„Keinen Meter mehr“Politiker lockern Blockadehaltung gegen Autobahnausbau in Leverkusen

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Autobahn durch Leverkusener Wohngebiet

Die Autobahn GmbH hat Kataster- und Eigentümerdaten der Anwohnenden angefragt – und wird diese jetzt bekommen.

Boykott oder Dialog? Die Leverkusener Politik will im Kampf gegen den Autobahnausbau eine neue Taktik ausprobieren.

„Keinen Meter mehr“ heißt der Slogan, hinter dem sich die Stadt im Kampf gegen den Autobahnausbau mitten durch Leverkusen einig versammelt hat. Man will keinen Meter mehr Stadtgebiet an die Autobahn abgeben und für Planungen dieser Art auch keine Daten mit der Autobahn GmbH teilen: der „größtmögliche Boykott“.

Nun aber hat der Stadtrat mit einer Mehrheit von 36 Ja- zu acht Nein-Stimmen zugestimmt, die von der Autobahn GmbH angeforderten Katasterdaten inklusive Eigentümerauskünften entlang der geplanten Ausbaubereiche in den Bauabschnitten zwei (Ausbau der A1 zwischen den Autobahnkreuzen Leverkusen-West und Leverkusen) und drei (Ausbau der A3 zwischen den Anschlussstellen Leverkusen-Zentrum und Leverkusen-Opladen) herauszugeben. Im Bau- und Finanzausschuss war das noch einstimmig abgelehnt worden.

Leverkusener zu Gesprächen in Berlin

Wie kam es nun zu dem Stimmungswechsel? „Wir hatten mit einer Delegation einen Termin im Bundesverkehrsministerium in Berlin“, erklärt die SPD-Fraktionsvorsitzende Milanie Kreutz. Alle Beteiligten hätten das Gespräch als konstruktiv empfunden. „Und weil wir uns auch mittelfristig auf die Autobahn GmbH zubewegen wollen, haben wir uns in dem Punkt abgesprochen, dass wir dem zustimmen und die Blockadehaltung an der Stelle etwas aufweichen wollen.“ Ansonsten würde man auch die Stadtverwaltung in eine rechtlich schwierige Situation bringen. „Wir bauen jetzt auf Dialog und hoffen, dass es Wirkung zeigt“, sagt Kreutz.

Eine Hoffnung, die vor allem die Bürgerliste nicht teilt. „Die Stadt wird von diesen Behörden im verkehrlichen Sinne vergewaltigt“, sagt Horst Müller. Die Weigerung werde von der Bezirksregierung ohnehin einkassiert, führt er fort. Deswegen könne die Stadt an dieser Stelle ruhig weiter Farbe bekennen. „Mit der Vergabe der zweiten Brücke ist die Stelze betoniert“, sagt auch sein Parteikollege Karl Schweiger. Damit sei „Keinen Meter mehr“ ohnehin obsolet. Schweiger malt ein düsteres Bild von der Zukunft Leverkusens in Baustellen, Staub und Verkehrschaos bis ins Jahr 2050. Hier noch irgendwelche Zugeständnisse zu machen, sei nicht angebracht. 

Auch die Grünen hatten Zweifel, ob das jetzt der richtige Weg sei, sagt Fraktionsvorsitzende Claudia Wiese. „Aber wir haben uns in diesem Fall dafür entschieden. Wir probieren jetzt mehr in den Dialog zu gehen. Es ist ein Versuch, aber wir sind weiter wachsam.“ Dem stimmt für die CDU auch deren Fraktionsvorsitzender Stefan Hebbel zu: „Wenn Sie alles blockieren, bewegen Sie gar nichts.“ „Es geht um den Austausch von Daten“, sagt Uwe Bartels (FDP). „Das ist kein Einknicken, das ist kein Anerkennen der für uns so verhängnisvollen, derzeitigen Vorzugsvarianten.“

Auch Oberbürgermeister Uwe Richrath gibt sich weiter kämpferisch: „Wir werden uns weiter maximal wehren. Es ist erst dann zu Ende, wenn der Beton für die Stelze gegossen ist.“ Man habe die eigene Position weder verloren noch verlassen. „Aber wenn noch einmal eine thematische Diskussion aufgegriffen wird, warum sollen wir die Tür zuschlagen.“ Er sei weiter guter Dinge. „Wir wissen, was wir zu tun haben, um unserer Stadt und die Umwelt zu schützen.“ Es werde alles sehr lange dauern. „Aber wir geben niemals auf.“

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