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Weihnachtsgeschenke für 6000 MenschenWenn die Christuskirche zur Weihnachtswerkstatt wird

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Gegen 9 Uhr zieht sich eine Schlange von der Kirche aus durch die Fußgängerzone.

Gegen 9 Uhr zieht sich eine Schlange von der Kirche aus durch die Fußgängerzone.

Am Freitag verteilte die Tafel Weihnachtspakete an ihre Kundinnen und Kunden.

Das Bild erinnert ein bisschen an eine Weihnachtswerkstatt, die man aus den Kinderbüchern kennt – in der Elfen und Wichtel arbeiten und Geschenke verpacken, damit diese am 24. Dezember rechtzeitig unter dem Baum liegen. An diesem Freitag hat sich die Christuskirche in Wiesdorf in eine solche Weihnachtswerkstatt verwandelt: Ehrenamtliche verteilen hier Geschenkpakete an Tafelnutzende. 

Die Tradition, kurz vor den Festtagen, Bonus-Pakete zu verteilen, gibt es bei der Tafel schon länger. Vor neun Jahren änderte die Organisation allerdings ihr Konzept: „Vorher haben die Bürger selbst Lebensmittel eingepackt und die fertigen Pakete gespendet. Dabei gab es aber das Problem, dass dann in manchen Paketen Schweinefleisch enthalten war“, berichtet Reiner Endlein, zweiter Vorsitzender der Leverkusener Tafel. Aus diesem Grund gestaltet die Tafel die Weihnachtspakete seitdem immer in Zusammenarbeit mit der Metro nach einem einheitlichen Standard. 25 Euro kostet ein Paket – unter dem Stichwort „Weihnachtspate“ konnte man ab November für die Aktion spenden. 

Die Tafel verteilte am Freitag Weihnachtspakete an bedürftige Menschen.

Die Tafel verteilte am Freitag Weihnachtspakete an bedürftige Menschen.

Und das wurde offenbar auch fleißig getan, denn die Tafel konnte stolze 1400 Pakete in diesem Jahr finanzieren. 35.000 Euro waren dafür notwendig gewesen. Die Anzahl der Pakete macht der Verein immer von der Zahl seiner Kundinnen und Kunden abhängig. „In Leverkusen gibt es 1500 Ausweise, darunter aber auch einige Großfamilien, deswegen kommt man auf rund 6000 Bedürftige“, erklärt Endlein. Da aber nicht alle Berechtigten die Tafel auch nutzen, reichten 1400 Pakete in diesem Jahr wohl aus. 

Und trotzdem wird spürbar, dass sich die Zahl der Tafelnutzenden in den vergangenen Jahren deutlich gesteigert hat. „Als ich vor 15 Jahren hier angefangen habe, waren es noch 3000 Menschen – jetzt sind es 6000“, so Reiner Endlein. Diese Beobachtung spiegelt auch den Trend auf Bundesebene wider. „Es sind sehr individuelle, persönliche Gründe, aus denen Menschen die Tafel in Anspruch nehmen müssen“, sagt Endlein dazu. Manche seien gekündigt worden und würden die Tafel nur übergangsweise nutzen, andere seien von Altersarmut betroffen, aber auch viele jüngere Menschen würden die Tafel nutzen. 

Leverkusen: Anzahl der Tafelnutzenden hat zugenommen

Die Tafel Deutschland zeigt für den Anstieg in den vergangenen Jahren allerdings strukturelle Gründe auf: Inflation, Ukraine-Krieg, steigende Energiepreise sowie zunehmende Armut und unzureichende soziale Absicherung. Der Tafel in Leverkusen geht es aber laut Reiner Endlein nicht darum, zu erfassen, ob es sich um ein strukturelles Problem handelt. Hier stehen die einzelnen Menschen an oberster Stelle. Und diese zwischenmenschliche Begegnung berührt auch am Freitag sowohl die Helfenden als auch die Kundinnen und Kunden spürbar.

„Viele, die alleine sind und sonst keine Geschenke bekommen, legen sich das Paket unter den Baum“, erzählt Endlein. Und auch die anderen Ehrenamtlichen sind gerührt von den Begegnungen. Unter anderem helfen drei Schülerinnen und Schüler von der Montanus-Realschule und verteilen 207 zusätzliche Päckchen, die sie in der Schule zusammengetragen haben. „Die Leute sind wirklich sehr glücklich“, beschreiben Julian, Lydia und Laura, was sie an der Aktion berührt: „Und auch, dass die Leute, die nicht so gut Deutsch sprechen, trotzdem versuchen, uns frohe Weihnachten zu wünschen.“

Zusätzlich zu den Ehrenamtlichen von der Tafel hilft auch noch eine Gruppe von Bayer-04-Fans mit. Sie haben sich extra für den Tag freigenommen. Das Projekt sei eine Herzenssache, sagt Frank Linden, der soziale Projekte bei Bayer 04 koordiniert. Und das merkt man allen an – man sieht es in jedem Lächeln, jedem „Schöne Weihnachten“, das man sich hier von Herzen wünscht. Die Christuskirche erstrahlt in einer Freude und Dankbarkeit von beiden Seiten. Linden fasst die Perspektive der Helfenden wohl treffend zusammen: „Ich bin dankbar, dass ich helfen kann“, sagt er.