keinen anderen Schluss zu: Eine Lösung abseits der Stelze hatte nie eine Chance. Dabei ist die Entscheidung durch und durch rückwärtsgewandt. Hier wird keine Region zukunftsfest gemacht, ihr wird es schwer gemacht, sich eine gute Zukunft aufzubauen.

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