Leverkusener GrüneDas einstige Umwelt-Mutterschiff hat den Kontakt zur Basis verloren

Lesezeit 3 Minuten
Ein Wahlkampf-Banner der Grünen an der Rathaus Galerie leverkusen. Inhalt: Stadt & Wald statt Asphalt / Nein zu Autobahnausbau und Mega-Stelze. Ja zu einem grünen Leverkusen.

Wahlkampf 2021: Ein Banner der Grünen an der Rathaus Galerie

Viele Umweltinitiativen, Klimaaktivisten und Einzelkämpfer in der Stadt fühlen sich von den Grünen nicht vertreten. 

Das Problem, das die Grünen seit Lützerath auf Bundesebene im Großen haben, ist auch in Leverkusen bekannt. Die einstmals aufregend frische Umweltpartei hat sich rasant entwickelt: Ein oft gehörter Vorwurf lautet, dass sie von anderen Parteien längst „grün überholt“ wurde. Leverkusener Natur-, Umwelt- und Klimaschützer fühlen sich von ihrem ehemaligen parlamentarischen Mutterschiff abgehängt und verlassen.

An Baugebieten scheiden sich die grünen Geister 

Oft geht es dabei um Beschlüsse zu Baugebieten, ein Beispiel ist das jetzt wohl gescheiterte Bauvorhaben am Köllerweg. Wenige exklusive Einfamilienhäuser am Waldrand im Einzugsgebiet des hochwassergefährdeten Wiembach in Bergisch Neukirchen, auf einer Wiese ohne Baurecht, die Bayer gehört. Die Leverkusener Grünen-Fraktion handelte kleine Änderungen zugunsten der Natur ins Projekt hinein – und war dafür. Dagegen war schließlich das Umweltamt, es will das Bauprojekt stoppen.

Sand ins Getriebe warfen eigenständige Umweltschützer, es gab Protestschreiben und Eingaben bei der Bezirksregierung und im Bauverfahren. Maßgeblich waren die Eingaben des parteilosen Einzelkämpfers Roland Hölzer aus Hüscheid. Er setzt sich regelmäßig stadtweit gegen Flächenversiegelung ein. In den Mitgliedern der Fraktion der Leverkusener Grünen unter der Führung von Roswitha Arnold sieht er keine Verbündeten. Zu seinem Verhältnis zu der Umweltpartei sagt er: „Was soll ich dazu sagen? Die Grünen haben für den Köllerweg gestimmt, für die Rettungswache Nord auf der grünen Wiese, sie haben sogar für den Bohofsweg gestimmt – gegen die Ansichten der Umweltbehörde!“ Das Aus für diese exklusive Einfamilienhaus-Siedlung in einer Frischluftschneise am Bohofsweg kam aus dem Umweltamt. Es scheiterte wegen eines Bodengutachtens.

Alles zum Thema Klimawandel

Grüner Kampf für ein Villenviertel in der Frischluftschneise

Die Grünen hatten gemeinsam mit der Baudezernentin bis zuletzt an dem als Öko-Siedlung etikettierten Villenviertels festgehalten, sogar dafür gekämpft. Verstanden haben das viele nicht, so wie Roland Hölzer.

„Es gibt wohl einen Teil der Grünen, die auf unserer Seite stehen“, sagt Alice Werner, eine der Sprecherinnen der klimaaktivistischen „Parents for Future Leverkusen“. Letztlich seien die Grünen ihrer Gruppe aber kaum näher als die CDU oder SPD. Werner setzt sich im Sinne der Verkehrsvermeidung mittlerweile dafür ein, dass nach der Fertigstellung der neuen Autobahnbrücke keine Zwillingsbrücke daneben gebaut werden soll. Sie will den Status quo erhalten. Damit liegt sie mit der Bürgerliste über Kreuz, in der sie Mitglied ist. Die Schoofs-Truppe fordert einen langen Tunnel.

„Die Leverkusener Grünen setzen sich lediglich für einen kurzen Tunnel ein“, das versteht die Klimaaktivistin nicht, ebenso wie das Stimmverhalten der grünen Partei für den Ausbau des Opladener Kreisverkehrs – und damit für die Fällung der Millenniums-Eiche. Sie sagt: „Auch dieser Ausbau zieht wieder mehr Verkehr in die Stadt.“

Fraktionsvorsitzende Roswitha Arnold spricht, mit Kronleuchter im Hintergrund. Foto: Ralf Krieger

Die Fraktionsvorsitzende der Grünen im Leverkusener Stadtrat Roswitha Arnold

Einigkeit herrscht darüber, dass Leverkusen für die Stadtteile im Norden eine neue Feuerwache bauen soll. Uneinig ist man über den Bauplatz. Die Baudezernentin, die auf Empfehlung der Grünen ihr Dezernentinnen-Amt ausübt, will einen Weg gehen, der Konflikte mit Umweltschützern birgt: Heute unter Landschaftsschutz stehende Felder Auf den Heunen sollen zugunsten der Wache Bauland werden.

Wieder ist das wertvoller Boden. Wieder in einer Frischluftschneise. Für Erich Schulz, den Nabu-Vorsitzenden ist die Feuer- und Rettungswache ein Beispiel dafür, dass er sich als Naturschützer von den Grünen „nicht ausreichend unterstützt“ fühle.

Wieder kommt der kommunalpolitische Widerspruch und ein Gegenvorschlag nicht von den Grünen: Dafür sind inzwischen Opladen Plus und die ökologisch strenge Klimaliste zuständig.

Man könnte festlegen: Wir versiegeln jetzt netto keine neuen Flächen mehr

Ein Beobachter der Szene ist Rainer Welte, Gründungsmitglied der AGL (Alternative/Grüne Liste), der Leverkusener Vorgängerpartei der Grünen. Er ist 2001 ausgetreten, er sagt: „Bei unserer Gründung haben wir eine klare Linie erarbeitet. Die fehlt denen. Man könnte heute etwa festlegen: Wir versiegeln jetzt netto keine neuen Flächen mehr.“

Einen Antrag mit diesem Inhalt stellte vor einem Jahr Opladen Plus. Der Antrag scheiterte, weil unter anderem die Grünen dagegen waren.

KStA abonnieren