Das finanzielle Desaster mit einem gegenwärtigen Schaden von 78 Millionen Euro wird ein Fall für das Rechnungsprüfungsamt und die Kommunalaufsicht.
GebührenRettungsdienst-Affäre in Leverkusen wird untersucht

In der Hauptwache der Leverkusener Feuerwehr an der Edith-Weyde-Straße ist auch der Rettungsdienst stationiert.
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Es sei ihm „persönlich sehr daran gelegen“, das finanzielle Desaster bei den Rettungsdienstgebühren aufzuklären. Das sagte am Donnerstag Oberbürgermeister Uwe Richrath im Finanzausschuss. Stand jetzt ist in den vergangenen Jahren ein Defizit von 78 Millionen Euro aufgelaufen; 2021 hatte die SPD erstmals Aufklärung über das Thema verlangt. Geschehen ist dann allerdings nichts.
Die detaillierte Chronologie, die der OB dann verlas, bezieht sich tatsächlich nur auf die vergangenen drei Monate. Die Baudezernentin sei demnach erst im Laufe dieses Jahres informiert worden. Vor längerer Zeit war die Abrechnung der Gebühren für den Rettungsdienst der Stadt Leverkusen von der Kämmerei zur Feuerwehr übergegangen und damit in den Verantwortungsbereich von Andrea Deppe.
Im Mai, so der OB, habe es ein Erörterungsgespräch mit den Krankenkassen gegeben, von denen sich die Stadtverwaltung die Kosten für ihren Rettungsdienst normalerweise erstatten lässt. Dies sei allerdings ohne zählbares Ergebnis geblieben. Vielmehr – das weiß man, seit ein Experte sich mit der Sache befasst – laufen weiterhin jeden Monat rund 1,4 Millionen Euro zusätzliches Defizit auf. Denn es gibt noch keine neue Satzung über die Rettungsdienstgebühren, und so lange sie nicht steht, fließt kein Geld von den Kassen.
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Der Experte bot sich selbst an
Was überhaupt an Kosten anrechenbar ist, erweist sich immer mehr als äußerst kompliziert. Da wäre längst der Rat eines Experten gefragt gewesen, aber der ist erst seit dem 18. Juli im Spiel. Und das auch nicht auf Betreiben der Stadtverwaltung, räumte Dezernentin Deppe ein: Der Mitarbeiter einer Leverkusener Consulting-Firma hat sich selbst an die Stadt gewandt, nachdem er in der Zeitung gelesen hatte, welche Probleme Leverkusen auf dem Gebiet hat, mit dem er sich bestens auskennt.
Verwaltungsintern sei erstmals ebenfalls Mitte Juli die Rede von „möglichen handwerklichen Fehlern“ im Haus gewesen, so Richrath. Diese Einschätzung sei aus dem Fachbereich Finanzen gekommen. Tage später habe der Experte diese Einschätzung klar geteilt. Inzwischen hat Richrath die Kämmerei beauftragt, eine Satzung für die Rettungsdienstgebühren auszuarbeiten. Dabei soll sie sich mit Feuerwehrchef Thomas Kresse abstimmen. Das wird aber nicht unter der Dezernentin Deppe ablaufen, obwohl sie derzeit auch Interims-Kämmerin ist. Vielmehr soll sich Sozialdezernent Alexander Lünenbach um die Angelegenheit kümmern.
Grüne wollen interne Sonderprüfung
Für die Grünen, die sich bisher an die Seite der verantwortlichen Dezernentin Andrea Deppe gestellt hatten, sind diese Feststellungen Grund für eine Forderung: „Wir möchten eine Sonderprüfung durch das Rechnungsprüfungsamt“, sagte Fraktionschefin Claudia Wiese am Donnerstag. Das könne ohne weiteres geschehen, ist die Meinung der SPD-Fraktionschefin Milanie Kreutz. Sie aber möchte, dass die Vorgänge, mit deren Aufarbeitung sie sich seit Monaten intensiv beschäftigt, von der Kommunalaufsicht beim Kölner Regierungspräsidenten durchleuchtet werden. Dieser Ansicht ist man auch in der CDU-Fraktion. Dass Leverkusens eigene Prüfer die Affäre untersuchen, wurde dennoch einstimmig beschlossen.
Malte Kemp (Linke) wundert sich, dass die millionenschweren Defizite bis heute in keiner Bilanz der Stadt aufgetaucht sind. Achim Krings, der den Fachbereich Finanzen leitet, hatte dafür eine nachvollziehbare Erklärung. Eine Erklärung, warum die Stadt Leverkusen jahrelang keine Gebührensatzung für ihren Rettungsdienst gemacht hat, gibt es allerdings bis heute nicht. Daran ändert auch die Chronologie der jüngsten Ereignisse von Oberbürgermeister Uwe Richrath nichts.