Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

StudieWo Leverkusen nicht gut verwaltet wird

6 min
Das Rathaus in Wiesdorf

Was läuft gut und was nicht im Leverkusener Rathaus? Ein Bericht der Gemeindepüfungsanstalt gibt Antworten.

Die Gemeindeprüfungsanstalt hat viele Bereiche der Stadtverwaltung vergleichend untersucht.  Es gibt einiges zu kritisieren.

Finanzen und Haushalt

Die Finanzkrise, in der die Stadt Leverkusen seit August 2024 steckt, hat sich schon länger angedeutet. Zu diesem Schluss kommt die Gemeindeprüfungsanstalt. Sie hat die Stadtverwaltung umfänglich untersucht und sich auch mit der Haushaltsentwicklung befasst. Dabei wird klar, dass die guten Zeiten zuletzt gar nicht mehr so gut waren. „In den Jahren 2019 bis 2023 wurden zwar durchweg positive Jahresergebnisse erzielt“, heißt es in der Untersuchung. Aber das Plus kam nur zustande, weil die Kämmerei einen – freilich völlig legalen – Schattenhaushalt angelegt hat.

Sämtliche Kosten, die mit der Corona-Pandemie und dem Ukraine-Krieg in Verbindung gebracht werden konnten, wurden isoliert, tauchten also im regulären Haushalt nicht mehr auf. Damit seien „die tatsächlichen Entwicklungen jedoch überdeckt“ worden, stellen die Prüfer fest. Ohne die Isolierung der Corona- und Kriegseffekte „gehört Leverkusen zu den 25 Prozent der Städte mit den höchsten Jahresfehlbeträgen je Einwohner“, so der Bericht. Ohne die Auslagerung der Kosten, die im Zusammenhang mit der Pandemie und dem Ukrainekrieg entstanden sind, wäre zwischen 2020 und 2023 kein Jahresergebnis positiv gewesen. Vielmehr hätten die Defizite zwischen 20 und beinahe 100 Millionen Euro gelegen.

Insgesamt hat die Stadt 241 Millionen Euro in den Schattenhaushalt ausgegliedert. Ab 2026 muss das Geld nach und nach zurückgebucht werden, wenn auch in sehr kleinen Tranchen, denn die Stadt hat dafür bis zu 50 Jahre Zeit. Das ergibt jährliche Abtragungen von knapp 5,3 Millionen Euro.

Gewerbesteuer

Diskutiert wird von den Prüfern auch das Für und Wider des extrem niedrigen Gewerbesteuer-Hebesatzes. Mit Blick darauf, dass die großen Steuerzahler aus dem Chempark zuletzt kaum noch etwas beigetragen und somit die Einnahmekrise der Stadt zumindest mitverursacht haben, beginnt auch die politische Debatte darüber wieder. Zumindest die Grünen melden Zweifel an, dass es sich langfristig lohnt, Leverkusen zum Steuerparadies für Unternehmen zu machen.

Weil die Gemeindeprüfungsanstalt immer auch Vergleiche zieht, wird diese Diskussion nun auch mit Zahlen unterfüttert. Im Durchschnitt liegt der Gewerbesteuer-Hebesatz in den kreisfreien Städten in Nordrhein-Westfalen bei 484 Punkten. Also fast doppelt so hoch wie in Leverkusen mit derzeit noch 250 Prozentpunkten. Im GPA-Bericht heißt es dazu: „Eine Erhöhung des Gewerbesteuer-Hebesatzes könnte zusätzliche Einnahmen bringen, würde jedoch auch Unternehmen belasten, was sich negativ auf die lokale Wirtschaft auswirken könnte. Ein niedriger Hebesatz ist zwar unternehmerfreundlicher, könnte jedoch die finanzielle Stabilität der Stadt gefährden, die durch die Haushaltssperre und die Konsolidierungsmaßnahmen ohnehin schon unter Druck steht.“ Die Balance zwischen einer wettbewerbsfähigen Steuerpolitik und der Sicherstellung der städtischen Finanzen bleibe eine schwierige Herausforderung für die nächsten Jahre.

Investitionen

Allerdings zeigt die Untersuchung auch, dass die Finanzplanung in Leverkusen jedenfalls bei den Investitionen nicht gut funktioniert. Jedes Jahr würden viele Millionen Euro von einem Haushaltsplan in den nächsten übertragen. Das zeige, „dass es der Stadt nicht gelingt, vorgesehene Maßnahmen planmäßig umzusetzen“, so die Prüfer. Im Schnitt setze die Stadtverwaltung lediglich 43 Prozent der geplanten Investitionen um. „Leverkusen sollte Maßnahmen also möglichst realistisch und korrespondierend zur geplanten Umsetzung einplanen“, so die Anregung.

Das sei aber gar nicht so einfach, lautet die Entgegnung der Stadtverwaltung: Vergabeprozesse bei städtischen Investitionen seien langwierig und komplex, Fördermittel oft nicht schnell verfügbar, auch „politische Beteiligungsprozesse“ hemmten manchmal den Fortgang, heißt es. Immer wieder würden auch die Prioritäten geändert, sich also die Reihenfolge verschieben, in der Investitionsprojekte abgearbeitet würden. Und das alles in einer vor allem im Baudezernat angespannten Personalsituation. Ab sofort kommt ein weiteres Problem hinzu: die vorläufige Haushaltsführung. Größere Projekte müssen der Bezirksregierung vorgelegt und von ihr genehmigt werden.

Digitalisierung

Auch die Digitalisierung der Stadtverwaltung hat die Prüfungsanstalt vergleichend untersucht. Das Ergebnis kann nicht befriedigen. Zwar sei mehr in Datentechnik investiert worden, um Prozesse in der Verwaltung zu beschleunigen. „Allerdings gelingt es der Stadt trotz der inzwischen sehr gut ausgebauten Steuerungsstrukturen noch nicht, eine dem hohen Kostenniveau angemessene Leistung zu erzeugen“, monieren die Prüfer. Das könne sich ändern, wenn die Stadt mehr Einfluss auf ihre Tochtergesellschaft Informationsverarbeitung Leverkusen (ivl) nähme. Tatsächlich soll sich in diesem Bereich etwas tun; die Tochter soll fusionieren, Geschäftsführer Ulf Dunker hat das Unternehmen verlassen.

Bei der Steuerung der Schul-IT erreicht Leverkusen hingegen ein gutes Ergebnis. Sehr positiv fällt den Prüfern das Niveau der IT-Sicherheit auf. 

Friedhofsgebühren

Was der Prüfbericht auch aufdeckt: Die Stadt Leverkusen lässt viel Geld liegen. Das betrifft offenbar nicht nur die Gebühren für den Rettungsdienst, wo es um Millionen geht. Auch Friedhofsgebühren werden nicht konsequent eingetrieben. Die Außenstände seien in keiner Stadt so hoch wie in Leverkusen, so die Prüfer. Die Stadtverwaltung sollte „Kostenerstattungsansprüche konsequent durchsetzen“, mahnt der GPA-Bericht. Nach Aussage der Stadtverwaltung sei das Problem erkannt: Die betroffenen Fachbereiche stimmten sich mittlerweile besser ab; zumindest Verjährungsfristen würden nicht mehr gerissen.

Andrea Deppe mit OB Uwe Richrath

Das Baudezernat von Andrea Deppe – hier neben OB Uwe Richrath – schneidet in den Augen der Prüfer nicht überall gut ab.

Bauaufsicht und Baugenehmigungen

Wer in Leverkusen bauen will, braucht oft viel Geduld. Auch das zeigt die vergleichende Untersuchung: „Die durchschnittlichen Gesamtlaufzeiten der Baugenehmigungsverfahren sind sehr lang.“ Für mehr Tempo, so der Tipp der Prüfer, „sollte die Stadt Leverkusen die Beteiligungsverfahren in elektronischer Form durchführen“. Da hakt es allerdings: Bei der elektronischen Bauakte gebe es auch von der Landesregierung ein Hü und Hott, so der Einwand der Stadtverwaltung.

Davon unabhängig ist ein Personalproblem: Nach Angaben der Prüfer wechseln die Mitarbeiter in der Abteilung häufig. Weil die Neuen eingearbeitet werden müssen, schafft es die Bauaufsicht nicht, liegengebliebene Anträge zügig abzuarbeiten. Was die Personalstärke angeht, könne von einem Mangel aber nicht mehr die Rede sein, so die Prüfer. Zuletzt „stand der Bauaufsicht Leverkusen mehr Personal zur Bearbeitung der neuen Falleingänge zur Verfügung als in meisten anderen Städten“, stellt die Gemeindeprüfungsanstalt fest.

Ein Problem bleibt aber, dass viele Bauanträge unvollständig im Technischen Rathaus an der Hauptstraße in Wiesdorf eingehen. Aber eine ausführliche Bauberatung vor Antragstellung kann die Stadt derzeit nicht durchgängig anbieten, aus personellen Gründen. Im Dezernat Deppe ist das allerdings auch nicht gewollt: „Die Erarbeitung vollständiger und bescheidungsreifer Bauvorlagen ist nach der Bauordnung NRW und ständiger Rechtsprechung des Oberverwaltungsgerichts Aufgabe des Entwurfsverfassers und der Bauherrschaft.“

Allerdings gebe es jedes Jahr ein „Architektengespräch“, in dem die Bauaufsicht über Neuerungen und Rechtliches informiert – und darlegt, nach welchen Kriterien sie entscheidet. „Darüber hinaus werden konkrete Fragen zum Ablauf oder den Entscheidungsgrundlagen zu einzelnen Objekten von jeher kurzfristig beantwortet.“

Immerhin: Ist diese Klippe genommen, seien die Laufzeiten ab dem Zeitpunkt, zu dem der Bauantrag mängelfrei und vollständig vorliegt, bis zur Erteilung des Genehmigungs- oder Ablehnungsbescheides „vergleichsweise kurz“, loben die Prüfer.