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Bitte um Entpflichtung
Leverkusener Kämmerer will nicht weitermachen

4 min
Der Leverkusener Kämmerer Michael Molitor Foto: Ralf Krieger

Michael Molitor

Michael Molitor erhebt in einem Brief schwere Vorwürfe gegen den Oberbürgermeister. 

Der Leverkusener Spitzenbeamte Michael Molitor (62) hat den Oberbürgermeister um seine Entpflichtung als Dezernent und Kämmerer zum 28. Februar 2026 gebeten. Dazu müssen zwei Drittel des Stadtrats einer Abwahl zustimmen. Gleichzeitig formuliert der Kämmerer schwere Vorwürfe, die letztlich den Oberbürgermeister als Dienststellenleiter treffen. Molitor hatte im Juni einen Autounfall, seither ist er krankgeschrieben.

Oberbürgermeister Uwe Richrath ist als Verwaltungschef Molitors Vorgesetzter. Molitor hat ihm, den Ratsmitgliedern und einigen Vertrauten einen Brief geschrieben: „Wenn man einen so schweren Autounfall mit äußerst viel Glück so glimpflich übersteht, wie mir das geschehen ist und damit das Leben ein zweites Mal neu geschenkt bekommt, ist das Anlass genug, innezuhalten und sein bisheriges Leben Revue passieren zu lassen.“

Molitor schreibt, er habe sich vor vier Jahren entschieden, seine bereits begonnene Altersteilzeit aufzugeben und sich auf die Stelle als Spitzenbeamter zu bewerben. Seine Fähigkeit des Ausgleichs, die ihm von mehreren Seiten aus Politik und Verwaltung gespiegelt worden sei, habe er in die Arbeit einbringen wollen.

Ich habe, um des lieben Friedens willen, sehr viel schlucken müssen. Dazu bin ich ab sofort nicht mehr bereit.
Michael Molitor

Dann beginnt seine Kritik: Seit etwas mehr als einem Jahr habe sich die Lage für ihn drastisch geändert. Er habe zuletzt sehr viel schlucken müssen. Das aber nicht wegen der Haushaltskrise, das, so Molitor, hätte er weggesteckt, Molitor kam aber offenbar nicht damit zurecht, dass er gemeinsam mit Baudezernentin Andrea Deppe und Richrath, aber gegen seinen Willen, den Levi-Geschäftsführer (Leverkusener Immobiliengesellschaft) Björn Krischick hätte absägen sollen. Als treibende Kraft nennt Molitor konkret Baudezernentin Deppe, die von Oberbürgermeister Uwe Richrath gestützt werde. Molitor schreibt, dass er aber Krischick, mit dem gemeinsam er als Geschäftsführer die Levi führt, bis zum letzten Tag seiner Dienstzeit unterstützen werde.

Bei den Grünen sorgte speziell diese Äußerung für Empörung. Der Oberbürgermeister solle disziplinarisch gegen den Kämmerer vorgehen. Michael Molitor müsse am besten sofort weg, forderte Roswitha Arnold. Uwe Richrath sagte eine Prüfung zu.

„Ich habe, um des lieben Friedens willen, sehr viel schlucken müssen. Dazu bin ich ab sofort nicht mehr bereit“, schreibt der Kämmerer, „Die letzten eineinhalb Jahre waren die für mich persönlich belastendsten Jahre meines bisherigen Berufslebens, die schwer an meiner Gesundheit gezehrt haben.“ In der Sache sei er ständig unter Druck gesetzt worden, schreibt Molitor in dem Brief. „Eine vertrauensvolle, am Wohl der Stadt orientierte Zusammenarbeit“ sei nicht möglich gewesen. Es werde viel Wert darauf gelegt, dass die Verwaltungsspitze nach außen eine einheitliche Linie vertritt.

Für seinen Parteifreund Stefan Hebbel hat das CDU-Mitglied Molitor lobende Worte, den bezeichnet er als fairen Mann; ebenso lobt er die SPD-Fraktionsführerin Milanie Kreutz, die kürzlich von der SPD fallen gelassen wurde. Mit Unterstützung des Oberbürgermeisters sei Kreutz „kalt abgesägt“ worden, schreibt er, das sei unerträglich.


Molitor ist seit 2021 Kämmerer in Leverkusen, zuvor übte Markus Märtens das Amt aus. Molitor leitete das neu eingerichtete Dezernat für Konzernsteuerung und Digitalisierung, heute Finanzen und Digitalisierung, sein Vertrag sollte bis zum 31. März 2029 laufen. Zuvor war Molitor Leiter des Büros des Oberbürgermeisters, dessen rechte Hand, wie es hieß.

Immer wird betont, dass der Kämmerer Molitor ein ausgewiesener Verwaltungs- und kein reiner Finanzfachmann sei. Er galt als gut vernetzt in der Verwaltung und übernahm bald auch einen Geschäftsführerposten in der Stadtteilentwicklungsgesellschaft Wiesdorf-Manfort, die heutige „Levi“.

Für alle war sichtbar, dass der Kämmerer Molitor zuletzt zunehmend angegriffen wirkte. Er steht nicht erst seit dem Bekanntwerden der hohen Verschuldung in der Stadtverwaltung unter erheblichem Druck. In der regelmäßig tagenden Spitzenrunde der Verwaltung der Stadt Leverkusen, dem Verwaltungsvorstand, soll es regelmäßig disharmonisch zugehen, wird aus den Kreisen berichtet, es kann wohl auch schon mal laut werden. In Andrea Deppe, die mit dem Rechtsanwalt und CDU-Politiker Frank Schönberger liiert ist, soll Molitor eine regelrechte Gegnerin haben. Insider sprechen von Ausgrenzung Molitors, andere gar von Mobbing, dem der Kämmerer ausgesetzt sein soll. Der als wenig durchsetzungsstark geltende Oberbürgermeister glättete die Wogen offenbar auch nicht.

Am 24. Juni 2025 eskalierte die Lage. In seiner Heimatstadt Kürten hatte Molitor einen schweren Unfall, bei dem sich der Kämmerer in seinem Auto überschlagen hatte und leicht verletzt wurde. Das soll ihn schwer mitgenommen haben. Als Ursache des Unfalls am Nachmittag hat die Polizei Sekundenschlaf angegeben.

„Um die wirtschaftliche Lage für diese Stadt auf einem langen Weg nach vorne wieder zu drehen, bedarf es eines Kämmerers, der den vollen Rückhalt in Politik und Verwaltungsvorstand hat, der selbst noch die Kraft für diesen Weg hat und der länger im Amt sein sollte, als nur noch dreieinhalb Jahre. Da ich all diese Voraussetzungen nicht mehr als gegeben ansehe, bitte ich den Rat der Stadt Leverkusen, mich in einer Ratssitzung Ende Oktober 25 mit Wirkung zum Ablauf des 28.2.2026 mit Zweidrittelmehrheit abzuberufen“, schreibt Molitor. CDU-Fraktionschef Hebbel hat ihm zugesagt, die erforderlichen Stimmen einzusammeln.