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BürgerantragVerdoppelung der Gewerbesteuer in Leverkusen hat politisch keine Chance

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Bürogebäude in der Gerhard-Hauptmann-Straße

In Opladen teilen sich rund 140 Firmen ein kleines Bürogebäude. Auch das ist ein Effekt der niedrigen Gewerbesteuer.

Mit Blick auf die bald eintretende bilanzielle Überschuldung der Stadt fordern Bürger ein Ende der Minimalbesteuerung für Unternehmen.

Die Zustandsbeschreibung klingt korrekt: „Die Stadt Leverkusen ist vollkommen überschuldet und nach gängigen Kriterien insolvent. Unvermeidliche Zahlungen können nur noch durch immer weitere Erhöhung der Kassenkredite geleistet werden. Die bisher eingeleiteten Sparmaßnahmen reichen allein zur Haushaltssanierung nicht aus.“ So steht es in dem Bürgerantrag, der am Donnerstagnachmittag im Finanzausschuss beraten wurde. 

Es sei daher „unvermeidlich, gleichzeitig die Steuereinnahmen zu steigern. Hier bietet sich die Gewerbesteuer als reine Gewinnsteuer an“, heißt es weiter. Im Gegensatz zu Steuern auf Substanz oder Umsatz gerate hierdurch „kein Betroffener in existentielle Schwierigkeiten“. Konkret gefordert wird eine Erhöhung um 8,75 Prozentpunkte – das entspricht einem Hebesatz von 500, also doppelt so viel wie jetzt.  

Monheim soll kein Beispiel für Leverkusen mehr sein

Aus Sicht der Antragsteller wäre die Gewerbesteuer auch dann noch „äußerst maßvoll“: Köln erhebt 475 Punkte, Düsseldorf 440, Bergisch Gladbach 460, Langenfeld 400. Abzuziehen sei außerdem ein Freibetrag von 24.500 Euro. „Das ist für jeden seriösen Gewerbetreibenden tragbar“, so die These.  Im Übrigen sei es „aus grundsätzlichen Erwägungen wünschenswert, das seinerzeit von der Stadt Monheim initiierte Steuerdumping zulasten der Kommunen endlich zu beenden“. Dort hatte ein Hebesatz von 250 Punkten zu einem längeren wirtschaftlichen Aufschwung maßgeblich beigetragen. Allerdings ist der inzwischen zu Ende. 

In der Kämmerei findet der Vorstoß keinerlei Gegenliebe. Mit Blick auf nunmehr fünf Jahre mit einem Hebesatz von 250 Punkten heißt es: „Als Fazit muss festgehalten werden, dass mit dieser Maßnahme die bisherige Wirtschaftskraft (und damit der Arbeitsplätze) in Leverkusen nicht nur gesichert, sondern sogar noch ausgebaut werden konnten.“ Das sei zuletzt in einer Erhebung von Ende Mai nachgewiesen worden. „Eine Verdoppelung des Gewerbesteuerhebesatzes von derzeit 250 auf die geforderten 500 Prozent würde nicht nur zu einer sofortigen Abwanderung von Gewerbebetrieben führen, sondern auch das Vertrauen und Image der Stadt Leverkusen auf Dauer schwer schädigen“, schreibt Achim Krings aus dem Fachbereich Finanzen.

Aus der Politik bekam Krings am Donnerstag weit überwiegend Beifall, wenn auch schweigend: Nur die Linke stimmte dem Bürgerantrag zu, eine Diskussion gab es nicht. 

Grüne in Leverkusen wollen Modellrechnungen

Nichtsdestotrotz will die Fraktion der Grünen „ohne Scheuklappen“ über höhere Hebesätze diskutieren. „Natürlich nicht über 500 Punkte“, sagte Fraktionschefin Claudia Wiese. Die Grundlage dazu soll eine Aufstellung der Kämmerei legen: Wie viele Schlüsselzuweisungen des Landes würden nach Leverkusen fließen, wenn der Gewerbesteuer-Hebesatz auf 280, 300 oder 350 Punkte steigen würde? Hintergrund: Wegen der hohen Gewerbesteuer-Einnahmen früher hatte Leverkusen zuletzt als „reiche“ Stadt gegolten und aus Düsseldorf keine Ausgleichszahlungen, also Schlüsselzuweisungen mehr erhalten.

Wiese sprach von „Millionen im zweistelligen Bereich“, die sonst vom Land kommen würden. Sie glaubt auch nicht, dass sich die wirtschaftliche Lage in den kommenden Jahren so sehr verbessert, dass die Gewerbesteuer wieder sprudelt. Sie würde lieber auf einen Mix aus höherem Gewerbesteuersatz und Schlüsselzuweisungen setzen. 

Die Kämmerei sträubt sich

In der Kämmerei wird das kritisch gesehen: Schlüsselzuweisungen könnten „niemals“ den Einbruch bei der Gewerbesteuer ausgleichen, so Achim Krings. 2024 diente ihm als Beispiel: Im Jahr, das den Beginn der dramatischen Finanzkrise in Leverkusen markiert, ging das Aufkommen an Gewerbesteuer um 200 Millionen Euro zurück. An Schlüsselzuweisungen wären vielleicht 68 Millionen Euro zu erwarten gewesen. Grundsätzlich sei eine Berechnung, wie sie von den Grünen gewünscht wird, ein Blick in die Glaskugel. Damit hat der städtische Finanz-Fachmann ein Problem. Und auch der designierte Oberbürgermeister Stefan Hebbel (CDU).

Groß ist auch die Sorge um die Außenwirkung solcher Gedankenspiele, bei Unternehmen, auch bei anderen Kommunen. Am Ende wurde aus dem Grünen-Antrag eine „gemeinsame Anfrage“ an die Stadtverwaltung – und sie soll schnell beantwortet werden, im Dezember. Das sicherte Interims-Kämmerer Marc Adomat zu.