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Stadtrat am 27. OktoberDie wichtigste Sitzung des Jahres in Leverkusen

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4 min
Blick in den Leverkusener Ratssaal

Die letzte Sitzung des alten Leverkusener Stadtrates am 27. Oktober ist eine der wichtigsten.

Endlich ein Haushaltsplan, außerdem die Abwahl zweier Dezernenten: Die letzte Zusammenkunft des alten Rats wirkt in die Zukunft.

Die Legislaturperiode wurde maximal ausgedehnt: Sechs Wochen nach der Kommunalwahl tritt der alte Stadtrat am Montag ein letztes Mal zusammen. Die Tagesordnung hat es in sich; die Beschlüsse werden weit in die Zukunft wirken. Nicht nur, dass zwei Monate vor Jahresende endlich ein Haushalt für 2025 beschlossen wird. Dieser ist verbunden mit einem Haushaltssicherungskonzept, das im Jahr 2040 erstmals ein Budgetplus vorsieht.

Bestandteil dieses Konzepts über 15 Jahre ist unter anderem der Abbau von mehr als 700 Stellen in der Stadtverwaltung. Eine Aufgabe, die der künftige Oberbürgermeister Stefan Hebbel, CDU, angehen muss. Das ist durchaus eine Hypothek für einen Verwaltungschef. Umso mehr, als der Abbauplan auf eine lange Phase der Stellenvermehrung folgt: Uwe Richrath hatte die relativ gesunde Phase nach der vergangenen Haushaltskrise genutzt – und auch einige politische Wünsche umgesetzt. Jetzt muss unter Hebbel das Gegenteil passieren. Entsprechend vorsichtig wird der Neue vorgehen.

Abwahlen werden angestrebt

Wesentlich konkreter – und viel brisanter – ist eine Personalie an der Spitze der Stadtverwaltung: Es soll einen Antrag geben, Baudezernentin Andrea Deppe abzuwählen. Er hängt zusammen mit ihrer Suspendierung, die wiederum Folge der Affäre um die Rettungsdienstgebühren ist. Über viele Jahre wurde nicht oder viel zu wenig mit den Krankenkassen abgerechnet. Das Resultat ist ein Defizit, das zuletzt auf 84 Millionen Euro beziffert wurde. Ein weiterer, nicht erwarteter Schlag ins Kontor in der tiefgreifenden Haushaltskrise.

Arbeitskreis Politik und Stadtgesellschaft (Initiativen) zum Autobahnausbau bei Leverkusen einschl. PWC-Anlage. Foto: Ralf Krieger

Arbeitskreis Politik und Stadtgesellschaft (Initiativen) zum Autobahnausbau bei Leverkusen einschl. PWC-Anlage. Foto: Ralf Krieger

Deppes Abwahl ist besonders für die Grünen eine heikle Mission: Daran, dass die Baufachfrau von Paderborn nach Leverkusen geholt wurde, hatten die Grünen einen entscheidenden Anteil. Ob die Fraktion am Montag im Stadtrat den Abwahlantrag unterstützt, wird sich unmittelbar davor entscheiden: Hinter verschlossenen Türen soll der Rechnungsprüfungsausschuss sich noch einmal mit der Affäre um die Rettungsdienstgebühren befassen und Verantwortlichkeiten klären.

. Foto: Ralf Krieger

. Foto: Ralf Krieger

Unstrittig ist dagegen die Abwahl von Michael Molitor. Der Stadtkämmerer hatte selbst um seine Entpflichtung gebeten. Unterstützung bekommt er dabei von seiner Partei, der CDU.

Altschulden könnten an das Land fallen

Unterdessen dürfte das Land wenigstens die Schuldenmisere der Vergangenheit lindern. Nach einer Simulationsrechnung des Städte- und Gemeindebundes aus dem Frühjahr kann Leverkusen mit rund 162 Millionen Euro Entlastung rechnen. Diese Altschulden werden auf das Land umgebucht und nach und nach bezahlt; die Stadtkasse belasten sie dann nicht mehr.

Wann das konkret greift, ist aber noch nicht definiert: „Die Umsetzung des Entschuldungsprogramms soll bis zum 31. Dezember 2026 abgeschlossen sein. Bis zur konkreten Übernahme der Verbindlichkeiten zur Liquiditätssicherung durch das Land sind die Kreditzinsen durch die Kommunen zu tragen. Der genaue Zeitpunkt der Schuldenübernahme ist noch offen“, steht in einer Erläuterung der Kämmerei für den Stadtrat.

Wirtschaftsprüfer sind gefragt

Der hat die Stadtverwaltung zwar schon Ende August einstimmig beauftragt, die Entschuldung in die Wege zu leiten. Allerdings muss die Kämmerei dafür bei der NRW-Bank den festgestellten Jahresabschluss für 2023 sowie den Bericht von Wirtschaftsprüfern vorlegen. Letzterer sollte zügig beauftragt werden: Bis zum 30. November muss der Antrag auf Altschuldenerlass bei der NRW-Bank vorliegen.

Wie schlecht Leverkusen schon vor zwei Jahren dastand, zeigen diese Zahlen: Mit 393.606.669 Euro stand die Stadt am 31. Dezember 2023 in der Kreide. Das ergibt, umgerechnet auf gut 166.000 Einwohner, eine Pro-Kopf-Verschuldung von rund 2365 Euro. Inzwischen liegt dieser Betrag weitaus höher: Nach vorläufigen Berechnungen der Kämmerei ist allein im Jahr 2024 ein Defizit von knapp 300 Millionen Euro angefallen. Hintergrund ist der katastrophale Einbruch bei der Gewerbesteuer im vergangenen Jahr. Es markiert den Beginn einer Finanzkrise nie dagewesenen Ausmaßes in Leverkusen.

Dass allerdings auch 2365 Euro Schulden pro Einwohner weit über dem liegen, was gesund ist, zeigen die Formulierungen des Altschuldenentlastungsgesetzes für Nordrhein-Westfalen: Eine Verschuldung über 100 Euro pro Einwohner wird bereits als „übermäßig“ bezeichnet. Hohe Kredite „gefährden die finanzielle Handlungs- und Leistungsfähigkeit“, zitiert Leverkusens Kämmerei: Zinserhöhungen können ins Kontor schlagen. „Zudem fehlt bei der Stadt Leverkusen, wie bei vielen Kommunen, in Anbetracht der Höhe der aufgelaufenen Liquiditätskredite eine Perspektive, wie diese zurückgeführt werden können.“ Die Stadt befinde sich in einer „Vergeblichkeitsfalle“.

In der wird sich auch der neue Stadtrat wiederfinden. Er tritt am 3. November das erste Mal zusammen.