Die Krankenkassen wollen die Fehlfahrten nicht mehr zahlen, das könnte die finanziell ohnehin gebeutelte Stadt eine Menge Geld kosten.
RettungsdienstgebührenSPD Leverkusen greift Stadt an und warnt vor Millionenverlust

Die Krankenkassen wollen die Fehlfahrten des Rettungsdienstes nicht mehr zahlen.
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Droht der Stadt Leverkusen die nächste Hiobsbotschaft in Sachen Finanzen? Nachdem die Verwaltung zuletzt bekanntgegeben hatte, sich in einer Auseinandersetzung mit den Krankenkassen über die Finanzierung von Teilen des Rettungsdienstes zu befinden, greift die SPD Leverkusen jetzt die zuständige Baudezernentin Andrea Deppe an.
Zum Hintergrund in Kürze: Bei dem Konflikt geht es vor allem darum, wer die Fehlfahrten, die der Rettungsdienst leistet, bezahlt. Kostenträger des Rettungsdienstes grundsätzlich ist die Stadt Leverkusen, die Leistungen mit den Krankenkassen abrechnet. Grundlage dafür ist die Gebührensatzung, die auf dem Rettungsdienstbedarfsplan basiert. Weil es für die Übernahme der Kosten für Fehlfahrten aber keine bundesweite Regelung gebe, wollen die Kassen diese nicht mehr bezahlen – entgegen der jahrelangen Praxis, so die Verwaltung. Die Stadt spricht von einer „geänderten Rechtsauffassung“, die Kassen wollen Kosten für die Jahre 2018 bis 2020 sowie 2021 und 2023 nicht übernehmen, das sind wohl mehr als zwölf Millionen Euro.
Sie begründen das damit, dass Leverkusen seit drei Jahren keine neue Gebührensatzung festgelegt hat. Andrea Deppe sieht das anders und sagt: „Wir haben uns auf eine Absprache mit den Krankenkassen verlassen, die von diesen nun so nicht mehr mitgetragen wird.“ Sie erwartet in dieser Frage „eine klare Entscheidung zugunsten der Kommunen“.
SPD wirft Verwaltung Versäumnis vor
Die SPD Leverkusen um ihre Fraktionsvorsitzende Milanie Kreutz geht mit der Baudezernentin hart ins Gericht: „Das finanzielle Problem scheint in großen Teilen selbst verursacht zu sein.“ Die Sozialdemokraten hätten sich in anderen Kommunen erkundigt, dort sei das Problem nicht so groß wie in Leverkusen. „Wir wissen jetzt schon, dass regelmäßige Abschlüsse und Fortschreibungen der Rettungsdienstgebührensatzung den Verlust deutlich gemildert hätten“, behauptet Kreutz, die Deppes Dezernat ein „jahrelanges Versäumnis“ vorwirft.
Die Schieflage sei hausgemacht, die Verwaltung habe gesetzliche Vorgaben ignoriert und politische Hinweise über Jahre hinweg nicht aufgegriffen. „In Zeiten der Haushaltskrise blicken wir immer auf Einsparungen, jedoch die Einnahmeseite zu vernachlässigen, ist ein fataler Fehler, wie sich hier abzeichnet“, so Kreutz.
Sie wirft der Verwaltung auch handwerkliche Fehler vor: Man habe das Jahr 2017 als Kalkulationsgrundlage für die Satzungsüberarbeitung 2022 gewählt. Dabei seien wesentliche Kostensteigerungen wie mehr Personal oder neue Wagen bekannt gewesen, außerdem seien die Unterdeckungen, also die nicht von den Krankenkassen übernommenen Gebühren, für die Jahre 2018 bis 2020 im Jahr 2021 mit den Kassen besprochen worden. Die SPD fordert Transparenz und eine neue Gebührensatzung.
Am Montag im Stadtrat legte Kreutz nach: Es seien nicht nur über Jahre keine Rechnungen gestellt worden – es gebe auch keine Übersichten für einzelne Jahre. Die seien aber Voraussetzung dafür, überhaupt Erstattungen von den Krankenkassen zu bekommen. Das ganze Thema sei vernachlässigt worden: In der Stadtveraltung gebe es nur eine Person, die sich mit der Sache befasse. Nach vier Jahren könne man ihrer Kenntnis nach ohnehin keine Erstattung mehr bekommen, ergänzte Kreutz. Und neue Zahlen ließen sie befürchten, dass der Stadt nicht zwölf Millionen an Rettungsdienstgebühren entgangen sind, „sondern bis zu 30 Millionen“.
Der gesamte Umgang im Rathaus mit den Rettungsdienstgebühren müsse umfassend durchleuchtet werden, forderte die Sozialdemokratin. Und zwar unabhängig. Kreutz’ Ratschlag an ihren Parteifreund, Oberbürgermeister Uwe Richrath: „Lassen Sie das extern prüfen.“
Vom Inhalt mal abgesehen: Der Angriff der SPD auf Andrea Deppe ist eine neue Runde in den im Kommunalwahlkampf inzwischen häufig vorkommenden Attacken auf die Verwaltung, besonders die Baudezernentin steht häufig im Zentrum der Kritik. Zuletzt war sie von Kämmerer Michael Molitor hart angegangen worden, als der um seine Abberufung gebeten hatte. Wie es heißt, stehen auch Deppe und Björn Krischick, Chef der Leverkusener Immobiliengesellschaft, auf Kriegsfuß, in deren Aufsichtsrat wiederum Milanie Kreutz gehört.