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SPD LeverkusenDer Oberbürgermeister wurde gefeiert und war schnell wieder weg

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Uwe Richrath ließ sich kurz auf dem SPD-Parteitag im Saal Norhausen blicken. Bild: Ralf Krieger

Uwe Richrath ließ sich nur kurz auf dem SPD-Parteitag im Saal Norhausen sehen und sprach zur Partei.

Beim Parteitag seiner SPD am Samstag im Rheindorfer Saal Norhausen ließ sich auch Uwe Richrath sehen.

„Ich hoffe nicht, dass das das Ende ist, dass Du weitermachst, dass wir Dich in irgendwelchen Funktionen sehen, Du bist ein Stück des Herzens der Partei“, die Worte des designierten SPD-Fraktionsführers beim SPD-Parteitag an den scheidenden Oberbürgermeister Uwe Richrath haben ihm sichtlich gutgetan, das war ihm anzusehen. Richrath will sich, wie berichtet, in den letzten Wochen seiner Amtszeit aus der Öffentlichkeit zurückziehen, zum Parteitag seiner SPD war er gekommen. Der fand im Saal Norhausen in Rheindorf statt, also konnte Richrath als einer der wenigen zu Fuß kommen, denn er wohnt quasi um die Ecke.

Uwe Richrath ließ sich kurz auf dem SPD-Parteitag im Saal Norhausen blicken. Bild: Ralf Krieger

Uwe Richrath hat trotz allem das Lachen nicht verlernt.

„Ich bleib’ der Partei absolut erhalten, das ist mir wichtig“, sagte er in seinem Grußwort. Dennoch war er auch schon bald nach seiner kurzen Ansprache wieder verschwunden, er mag kaum eine halbe Stunde im Saal Norhausen geblieben sein. Richrath ist sein Leiden am Wahlergebnis im Gesicht anzusehen, er wirkt gebügelt und erschöpft, das Lachen hat er aber nicht verlernt und bedankt sich für den Einsatz seiner Helfer. „Das bedeutet mir viel, unter Genossinnen und Genossen zu sein, nach den schweren Zeiten, die ich durchlebt habe. Meine Familie muss sich erstmal davon erholen. Ich bin super super traurig, aber wer in die Politik geht, muss auch verlieren können“, sagte er in seiner dreieinhalbminütigen Rede.

SPD Parteitag im Saal Norhausen. Bild: Ralf Krieger

Darius Ganjani

Lob für zehn Jahre Oberbürgermeisteramt konnte er sich von den Parteifreunden abholen. Der Applaus der Parteifreunde gipfelte im rhythmischen Klatschen. Richrath bekam eine Flasche Rotwein von der Partei, überreicht von Darius Ganjani, der zwar Parteichef ist, aber, wie Richrath, nicht im künftigen Rat vertreten sein wird, und Dirk Löb, der künftig die wichtige Rolle des Fraktionschefs einnehmen soll. 

Die Leverkusener SPD ist nach zehn Jahren wiederkehrender innerer Kämpfe ebenso schwer gebeutelt, wie der unglückliche Uwe Richrath. Etwa 50 Genossen waren zum Parteitag gekommen, auf dem hauptsächlich Bilanz gezogen werden und ein Ausblick auf die kommende Ratsperiode gegeben werden sollte.

Der Verlust des Oberbürgermeisterpostens ist nicht wegzureden, aber es ist mittlerweile festes Ritual, dass es möglichst keine Niederlage mehr zu geben scheint. „Wir sind zweitstärkste Kraft im Rat geblieben, sagte Löb in seinem Ausblick auf die kommenden fünf Jahre, obwohl die Sozialdemokraten im Vergleich zur Wahl 2020  3,7 Prozent eingebüßt haben. Ganjani und Löb versuchen trotz alledem bei den Genossen Zuversicht zu verbreiten. Auch wenn Löb keine blühenden Landschaften für das schuldengeplagte Leverkusen vorhersagt, das die nächsten 15 Jahre in einem Haushaltssicherungskonzept arbeiten muss: „Wir werden kämpfen müssen, es ist nichts da zum Verteilen.“ Im neuen Rat sitzen mehr unerfahrene Neulinge als im alten, auch in der SPD: „Auf jeden einzelnen kommen Herausforderungen zu“, so Löb. Er endete seine Rede mit einem Appell: „Es wird Zeit, dass die Streiterei aufhört!“

Demokratie ist auch eine Sache des Gesäßes
Hans Klose

Einen Satz, der es in die Zitatesammlung schaffen könnte, gab der altgediente Genosse Hans Klose den neuen Ratsmitgliedern auf den Weg, weil die Ratssitzungen künftig vielleicht durch Störmanöver noch länger dauern könnten als bisher schon: „Demokratie ist auch eine Sache des Gesäßes.“

Er meinte nicht die Streiterei im Rat. Sondern die in der SPD. Nach der großen Umwälzung bei der Aufstellung der Ratsmandate und die anschließenden Breitseiten ausscheidender Ratsmitglieder vor sechs Monaten ist es besonders hoch hergegangen. Die Finanzfachfrau Milanie Kreutz und Vertraute wurden damals nicht mehr für den Rat aufgestellt. Die Parteifreundin wurde faktisch zur Gegnerin Richraths, indem sie vor der Wahl die tief sitzende Probleme der Verwaltung benannte und damit indirekt Richrath als Verwaltungschef schlecht aussah. Die SPD sieht darin und in einem nach ihrer Meinung schmutzigen Wahlkampf der CDU den eigentlichen Grund für die Wahlniederlage. Inhaltlich wurde auf dem Parteitag weder über die Versäumnisse beim Rettungsdienst noch über das „Amts-Ghosting“ Richraths geredet. Zu diesen Themen fiel kein Wort.

Von den Parteimitgliedern, die bei der Kandidatenaufstellung vor sechs Monaten unterlegen waren, ließ sich tatsächlich niemand blicken. Ein Problem gab es deswegen trotzdem: Der vormalige Kassierer Julian Frohloff, gehört zu jenen, die gegen ihren Willen nicht mehr im Rat mitmachen dürfen. Er verfasste zwar seinen Kassenbericht, aber die Prüfung konnte nicht stattfinden, weshalb es auch keine Entlastung gab.

Dem Vorsitzenden Ganjani seien nach der Unruhe aber keine Parteiaustritte bekannt geworden, sagt er auf Nachfrage. Ob die internen Kämpfe beendet sind, bleibt also ungewiss.

Erfrischend kommt das Juso-Führungsduo Lena Marie Angermann und Varol Kiyar daher, ihnen merkt man die Lust an der Politik an. Immer noch lachen müssen sie darüber, wie erfolgreich sie die AfD und andere Revisionisten im Wahlkampf mit Demos genervt haben. Angermann wird im neuen Rat vertreten sein.

Jusos Lena Marie Angermann
Varol Kiyar SPD Parteitag im Saal Norhausen. Bild: Ralf Krieger

Die Juso-Vorsitzenden Lena Marie Angermann und Varol Kiyar  beim SPD Parteitag im Saal Norhausen. Frau Angermann sitzt im künftigen Rat.

Sie verkörpern am ehesten zwei Kernsätze der kurzen Rede, die Oberbürgermeister Uwe Richrath gehalten hatte: „Wir sind wichtiger denn je“, und, vor allem, „Wir sind eine antifaschistische Partei.“


SPD will langfristig kostenlosen Busverkehr

Inhaltlich beschloss die SPD einen Leitantrag zur Mobilität für die kommende Ratsperiode. Darin ist das langfristige Ziel eines kostenlosen Busverkehrs genannt. Die SPD will sich künftig für ein durchgängiges, vom Autoverkehr getrenntes Radwegenetz zwischen den Stadtteilen und zwischen Leverkusen und Köln einsetzen. Parkdruck für Anwohner will die SPD schnell lindern, indem Parkplätze der Verwaltung außerhalb der Arbeitszeiten für Anwohner umliegender Wohngebiete freigegeben werden sollen. (rar)