Kripo-Chef berichtet von 33 TatenHat Leverkusen ein Problem mit Messerangriffen?

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Klaus-Stephan Becker, Kripo Chef der Polizei Köln

Klaus-Stephan Becker, Kripo Chef der Polizei Köln

Leverkusen – In der vergangenen Woche greift ein 22-jähriger Mann vor der Berufsschule in Opladen einen 19-jährigen Schüler an. Er fügt ihm lebensgefährliche Verletzungen zu. Im April dieses Jahres überlebt eine Frau die Attacke eines jungen Mannes nur dank einer Notoperation. In Opladen raubt ein unbekannter Mann im vorigen Dezember einem 22-Jährigen die Geldbörse. Die Gemeinsamkeit aller drei Straftaten: Die – mutmaßlichen – Täter setzten Messer ein. Hat Leverkusen ein Messerproblem?

2019 waren es 66 Messerdelikte

Die Kripo Köln hat Antworten, genauer: ihr Chef, Klaus-Stephan Becker, der mit dem „Leverkusener Anzeiger“ bislang unveröffentlichte Zahlen zu sämtlichen Straftaten mit Messereinsatz teilt: 33 Delikte hat die Polizeiinspektion Leverkusen im ersten Halbjahr 2021 verzeichnet. Zum Vergleich: Im gesamten Jahr 2019 waren es 66, 2020 51 Straftaten, bei denen ein Messer eingesetzt wurde – ganz gleich, ob damit nur gedroht oder tatsächlich eine andere Person verletzt wurde.

Um bewerten zu können, ob Leverkusen nun ein Messerproblem hat, nennt Becker auch die Zahlen der Polizeiinspektion Mitte in Köln, die die Innenstadt umfasst, die Partymeilen und Touristen-Hot-Spots: 2019: 100; 2020: 85; erstes Halbjahr 2021: 58.

Der Kripo-Chef schlussfolgert: „Leverkusen hat kein besonderes Messerproblem“, sagt Becker. „Das ist eine gesamtgesellschaftliche Entwicklung. Gerade bei Jugendlichen und Heranwachsenden scheint es en vogue, ein Messer mitzuführen.“

Zahlenrückgang hat ausschließlich mit Corona zu tun

Der Zahlenrückgang im vergangenen Jahr habe ausschließlich mit Corona zu tun. Weniger Leben auf der Straße bedeute weniger Messerdelikte im öffentlichen Raum. Das soll nicht den Blick darauf versperren, dass es aus polizeilicher Sicht einen Trend gibt, der Becker „große Sorgen macht“, wie er sagt: „Wo früher nur die Fäuste eingesetzt wurden, nimmt heute die Neigung, ein Messer zu ziehen und zuzustechen, deutlich zu.“

Viele junge Menschen würden sich überhaupt keine Gedanken darüber machen, was sie mit einer Stichwaffe anrichten könnten. Frage man sie, warum sie Messer bei sich tragen, antworteten sie: als Verteidigungsmittel. Der Kripo-Chef widerspricht und führt seine Erfahrung an: „Messer sind grundsätzlich keine Verteidigungsmittel. Sie werden in aller Regel als Angriffswaffe benutzt.“

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Besonders im Fokus stehen Jugendliche und Heranwachsende, die viel im Nachtleben unterwegs sind, die in Gruppen auf andere Gruppen treffen, sich streiten und dann ein Messer zücken – das sei häufig eine Situation, in denen Menschen plötzlich zu Totschlägern oder Mördern werden, denn, so Becker: „Im Getümmel ist es reiner Zufall, ob eine Halsschlagader durchtrennt, der Oberarm nur gestreift oder ein lebenswichtiges Organ getroffen wird.“ Die Fälle, in denen eine Person vorsätzlich jemanden mit einem Messer umbringen will, seien tatsächlich höchst selten.

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