Der Lützenkirchener Fotograf Jörg Adam hat über Jahrzehnte hinweg spektakuläre Momente mit der Kamera eingefangen. Jetzt ist sein neues Buch erschienen.
Lützenkirchener FotografWie ein Leverkusener eine Seepferdchenart mitentdeckte

Hippocampus denise gehört zu den kleinsten bekannten Seepferdchenarten.
Copyright: Jörg Adam
1993 unternimmt Jörg Adam mit einem guten Freund eine Reise nach Borneo, um dort Unterwasserwelten zu fotografieren. Er ahnt noch nicht, was für eine Entdeckung er auf dieser Reise machen wird. Die Unterwasserwelten hätten ihn schon immer fasziniert, sagt Adam, der gemeinsam mit seiner Frau seit 35 Jahren Tauchsport betreibt. In seiner Jugend arbeitete er in einem Supermarkt, um sich von dem Geld seine erste Kamera zu kaufen – Fotografie reizte ihn schon früh.
Er las Tauchmagazine, die Bilder gefielen ihm dabei nicht immer. „Ich wollte es besser machen“, sagt er und trat so an Tauchmagazine heran und fragte, ob er für sie fotografieren dürfe. Auf Borneo fängt Adam winzige Seepferdchen mit seiner Linse ein – eine Art, die er in keinem Bestimmungsbuch finden kann. Daraufhin nimmt er Kontakt zu Forscherinnen und Forschern aus England und Kanada auf, die ihm schließlich bestätigen: Es handele sich um eine neue Art. Gerade mal so groß wie ein Fingernagel sind die Vertreter der Art Hippocampus denise.

Jörg Adam bei Fotoaufnahmen mit einem Tiger.
Copyright: Jörg Adam
Was damals mit einem neugierigen Blick durch die Linse begann, entwickelte sich zu einer wissenschaftlichen Entdeckung. Über Jahre arbeitete Adam mit internationalen Meeresbiologinnen und Meeresbiologen zusammen. „Ich bin kein Biologe, aber ich war zur richtigen Zeit am richtigen Ort – mit der Kamera in der Hand“, sagt er. Es war ein langer Weg: Erst musste die Seepferdchenart über sogenannte Holotypen eindeutig bestimmt werden. Die Beschreibung durchlief wissenschaftliche Gremien in mehreren Ländern. 2003 wurde die neue Art offiziell anerkannt – Hippocampus denise war zu diesem Zeitpunkt das kleinste bekannte Seepferdchen der Welt. Ein Foto und die Geschichte dahinter erschienen im renommierten Magazin National Geographic.
Für Adam war das nicht nur ein fotografischer, sondern auch ein persönlicher Meilenstein. „Es war einfach fantastisch, Teil eines Teams zu sein, in dem jeder seine Expertise eingebracht hat – und ich mit meinen Bildern etwas beitragen konnte.“
Neben dem Tauchen entwickelte Adam auch früh eine zweite große Faszination: das Fliegen. Die Schwerelosigkeit unter Wasser erinnere ihn an das Gefühl beim Fliegen – der Perspektivwechsel, das Schweben, der Blick auf die Welt von oben begeistern ihn.

Jörg Adam (Mitte) bei einem Flug mit dem Astronauten Alexander Gerst (2.v.l.).
Copyright: Jörg Adam
Im Laufe der Jahre durfte er an mehreren Flugeinsätzen teilnehmen, darunter auch ein Parabelflug mit Astronaut Alexander Gerst. Er begleitete Manöver der Bundeswehr, fotografierte in Kampfjets und auf Flugzeugträgern. Besonders eindrucksvoll war für ihn ein Mitflug bei einem Luftwaffenmanöver in Island. „Diese Präzision in der Luft – Flügel an Flügel – das ist ein Wahnsinn, was diese Piloten leisten“, sagt Jörg Adam. Der Adrenalinschub beim Kunstflug sei mit nichts zu vergleichen. „Der Körper arbeitet gegen die eigene Todesangst und gleichzeitig erlebt man pures Glück.“
Doch bei aller Begeisterung für diese Extreme achtet Adam auf Sicherheit: „Ich mache nichts Unseriöses. Ich arbeite nur mit Profis und verlasse mich auf eine gute Vorbereitung.“ Und dennoch erlebte Adam auch tragische Momente – so zum Beispiel als ein Pilot, mit dem er zusammengearbeitet hatte, kurz nach der Übergabe seiner Bilder wegen eines technischen Defekts tödlich verunglückte.
Fotografie ist für den Leverkusener Berufung statt Beruf
Obwohl Jörg Adam im Laufe seiner fotografischen Laufbahn für Magazine wie Stern, Flug Revue, Tauchen, Unterwasser und National Geographic gearbeitet hat, ist die Fotografie für ihn ganz bewusst immer ein Hobby geblieben. „Ich wollte mir die Freiheit bewahren, mir meine Themen selbst auszusuchen“, sagt er. Während Berufsfotografen oft unter Zeitdruck arbeiten müssen, könne er sich Zeit lassen, auf das richtige Licht oder den perfekten Moment zu warten. „Das führt oft zu besseren Ergebnissen – und zu spannenderen Geschichten“, ist er überzeugt.
Zu eben diesen Geschichten war die Kamera stets sein Türöffner – sei es im südafrikanischen Busch, mit einem Tierarzt im Helikopter oder bei Missionsflügen in Papua. Oft wurde aus einem geplanten Auftrag auch ein Familienabenteuer, berichtet er. Seine Frau und sein Sohn unterstützten ihn auf Reisen, wo es ging. „Und plötzlich war ich im Hubschrauber und der Tierarzt hat Antilopen betäubt, während meine Frau und mein Sohn unten im Jeep mitgefahren sind und die Tiere eingesammelt haben, dann war aus so einer Story plötzlich eine Familienaktion geworden“, erinnert er sich lachend.
Ich will zeigen, was möglich ist, wenn Menschen mit Leidenschaft und Können zusammenarbeiten
Adam ist kein Fotograf, der nur auf das perfekte Einzelbild aus ist. Ihm gehe es um ganze Geschichten, erzählt er, – und darum, sie Menschen näherzubringen, die sie sonst nie erleben könnten. „Ich will zeigen, was möglich ist, wenn Menschen mit Leidenschaft und Können zusammenarbeiten.“ Authentizität ist ihm dabei besonders wichtig. Bildbearbeitung komme für ihn nicht infrage. „Das ist für mich Betrug. Ich möchte zeigen, wie es wirklich war“, sagt der 60-Jährige.
In all den Jahren als Hobbyfotograf ist dem Lützenkirchener vor allem sein Mut zugutegekommen. Sein Leitspruch lautet dabei: „Klappt nicht, gibt’s nicht.“ Mit dieser Haltung überraschte Adam wohl die Fachwelt – und bleibt weiterhin neugierig auf das, was in der Luft oder unter Wasser noch darauf wartet, von ihm entdeckt zu werden. Oder, wie er selbst sagt: „Ich suche nicht das perfekte Foto – ich suche die Geschichte, die es wert ist, erzählt zu werden.“
Im Buch „Hubschrauberflug am Limit“, das er gemeinsam mit Volker Thomalla und Rainer Wilke in diesem Jahr veröffentlichte, zeigt Jörg Adam in eindrucksvollen Bildern die Geschichte des Stuntpiloten Rainer Wilke. Weitere Informationen zu dem Buch finden auf der Website.www.motorbuch-versand.de/shop/04770-hubschrauberflug-am-limit

