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Haushaltskrise2040 könnte Leverkusen erstmals aus den roten Zahlen kommen

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Rathaus Leverkusen, Nachtaufnahme

Im Rathaus ist ein Entschuldungsplan bis 2040 berechnet worden. Er stößt hier und da auf Skepsis. 

Den Entschuldungsplan über 15 Jahre halten nicht alle Politiker für seriös gerechnet.

Es wird bis 2040 dauern. Für dieses Jahr in eher ferner Zukunft prognostiziert Leverkusens Kämmerei erstmals ein Haushaltsplus, das allerdings unter 2 Millionen Euro liegen dürfte. Diese Prognose teilte Sascha Inderwisch am Donnerstagnachmittag dem Finanzausschuss mit. Das Gremium hat den Haushaltsplan für das auslaufende Jahr vorbereitet; in reichlich zwei Wochen soll er endlich verabschiedet werden. Dass es so lange gedauert hat, hängt mit der desaströsen finanziellen Lage der Stadt zusammen. Leverkusen ist derzeit so stark verschuldet wie keine andere deutsche Stadt.

Normalerweise müsste sie einen Zehnjahresplan vorlegen, der mit einem ausgeglichenen Haushalt abschließt. Das war aber nicht hinzubekommen angesichts des extremen Rückgangs der Gewerbesteuereinnahmen. „Ein Drittel der Einnahmen ist weggebrochen“, daran erinnerte Inderwisch, der vor nicht allzu langer Zeit die Leitung des Fachbereichs Finanzen übernommen hat. Stadtdirektor Marc Adomat, der nach der Suspendierung von Michael Molitor kommissarisch auch die Kämmerei leitet, ließ Inderwisch ausführlich zu Wort kommen.

15 Jahre für den Ausgleich: eine Ausnahme

Dass die Bezirksregierung der Stadt Leverkusen eine Frist von 15 Jahren einräumt, nach der das strukturelle Defizit getilgt sein soll, verdankt sich dem Paragraf 76 der Gemeindeordnung. Allerdings hat die Berechnung von Geldströmen in die und aus der Stadtkasse über einen derart langen Zeitraum auch viel Spekulatives. Das räumte Inderwisch ein. Auch, dass die Finanzexperten im Rathaus mit „einer optimistischen Grundhaltung“ gerechnet hätten. Aber: „Wir stehen dahinter.“

Marc Adomat

Interimskämmerer Marc Adomat (links neben Sozialdezernent Alexander Lünenbach) verteidigt das Haushaltssicherungskonzept.

Pessimistisch, das wurde auch deutlich, wäre die Kämmerei allerdings auch nach 15 Jahren auf kein Haushaltsplus gekommen. Mit Blick darauf, dass voriges Jahr rund 280 Millionen Euro Gewerbesteuer weniger eingenommen wurden als ursprünglich geplant, sagte Inderwisch: „Wenn ein Drittel der Einnahmen wegbricht, weiß ich nicht, wie eine Stadt wie Leverkusen ihre Aufgaben noch erfüllen soll.“ Also habe man zum Beispiel Orientierungsdaten des Landes hergenommen und ab 2028 einen kleinen Leverkusen-Zuschlag bei der Gewerbesteuer addiert, sodass die Einnahmen besser ausfallen als bei extrem konservativer Herangehensweise.

Skepsis bei CDU und Grünen

Das allerdings überzeugt nicht jeden Politiker. Jannick Klein, Haushälter in der CDU-Fraktion, zeigte sich am Donnerstag „sehr skeptisch“. Er konnte sich nicht erklären, warum die Zahlen binnen weniger Monate so viel besser aussehen: Das Haushaltssicherungskonzept über zehn Jahre, das die Politiker der Kämmerei im Frühjahr zurückgegeben hatten, weil das Ziel eines Etatausgleichs weit verfehlt wurde, wies wesentlich ungünstigere Annahmen auf. Klein konnte sich offenkundig des Eindrucks nicht erwehren, dass nun erhebliche Kosmetik betrieben wurde in der Kämmerei.

Claudia Wiese, Fraktionschefin der Grünen, teilte Kleins Einschätzung: Man könne „sehr kritisch sein, dass diese Berechnung realistisch ist“. Interimskämmerer Adomat widersprach: „Sie können sich darauf verlassen, dass wir die Zahlen im Blick behalten und nicht noch mal überreißen. Ich möchte einen realistischen Haushalt vorlegen.“

Etwas höhere Gewerbesteuer ab 2027

Immerhin: Der Haushaltsplan für das zu Ende gehende Jahr profitiert von Erkenntnissen, die man normalerweise nicht hat. So ist das absehbare Defizit für 2024 eingearbeitet. Es beträgt rund 300 Millionen Euro. Für die weitere Finanzplanung ist auch nützlich, dass man nun mit auskömmlichen Gebühren für den Rettungsdienst planen kann. Erwartet wird außerdem, dass die Gewerbesteuer ab 2027 auf 280 Punkte steigt, also 30 mehr, als in Leverkusen auch in Zukunft erhoben werden sollen. In ihrem Koalitionsvertrag haben CDU und SPD das Dumping bei der Gewerbesteuer zumindest in Ansätzen als Problem erkannt.

Berücksichtigt habe die Kämmerei auch, dass der nächste Stadtrat 72 Sitze haben wird. Das ist fast ein Drittel mehr als jetzt. Vor Wochen war noch darüber diskutiert worden, ob man das Kommunalparlament nicht verkleinern soll. Die Kommunalwahl hat nun das Gegenteil erbracht, weil die CDU so viele Direktmandate erringen konnte.

Es sind Entwicklungen wie diese, die eine Finanzplanung über 15 Jahre als ziemlich unsicheres Geschäft erscheinen lassen. Eine Mehrheit im Finanzausschuss ließ sich am Donnerstag trotzdem darauf ein. Es steht deshalb zu erwarten, dass Haushaltsplan für 2025 und das Haushaltssicherungskonzept bis 2040 im Stadtrat eine Mehrheit bekommen werden. Die Grünen werden absehbar nicht zustimmen.